Wirtschaft

Was wird aus der Postbank? "Deutsche Bank muss sich neu aufstellen"

Die Deutsche Bank steht vor einem großangelegten Umbau und denkt darüber nach, sich von der Postbank zu trennen. Bankenexperte Wolfgang Gerke hält das für keine gute Idee. Denn für die Probleme sei vor allem das Investmentbanking verantwortlich.

Wolfgang Gerke ist emeritierter Professor für Bank- und Börsenwesen sowie Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums.

Wolfgang Gerke ist emeritierter Professor für Bank- und Börsenwesen sowie Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums.

(Foto: Bayerisches Finanz Zentrum)

n-tv.de: Die Deutsche Bank will sich eine neue Ausrichtung geben. Was halten Sie davon?

Wolfgang Gerke: Die Deutsche Bank muss sich neu aufstellen. Die Kapitalmarktrendite, die sie erwirtschaftet, ist im Vergleich zu anderen großen internationalen Banken viel zu niedrig. Auch der Börsenwert ist viel zu gering. Für das Potenzial, das die Bank hat, steht sie sehr schlecht da. Das muss Anlass zu einem radikalen Umdenken sein.

Die Führung der Deutschen Bank erwägt, das Privatkundengeschäft auszudünnen, sich von der Postbank zu trennen und mehr auf das Investmentbanking zu setzen. Ist das der richtige Weg?

Betriebswirtschaftlich ist es zwar absolut sinnvoll, Investmentbanking und Mengenkundengeschäft zu trennen, dort unterschiedliche Strategien zu entwickeln. Aber das kann unter einem Dach passieren, da können Synergien genutzt werden. Die Deutsche Bank muss in der Lage sein, mit entsprechenden Managern beide Geschäfte erfolgreich zu führen. Die Postbank hat mit 13 Millionen Kunden ein hohes Potenzial. Dieses Potenzial sollte die Deutsche Bank nicht aus den Händen geben.

Woran hapert es?

Deutsche Bank
Deutsche Bank 14,95

Der Deutschen Bank ist es bislang nicht gelungen, mit diesem Pfund, das sie für sechs Milliarden Euro gekauft hat, zu wuchern. Das heißt aber nicht, dass die Postbank keinen interessanten Kundenstamm hat. Ich sehe nicht, dass man nur um regulatorischen Zwängen gerecht zu werden, einfach die Postbank abstoßen soll. Das kann der Vorstand auch erreichen, indem die Bank an anderen Stellen schrumpft – insbesondere im Investmentbanking.

Das Privatkundengeschäft gilt als eine stabile Refinanzierungsquelle. Wie wichtig das sein kann, hat die Finanzkrise gezeigt…

In guten Zeiten wirft das Investmentbanking hohe Renditen ab. Es ist jedoch extrem volatil. Deshalb ist es für die Banken von Vorteil, neben diesem hochriskanten Geschäft auch ein risikoärmeres, gut kalkulierbares Geschäft wie das so genannte Retail Banking zu haben. Das kann nicht für Spitzenrenditen wie im Investmentbanking sorgen. Wenn es gut geführt wird, kann es aber für eine sehr gute Basisrendite sorgen.

Haben sich bei der Deutschen Bank die Investmentbanker nun endgültig durchgesetzt?

Das ist nicht gesagt. Ich glaube, dass sich die Führung der Deutschen Bank gezwungen sieht, etwas Spektakuläres zu tun. Vielleicht setzt sie sich selbst zu stark unter Druck. Tatsächlich muss die Bank ihre Strategie ändern – aber das muss etwas Langfristiges sein. Wenn die Postbank abgegeben wird, sind die Probleme der Deutschen Bank ja nicht gelöst.

Die Deutsche Bank hat das Ziel, nach Steuern eine Rendite von zwölf Prozent zu erzielen. Im vergangenen Jahr reichte es lediglich zu 2,7 Prozent. Will der Vorstand zu viel?

Das ist eine Zielvorgabe, die der Markt von so einem Institut verlangt. Und dem Führungsduo Jürgen Fitschen und Anshu Jain ist es bisher nicht gelungen, dieses Ziel zu erreichen. Das liegt auch an den ungünstigen Rahmenbedingungen wie den niedrigen Zinsen und dem hohen Aufwand, den neue Regulierungsanforderungen verlangen. Aber andere Banken kommen damit klar. Das ist für die Deutsche Bank also keine Entschuldigung.

Hätte ein Ausdünnen des Privatkundengeschäfts Auswirkungen auf den angekündigten Kulturwandel?

Ich sehe keine großen Auswirkungen. Dieser Kulturwandel muss sich in den Köpfen vollziehen. Das geht nur sehr langsam. Und wenn man sich manche Boni anschaut, die im Investmentbanking noch gezahlt werden, dann ist dort dieser Kulturwandel noch nicht ganz angekommen. Im Moment wird mir viel zu sehr die Schuld für die Probleme in Bereichen des Retail Bankings gesucht. Die großen Lasten, insbesondere Reputationsverlust und Strafzahlungen, stammen aus dem Investmentbanking.

Mit Wolfgang Gerke sprach Jan Gänger

Quelle: ntv.de

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