Wirtschaft

Übernahmen befeuern Aktienkurse Die Korrektur ist überfällig

Das Symbol für steigende Kurse: Der Bulle vor der Börse in Frankfurt.

Das Symbol für steigende Kurse: Der Bulle vor der Börse in Frankfurt.

(Foto: dpa)

Ein Megadeal jagt den nächsten. Shell & Co. zahlen bei ihren Zukäufen erhebliche Aufgelder. Die Übernahme-Kandidaten profitieren - der Gesamtmarkt auch. Zumindest bislang.

Fast 16 Milliarden Euro will Nokia für Alcatel zahlen, Shell bietet sogar 64 Milliarden Euro für die BG Group. Die Aktien der Übernahmekandidaten reagierten mit einem Kursplus von mehr als 15 bzw. sogar gut 30 Prozent. Die Aufschläge, die die Kaufinteressenten bereit sind zu zahlen, weisen deutlich auf die Unterbewertung der Übernahmeziele hin. Sie zeigen aber auch, dass die akquirierenden Unternehmen auf riesigen Mengen Bargeld sitzen. Da es auf dem Festgeldkonto keine Zinsen mehr gibt, muss es anders investiert werden.

Dax
DAX 18.161,01

Generell sind die Finanzmärkte voll mit Liquidität, und die Kaufinteressenten stehen regelrecht Schlange. Neben herkömmlichen Unternehmen sind auch Beteiligungsgesellschaften auf der Suche nach geeigneten Zukäufen. Selbst Warren Buffet, der sich am liebten an amerikanischen Firmen beteiligt, ist mittlerweile in Europa unterwegs. Erst vor wenigen Wochen übernahm er Detlev Louis, einen Händler für Motorradzubehör. Weitere Zukäufe im deutschen Mittelstand sollen folgen. Private Equity-Fonds sammeln zurzeit eine Milliarde nach der anderen ein, um sie ebenfalls in Zukäufe und Übernahmen zu investieren. Und falls das eigene Geld nicht reicht, sind Fremdfinanzierungen angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus so preiswert wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Bieterwettkämpfe wahrscheinlich

Thomas Wukonigg ist Bankkaufmann und verantwortet bei der Capital-Forum AG u.a. das Portfoliomanagement.

Thomas Wukonigg ist Bankkaufmann und verantwortet bei der Capital-Forum AG u.a. das Portfoliomanagement.

Für amerikanische Firmen ist der europäische Markt zurzeit besonders attraktiv. Zum einen erholt sich hier gerade die Konjunktur. Zum anderen ist der US-Dollar heute 22 Prozent mehr wert als noch vor einem Jahr. Das macht den Einkauf in Europa für US-Unternehmen preiswert. Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass es zunehmend sogar zu Wettkämpfen unter den Bietern kommen wird.

Die Übernahmewelle wächst immer höher. Der ZEPHYR-M&A Index vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befindet sich mit dem gleitenden Zwölf-Monatsdurchschnitt auf dem höchsten Stand seit Februar 2012. Das Barometer berechnet sich aus der Zahl der monatlich in Deutschland abgeschlossenen M&A-Transaktionen. Der Index sagt also aus, an wie vielen Fusionen und Übernahmen deutsche Zielunternehmen beteiligt sind. Auch in Europa wächst das Transaktionsvolumen - im laufenden Jahr auf bisher rund 300 Milliarden Euro. Das ist fast ein Drittel mehr als im selben Zeitraum 2014.

Für die Aktienmärkte bedeuten die zunehmenden M&A-Aktivitäten neben der überreichlichen Liquidität zusätzlichen Treibstoff. Üblicherweise steigen die Börsenindizes, wenn die Zahl und die Volumina von Fusionen und Übernahmen wachsen. Denn das treibt die Kurse der Übernahmeziele nach oben. Außerdem verdienen die Banken an den M&A-Transaktionen gutes Geld.

Die Korrektur ist vorprogrammiert …

Allerdings ist der Aktienmarkt zurzeit massiv überkauft. Der Dax notiert weit oberhalb der Durchschnittslinie der zurückliegenden 200 Tage. Diese verläuft aktuell im Bereich von 10.000 Punkten. Schon Anfang März hatten wir darauf hingewiesen, dass eine Korrektur überfällig ist.

Einzelne Segmente wie beispielsweise die Biotechbranche sind mittlerweile heiß gelaufen. Auch in den zyklischen Bereichen schätzen wir das noch vorhandene Kurspotenzial als eher begrenzt ein. Daher scheint eine Branchenrotation möglich, von der Öl- und Gaswerte profitieren könnten. Das gilt auch, weil der Ölpreis sich wieder zu erholen scheint.

Als Auslöser für eine Gegenbewegung kommen die anstehenden Ergebnisse für das erste Quartal 2015 infrage. Zahlreiche Aktienkurse sind zuletzt deutlich stärker gestiegen als die entsprechenden Unternehmensgewinne. Makroökonomisch bergen schwache Konjunkturdaten aus den USA Risiken. Hier leidet die Wirtschaft zunehmend unter dem festen US-Dollar und den Problemen der Fracking-Industrie.

Auch geopolitische Krisen könnten an den Aktienmärkten kurzfristig Unruhe stiften. Der Krieg in der Ukraine ist noch nicht befriedet, eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands längst noch nicht abgewendet und die Wahlen am 7. Mai in Großbritannien könnten den Ausstieg des Königreichs aus der EU einläuten

… und auch wünschenswert

Es nicht nur wahrscheinlich, es wäre auch gesund, wenn die Aktienmärkte erst einmal tief durchatmeten, um genug Luft für neue Kurssteigerungen zu tanken. Denn je länger die Kurse ohne nennenswerte Unterbrechung nach oben laufen, desto heftiger wird die folgende Gegenbewegung ausfallen.

Eine Korrektur von zehn oder 15 Prozent würde für zahlreiche Anleger eine ideale Einstiegschance bedeuten. Sowohl private als auch institutionelle Investoren sind in Aktien zu wenig oder gar nicht investiert. Und die langfristigen Aussichten für Dividendentitel sind nach wie vor positiv. Die Notenbanken sorgen für reichlich Liquidität und von Euphorie kann bislang keine Rede sein. Um einen möglichen Rücksetzer an den Aktienmärkten auch tatsächlich nutzen zu können, sollten Anleger über genug Barmittel im Vermögensportfolio verfügen. Nach der rasanten Rallye an den Aktien- und Rentenmärkten, sollte es nicht schwer fallen, den einen oder anderen Kursgewinn zu realisieren, um für spätere Zukäufe gewappnet zu sein.

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Quelle: ntv.de

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