Wirtschaft

Droht die "große Korrektur"? Dax lässt Charttechniker rätseln

"Richtung Gap darf der Dax laufen, das Gap schließen sollte er keinesfalls": Die Lage im Dax ist nicht leicht zu beurteilen.

"Richtung Gap darf der Dax laufen, das Gap schließen sollte er keinesfalls": Die Lage im Dax ist nicht leicht zu beurteilen.

(Foto: REUTERS)

Wie steht es um den deutschen Aktienmarkt? Hat der Leitindex Dax noch Luft nach oben? Oder müssen sich Anleger nach der jüngsten Rekordjagd auf fallende Kurse an der Börse einstellen? Chart-Analysten sprechen von "Druck" und einem "Ausstiegssignal".

Ein Ende der Seitwärtsbewegung am deutschen Aktienmarkt ist laut Marktanalysten vorerst nicht in Sicht. Der Dax dürfte auch in der neuen Woche erst einmal zwischen dem "Konsolidierungstief" bei knapp 12.490 und dem Rekordstand bei knapp 12.842 Punkten pendeln, heißt es aus dem Lager der charttechnisch orientierten Marktbeobachter. Während die Wall Street mit dem jüngsten Ausbruch des S&P-500 auf neue Höchststände die Kurse auch außerhalb der USA stütze, deuteten die Indikatoren im Dax eher "auf Druck" hin, so der Tenor der technischen Analysten in der neuen Umfrage.

Zwei charttechnische Hilfsmittel zur Beurteilung der Lage unterstützen diese Einschätzung: Der "Relative Strength Index" (RSI) zum Beispiel habe aus einer überkauften Situation heraus nach unten gedreht, heißt es. Mit etwa 55 hat er aber immer noch deutliches Abwärtspotenzial, erst unter 30 stößt er in den überverkauften Bereich. Auch der MACD-Indikator weist in seiner Berechnung auf Tagesbasis "ein Ausstiegssignal" aus.

Größerer Kursrutsch voraus?

Damit gerieten auf der Unterseite das 2015er Dax-Hoch bei 12.391 Punkten sowie das Hoch von Anfang April bei 12.376 Punkten in den Blick, meint HSBC-Marktanalyst Jörg Scherer. "Ein Rutsch unter diesen Bereich würde eine kleine Topbildung zum Abschluss bringen", warnt er. Das in diesem Fall freigesetzte "Abschlagspotenzial" von rund 400 Punkten dürfte den Dax zum seit Anfang 2017 intakten Aufwärtstrend bei derzeit 12.184 Punkten führen. Dort werde dann über die Frage "kurzfristige Atempause" oder "längerfristige Korrektur" entschieden.

Ähnlich beurteilt LBBW-Marktanalyst Martin Siegert die Lage. Er sieht die Kurslücke ("Gap") zwischen 12.289 und 12.048 als Dreh- und Angelpunkt an. "Richtung Gap darf der Dax laufen, das Gap schließen sollte er keinesfalls", betont der Marktanalyst. Sollte diese Kurslücke geschlossen werden, müsse mittelfristig vom Übergang in eine "große Korrektur" ausgegangen werden, warnt er.

Mit Blick auf die Lage an der Wall Street sehen die Perspektiven freundlicher aus. LBBW-Experte Siegert räumt dem S&P-500 noch Aufwärtspotenzial ein. "Der Index ist aus seiner Konsolidierungsformation nach oben herausgelaufen", sagt der Analyst. Er meint, der US-Index habe kurzfristig noch Kurspotenzial bis an das obere Bollinger-Band bei 2433 Punkten. Eine erste Unterstützung liegt demnach bei 2393 Punkten.

Branchenrotation statt Aufbruch

Der S&P-500 stütze die Stimmung also, und das erhöhe die Chance, dass der Dax einfach noch weiter seitwärts laufe - trotz eher negativer Indikatorenkonstellation. Commerzbank-Analyst Achim Matzke rechnet kurzfristig ebenfalls nicht mit großen Trendbewegungen. "Geprägt werden die Märkte erst einmal von der Branchenrotation", sagt er. Während die zyklischen Branchen als Gewinner der Trump-Rally festhingen oder korrigierten, profitierten die defensiven Branchen von Zuflüssen.

So habe sich die technische Lage bei Versorgern und Telekom-Titeln in Europa zuletzt aufgehellt, auch die Hersteller von Konsumgütern des täglichen Bedarfs, Pharma-Aktien und Nahrungsmittel-Titel sähen vergleichsweise vielversprechend aus, findet Coba-Experte Matzke. Deutlich eingetrübt habe sich dagegen die Situation im Bereich Industrie-Aktien. Auch Öl- und Gas-Aktien böten sich für Umschichtungen an.

Ganz anders argumentieren die Analysten von Sentix. Auch sie sehen zwar keine Aufbruchsstimmung an den Märkten. "Im Sentiment zeigt sich weder Freude über die neuen Allzeithochs, noch steigt die mittelfristige Zuversicht für die übrigen Aktienmärkte", sagt Sentix-Analyst Patrick Hussy. Sentix untersucht die Stimmung am Markt und versucht daraus die künftigen Entwicklungen abzuleiten.

Während einerseits die Aufbruchsstimmung ausbleibe, seien andererseits aber auch die Positionierungen wieder rückläufig, führt Hussy weiter aus. Die Engagements der Privatanleger lägen auf dem niedrigsten Stand seit Januar 2016. Und auch die Positionierung der Investmentprofis sei gesunken, was die Aktienmärkte weniger anfällig für Rückschläge mache.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ

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