Wirtschaft

Kräuterbonbons bei Toyota, Mondschein-Perleffekt bei VW Der ungleiche Kampf um die Autokrone

Lamborghini Huracan: Ein Modell, dass die Markenvielfalt des VW-Konzerns zeigt. Toyota fährt mit der Luxusmarke Lexus und einer Mehrheitsbeteiligung bei Daihatsu deutlich schmaler als die Wolfsburger.

Lamborghini Huracan: Ein Modell, dass die Markenvielfalt des VW-Konzerns zeigt. Toyota fährt mit der Luxusmarke Lexus und einer Mehrheitsbeteiligung bei Daihatsu deutlich schmaler als die Wolfsburger.

(Foto: picture alliance / dpa)

2018: Diese Zahl kennt in Wolfsburg jeder. Bis dahin will der VW-Konzern Toyota als weltgrößten Autobauer ablösen. Über den Sinn streiten die Experten, aber spannend sind die Wege der beiden automobilen Riesen, denn die könnten unterschiedlicher nicht sein.

Toyota ist trotz aller Widrigkeiten - Rückrufe, Naturkatastrophen und Japans Wirtschaftsflaute - nach wie vor weltgrößter Automobilhersteller. Ein Platz, den Volkswagen bis 2018 inne haben will. Beide sind nah an der Marke von 10 Millionen verkauften Autos pro Jahr, Toyota etwas näher. Doch was machen die Japaner anders als ihr schärfster Verfolger aus Wolfsburg? Eine Idee konnte man bei der Abendgestaltung vor dem Auftakt des Genfer Auto-Salons bekommen.

Da fuhr Europas unangefochtener Branchenprimus sein ganzes Repertoire an Modellen auf die Bühne. Und die Volkswagen-Manager holten weit aus, um die optischen Vorzüge der Wagen anzupreisen: "Skulpturale Form", "klassenlos sympathische Ausstrahlung", "Mondschein-Perleffekt" - es ging hoch her. Hunderte geladene Zuschauer und die Internet-Gemeinde sollten die Markenvielfalt von Skoda bis Bugatti zu Gesicht bekommen, mit der der Konzern nach der Krone der Autowelt greift.

Marge wichtiger als Topposition

Toyota hielt es fern der japanischen Heimat eine ganze Ecke nüchterner: Europachef Didier Leroy saß keine zwei Stunden zuvor gut einen Kilometer Luftlinie entfernt im Konferenzraum eines Hotels. Der weltgrößte Autohersteller hatte rund 30 Journalisten eingeladen, um über die Aussichten für den hiesigen Markt zu sprechen und ein Brennstoffzellen-Auto als nächsten Schritt des elektrischen Fahrens anzukündigen. Auf den Tischen standen ein paar Wasserflaschen und Schälchen mit zwei Sorten Kräuterbonbons.

Zum großen Rivalen aus Wolfsburg sagte Leroy nicht viel. Großen Respekt habe man vor Volkswagen, betonte er. Und man wolle den Rang als größter Hersteller nicht um jeden Preis verteidigen. Wichtiger sei es, mit den Autos gutes Geld zu verdienen. Dann aber ging es um Grundsätze: "Wenn ich der Besitzer einer Stadt werden will", sagte Leroy den Journalisten, "dann kann ich entweder Ihr Haus und Ihr Haus und Ihr Haus kaufen - oder ich kaufe gleich die ganze Stadt auf einmal." Jeder habe da seinen Weg. Welche Strategie besser ist, lässt sich ohnehin kaum sagen. "Es gibt keinen Königsweg", sagt zum Beispiel auch Analyst Frank Schwope von der NordLB.

12 gegen 4

Die Ausgangslage beider Autoriesen ist klar: Die Wolfsburger versuchen gerade, mit einem Milliarden-Angebot ihre Lkw-Tochter Scania von der Börse zu nehmen, um die konzerninterne Nutzfahrzeug-Allianz auf Trab zu bringen. Zwölf Marken wie Porsche, Audi, Seat, Skoda, Bentley, Bugatti oder Lamborghini hat VW bisher unter einem Dach vereint.

