Wirtschaft

Alptraum für Sparer Die Zinswende ist aufgeschoben

Es gibt Zeiten, da muss man sich in Geduld üben.

Es gibt Zeiten, da muss man sich in Geduld üben.

(Foto: REUTERS)

Kürzlich schien die Glocke für Hauskäufer und Sparer zu läuten. Die einen wollten noch schnell niedrige Finanzierungen abgreifen, für die anderen schien das Wort Negativzins endlich vergessen. Doch das Blatt wendet sich.

Seit Monaten gibt es für Immobilienkäufer diese Momente, da sie zusammenzucken. Wer sich einen solchen verschaffen möchte, schaut einmal bei Immobilienscout nach Wohnungen der Kategorie unvermietet, bis 40 Quadratmeter im Berliner Szenekiez rund um die Simon-Dach-Straße und findet Offerten für 5500 Euro je Quadratmeter. Für Münchner oder Frankfurter mag dies nach Schnäppchen klingen, doch für Berliner erschien so ein Preisniveau bisher nahezu absurd.

Im Spätherbst hatten eigentlich all jene Hoffnung geschöpft, die ein Ende der Immobilienpreisrally sahen. Denn die Hypothekenzinsen stiegen, der Bund-Future fiel unter 160 Punkte – das heißt, die Rendite dieser idealtypischen Anleihe lag im positiven Bereich. Das Ende des billigen Geldes war hauchzart zu spüren. Doch seit wenigen Wochen dreht der Markt wieder – und wie.

Investoren flüchten in deutsche Bundesanleihen und drücken den Zins für die zehnjährigen wieder auf 0,22 Prozent. Noch vor vier Wochen lag die Verzinsung bei 0,48 Prozent - am Anleihemarkt ist eine derartige Entwicklung ein Erdrutsch. Anbieter wie die IKB, die dreijährige Anleihen zu 0,8 Prozent Verzinsung anbieten, rennt man schon wieder die Bude ein. War es das also schon mit der Hoffnung der Sparer auf ein klein wenig Zins in den kommenden Jahren? Wird die Rally am Häusermarkt weiter angeheizt?

Wir erinnern uns: Vor fast zwei Jahren rief Anleiheguru Bill Gross den einmaligen "Short-of-a-lifetime" (also eine einmalige Leerverkaufsgelegenheit, um auf steigende Zinsen zu wetten) aus, als der Bund-Future erstmals die 160 nach oben knackte. Einmalig war er schon mal nicht, denn die zweite Gelegenheit ist gegenwärtig vorhanden, auf steigende Zinsen zu spekulieren.

Denn die aktuelle Rally im Bund-Future hat auch Gründe, diese sind weiblich beziehungsweise männlich und heißen Marine Le Pen und Geert Wilders. Beide führen in den Umfragen zu den Wahlen in Holland und Frankreich, was den Renditeunterschied zu Deutschland massiv ausweitet und Anleger förmlich in die Bundesanleihe zwingt. So erhöhte sich vergangene Woche die Rendite der zehnjährigen französische Anleihe auf 1,1 Prozent. Je höher die Rendite einer Anleihe ist, desto höher schätzen Anleger das Ausfallrisiko des Wertpapiers ein.

Kommt die geldpolitische Wende?

Doch im Mai ist die Party der Populisten und Rechtsextremisten möglicherweise vorbei, wird Le Pen wohl im zweiten Wahlgang scheitern und werden die Niederlande eine Regierung ohne die Wilders-Partei basteln. Hinzu kommt ein weiterer Fakt, der bisher noch nicht diskutiert wird: Martin Schulz und seine SPD haben in den Umfragen in Deutschland stattlich zugelegt, und es zeichnet sich ab, dass eine Regierungsbildung ohne die Sozialdemokraten zumindest kompliziert werden könnte. Auch in Deutschland ist also ab dem Herbst damit zu rechnen, dass die Wende von der Geldpolitik zur Fiskalpolitik Formen annimmt. Mit anderen Worten: Bisher hat EZB-Chef Mario Draghi die Arbeit für Wolfgang Schäuble übernommen und die Märkte mit Geld geflutet. Das könnte nach der Bundestagswahl anders werden. Eine neue Bundesregierung könnte Infrastrukturmaßnahmen, Programme zur Verbesserung der sozialen Gerechtigkeit und weitere staatliche Mittel zur Verfügung stellen. Sie wird es womöglich schon allein deshalb tun, um Populisten ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Analog zu den USA könnten die Zinsen dann aber erst einmal anziehen. Denn irgendjemand muss am Ende die Schuldenparty dann doch bezahlen.

Wer also auf steigende Zinsen setzt, hat jetzt noch einmal eine passable Chance. Das Handwerkszeug sind Short-Papiere auf den Bund-Future, beispielsweise mit WKN TD69NQ und hohem Hebel von 75 sowie die WKN DGH83H mit Hebel 25. Übrigens lässt sich damit auch taktisch absichern, wer noch eine Finanzierung zu niedrigem Zinssatz in den nächsten Monaten sucht und verhindern will, dass ihm der Zins nach oben davonläuft.

Disclaimer: Dieser Beitrag stellt keinerlei Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Aktien oder Anlageprodukten dar. Für die Richtigkeit der Daten wird keine Haftung übernommen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen