Wirtschaft

Jain und Fitschen enthüllen Strategie Deutsche Bank wird bescheiden

"Wer nur schnell reich werden will, ist bei uns nicht willkommen."

"Wer nur schnell reich werden will, ist bei uns nicht willkommen."

(Foto: dapd)

Die neue Doppelspitze setzt den Rotstift an: Bis 2015 wollen Anshu Jain und Jürgen Fitschen bei der Deutschen Bank Milliarden einsparen und Stellen abbauen. Aktionäre müssen sich auf schmale Dividenden und magere Renditen einstellen. Mit einem Kulturwandel wollen die Co-Chefs die Ackermann-Ära überwinden - doch die Vergangenheit wirft dunkle Schatten auf die Bank.

Es ist fast so, als hätten und eine neue Sprache gefunden. Als die beiden Co-Chefs der Deutschen Bank in der Frankfurter Firmenzentrale ihre Strategie vorstellen, haben sie wie immer eine Menge Zahlen mitgebracht. Doch die Kommunikationsstrategie der Banker zielt darauf, dass mehr als jede Zahl eine Botschaft bei den Zuhörern hängenbleibt: Wir wollen uns ändern. In ihren Reden kommen jetzt Vokabeln wie "nachhaltig" und "Kulturwandel" vor. Sie wollen mehr als nur die Exzesse reparieren, die es in der Industrie gegeben hat, wie es Fitschen formuliert. "Wer nur schnell reich werden will, ist bei uns nicht willkommen", sagt der Banker und blickt dabei so ernst, als würde er künftigen Bewerbern direkt in die Augen sehen.    

"Rekalibrierung" nennen sie das. Es ist, gelinde gesagt, eine Untertreibung. Denn die Deutsche Bank ist eine globale Profitmaschine, die ihre Gewinne in den Ackermann-Jahren vor allem mit hochriskanten Geschäften im Investmentbanking gemacht hat. Das soll sich nun ändern. Den neuen Chefs bleibt kaum eine andere Wahl, als die Geläuterten zu geben. Weltweit machen strengere Kapitalvorschriften und kritische Aufseher Zockereien mit Anleihen, Aktien und Derivaten schwieriger, die Euro-Krise verunsichert die Märkte. Im zweiten Quartal brach der Vorsteuergewinn im Investmentbanking um über 60 Prozent ein, zum ersten Mal seit langem verdiente die Bank mit Privatkunden mehr. Unterm Strich blieb am Ende weniger als 1 Mrd. Euro übrig - knapp halb so viel wie im Vorjahr und nur ein Bruchteil dessen, was der große US-Konkurrent JP Morgan geschafft hat. So unklar ist die Zukunft , dass sich Jain und Fitschen nur einen Ausblick für die nächsten drei Jahre zutrauen. 

Deutsche Bank will sich gesundschrumpfen

Investieren will die Deutsche Bank in die Wachstumsmärkte in Asien und Nord- und Süd-Amerika. Doch auch das Deutschlandgeschäft wollen die neuen Chefs ausbauen, wo die Deutsche Bank neue Kredite im Volumen von 10 Mrd. Euro vergeben will. Andere Einheiten in Europa, wo die Schuldenkrise grassiert, werden dagegen gestrafft. Ein Gewinnziel für die gesamte Bank wagen Jain und Fitschen erst gar nicht zu formulieren - sie wollen "analog zur Marktentwicklung" wachsen.

Bis 2015 soll der Vorsteuergewinn des Privatkundengeschäfts auf 3 Mrd. Euro steigen, die Deutsche Bank will eine der führenden drei Investmentbanken werden, die schwächelnde Vermögensverwaltung soll ihre Profitabilität mehr als verdoppeln. Jain und Fitschen setzen dafür den Rotstift an: Bis 2015 will die Bank jährlich 4,5 Mrd. Euro einsparen. Bislang bekannt ist, , vor allem im Investmentbanking. 1,7 Mrd. Euro wollen Jain und Fitschen aus der IT-Infrastruktur und der Verwaltung herausholen. Wie viele Jobs wo genau gestrichen werden, müssen nun Gespräche mit dem Betriebsrat zeigen. Die Deutsche Bank schließt den Abbau weiterer Stellen nicht aus.

Trotz des Sparkurses müssen sich die Aktionäre weiter auf magere Zeiten einstellen: Ein Ziel für den Aktienkurs geben die neuen Co-Chefs nicht vor. Von den legendären Profitmarken der Ackermann-Jahre ("25 Prozent Eigenkapitalrendite") verabschieden sich Jain und Fitschen endgültig: Die durchschnittliche Rendite soll künftig mindestens 12 Prozent betragen. Weil die Bank bei der Kapitalausstattung hinter ihren Wettbewerbern herhinkt, will sie künftige Gewinne stärker einbehalten, statt sie an ihre Investoren auszuschütten. Bis März 2013 will die Bank so ihre Kapitalquote auf acht Prozent, bis Ende März 2015 auf mehr als zehn Prozent steigern, um die strengeren Vorschriften zu erfüllen, die die Aufseher im Zuge der Finanzkrise aufgestellt hatten.

Die Vergangenheit wirft lange Schatten auf die Bank

Dass die Deutsche Bank sparen muss, liegt auch an ihrer dunklen Vergangenheit. Um die zu überwinden, schaffen Jain und Fitschen eine interne "Bad Bank" mit nichtstrategischen Vermögenswerten, von denen sie sich in den nächsten Jahren trennen wollen: verbriefte Wertpapiere, strukturierte Derivate, schwierige Beteiligungen wie die BHF-Bank und andere Bilanzrisiken, die sich über die Jahre in ihrem Investmentbanking angesammelt haben - insgesamt 135 Mrd. Euro. Ein Drittel davon will die Bank bis 2013 losschlagen, um ihren Kapitalbedarf zu senken. Alles "keine Ramschanlagen" bemüht sich Jain zu betonen, sondern "Totgewicht", das aus der Bilanz verschwinden soll. 

Man könnte sagen, die Deutsche Bank versucht so die Lasten der Vergangenheit abzuwerfen. Die Bad Bank ist das nun auch nach außen hin sichtbare Eingeständnis, dass in den Ackermann-Jahren Fehler gemacht wurden. Fehler, die auch auf das Konto von Anshu Jain gehen. Doch all die Klagen von Investoren und Kunden, in die die Deutsche Bank wegen der fragwürdigen Geschäfte seiner Investmentbanker auf dem verwickelt ist und die sie am Ende rund 3 Mrd. Euro kosten könnten, lassen sich nicht einfach als Bilanzschrott abwickeln. Ebensowenig wie die Ermittlungen in der. Neue Erkenntnisse dazu lieferte die Präsentation von Jain und Fitschen nicht: Man habe bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass aktuelle und vorherige Vorstände in die Manipulation der Referenzzinssätze in der Londoner City verwickelt seien, wiederholte Jain lediglich die bekannte Position der Bank.

Damit solche Exzesse bei der Bank künftig nicht mehr vorkommen, soll nun alles anders werden. Die Führungskräfte der Deutschen Bank müssen künftig fünf Jahre warten, bis ihnen ihr Aktienbonus ausgezahlt wird. Auch insgesamt sollen Boni deutlich reduziert werden. "Die Deutsche Bank wird damit zu einem Vorreiter in unserer Branche", sagte Co-Chef Anshu Jain. "Wir hoffen sehr, dass wie Gleichgesinnte finden. Wir haben keine Angst davor, einen Preis dafür zu zahlen", sagte Co-Chef Jürgen Fitschen.

Warum er, der Investmentbanker, der richtige sei, diesen Kulturwandel zu leiten, fragt ein Reporter Jain. "Das müssen sie meinen Aufsichtsrat fragen", weicht Jain der Frage aus. "Ich habe eine gewisse Schwäche für Veränderung", versucht er holprig eine Antwort zu geben. Die Richtlinien für ihre Vergütung will die Bank künftig von einem Gremium externer Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft überprüfen lassen. Der Chef des Vergütungspanels stehe schon fest, man wolle ihn aber noch nicht nennen, sagt Fitschen. Man darf also gespannt sein. Josef Ackermann hat ja schon wieder einen neuen Job.

Quelle: ntv.de, mit dpa/rts

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