Toyota hat nur die Premiummarke Lexus als Zusatz und hält die Mehrheit an Daihatsu sowie dem Lkw-Bauer Hino. Dafür holt sich der Konzern Hilfe ins Haus, wo eigene Kompetenzen fehlen. Der neue Verso hat einen Dieselmotor von BMW unter der Haube - dafür profitieren die Münchner von dem Know-How der Japaner bei Hybrid-Antrieben. Mit dem französischen Konzern PSA Peugeot Citroen baut Toyota den Kleinwagen Aygo, um in diesem Segment profitabel bleiben zu können.

Toyota-Rendite über Daimler-Niveau

Auch deswegen spielen die Japaner beim Profit in einer anderen Liga. Mit überwiegend Massenware kommen sie auf Margen wie BMW oder Audi. Von den 9,7 Prozent Umsatzrendite, die Toyota in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahrs 2013/14 einfuhr, träumt selbst Daimler. Mit rund 29 Milliarden Euro stapeln sich die Rücklagen sogar fast doppelt so hoch, wie beim überaus liquiden VW-Konzern - der 2013 trotz Porsche und Audi aber nur auf 5,9 Prozent Rendite kam.

Zwar treibt derzeit auch der schwache Yen Toyotas Gewinn in die Höhe. Aber Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler sieht den Konzern vor allem beim Thema Effizienz als Vorreiter. Manches habe Volkswagen inzwischen nachgemacht, doch etwa bei Qualitätskontrolle und -überwachung sei Toyota weiter vorne. Und trotz alter Probleme mit Massen-Rückrufen bleibe Zuverlässigkeit Teil des Profils.

Auch auf den Automärkten der Welt bescheinigt Pieper Toyota mehr Balance: Die Japaner haben keinen weißen Fleck wie VW mit dem Wachstumsmarkt Südostasien, wo Toyota auf bis zu 50 Prozent Marktanteil kommt.

VW schwächelt in USA, Toyota in Europa

Dafür spielen die Japaner in China oder in Volkswagens Heimat nur eine Nebenrolle. "In Deutschland ist Toyota stark unter die Räder gekommen - das ist auch eine Designfrage, weil die Autos zum Teil als gesichtslos wahrgenommen werden", sagt Analyst Schwope. Immerhin: Anfang des Jahres trumpfte ausgerechnet Toyota mit der Sportwagen-Studie FT-1 auf der Automesse in Detroit groß auf.

Volkswagen sei zwar Marktführer in China, auch weil man dort seit Mitte der 1980er aktiv ist, sagt n-tv.de-Autoexperte Helmut Becker, dagegen bekomme VW auf dem US-Markt "derzeit kein Rad auf den Boden". "Dort punktet Toyota."

Technik vor Design

Doch von heute auf morgen kann sich kein Konzern von Grund auf ändern. "Ich habe bei Toyota gefragt, warum sie nicht einen westlichen Top-Designer anheuern, um Herstellern aus Europa oder den USA noch mehr Konkurrenz zu machen", sagt ein europäischer Automanager mit langer Japan-Erfahrung. "Aber dort sagte man: 'Das würde bei uns einfach nicht funktionieren.'" Während in den USA oder Europa die Form eines Autos vorgegeben werde und die Ingenieure die Technik darin unterbringen müssten, mache Toyota es genau umgekehrt.

Bringt Design mit "Mondschein-Perleffekt" also den Unterschied? Analyst Pieper sieht das größere Plus für Volkswagen eher in der Markenvielfalt. "Das wird sich langfristig auszahlen", sagt er. Auf "60 zu 40" schätzt er daher die Chancen, dass VW 2018 tatsächlich zum absatzstärksten Autokonzern der Welt aufsteigt. Nicht aber zum Rendite-König: "Bei der Ertragskraft sehe ich noch Toyota vorne."

n-tv.de-Autoexperte Becker hat dagegen seine Zweifel, ob VW bis 2018 Weltmarktführer werden kann. Im am Montag erscheinenden Quartalsintervier erklärt er die Gründe.

Quelle: ntv.de, bad/dpa

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