Wirtschaft

Aktien, Immobilien, Zinsen Das sind die Risiken für Anleger

Was für Lawinengebiete gilt, gilt auch in unübersichtlichem Börsenumfeld: Vorsicht!

Was für Lawinengebiete gilt, gilt auch in unübersichtlichem Börsenumfeld: Vorsicht!

(Foto: picture alliance / dpa)

Für 2017 gibt es eine Menge Crash-Potenzial. Das ist die schlechte Nachricht zum Ausklang dieses Börsenjahres. Die Gute ist: Anleger können sich so günstig wie lange nicht gegen diese Risiken absichern.

Oh wie schön wäre es doch, das Börsenjahr ließe sich folgendermaßen zusammenfassen: Die Laune an den internationalen Aktienmärkten ist prächtig. Die Probleme in der Eurozone sind gelöst, Italiens Banken gerettet, China wächst solide und gefahrlos, die Immobilienblase ist bereinigt. In den USA wird Donald Trump alle Probleme lösen. Und ansonsten stehen die Notenbanken allzeit bereit ... Schön wär's, wenn es denn so wäre! Mit der Wirklichkeit hat das alles leider nicht viel zu tun.

Tatsächlich sind die Risiken Ende 2016 nicht geringer als vor sechs oder zehn Monaten, als die Märkte für Absicherung hohe Prämien verlangten. Die schlechte Nachricht zum Start ins Jahr 2017 lautet: Es sind etliche Risiken vorhanden, die sogar in ein Crashjahr 2017 münden könnten. Die gute Nachricht ist jedoch: Seit Jahren war es nicht so günstig, sich gegen diese Risiken abzusichern. Anleger sollten diese zehn Punkte beherzigen:

  1. Die Hausse, speziell am US-Aktienmarkt, hat die letzten Bären aussterben lassen. Was haben wir im Februar 2016 rund um Brexit und Trump von den Mahnern wie Albert Edwards, Marc Faber und George Soros alles gelesen. Sie mahnen stets dann, wenn die Kurse schon massiv gefallen sind und die Volatilität auf Topniveau notiert. Jetzt, da die Angstprämien im Keller sind, sind auch die Pessimisten plötzlich still. Lassen Sie sich nicht irritieren, dies ist keineswegs ein positives Signal. Interpretieren Sie dies antizyklisch.
     
  2. Wenn fast alle positiv für den Markt gestimmt sind, wird kaum noch jemand kaufen. Im Februar, bei Dax-Notierungen unter 9000 Zählern, war die Furcht groß, dass Firmen wie BMW oder BASF in heftige Turbulenzen aufgrund absurder Schuldenpolitik und Wachstumssorgen in China kommen. Jetzt notieren die Kurse mehr als 50 Prozent höher. Doch hat sich damit am Umfeld Wesentliches geändert? Nein! Die Aktien waren damals bloß günstig, jetzt sind sie merklich teurer, da die Stimmung besser ist.
     
  3. 2017 stehen Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland an. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Volatilitäten vor vorher steigen, liegt ausgehend vom aktuellen Niveau bei nahezu 100 Prozent. Gleichzeitig ist es aber seit Jahren nicht mehr so günstig gewesen, sich gegen fallende und korrigierende Kurse bei Dax oder EuroStoxx abzusichern – eben aufgrund des Volatilitätseinflusses auf die Preise von Optionsscheinen. Allein aus Wahrscheinlichkeitsgründen und aus Vernunft sollten Sie dies nun tun. Drei Produkte mit denen dies möglich ist, sind der Put mit WKN VN3XR8 auf den EuroStoxx oder die XM4408 auf den Dax. Für jene, denen die US-Börsen zu hoch notieren, ist der Put auf den S&P 500 HU6KHR geeignet – allesamt mit Laufzeit Juni 2017.
     
  4. Die Stimmung ist im Gegensatz zu den Ausverkaufszeitpunkten des Jahres 2016 besser als die Lage. Für Donald Trump ist alles Positive eingepreist, er kann eigentlich nur negativ überraschen. Das 2017er-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 liegt bei knapp 18 und damit weit über dem langjährigen Durchschnitt. Laut den Analysten von Goldman Sachs liegt das KGV, in einem Umfeld, in dem die Zinsen zwischen zwei und drei Prozent liegen, üblicherweise bei lediglich 14,2. Demnach hätte der S&P500 ein deutliches Rückschlagspotenzial.
     
  5. China steht im Fokus: Die Aufkündigung der Ein-Kind-Politik, ein möglicher Handelsstreit, Verwerfungen mit Russland – all das ist nicht eingepreist, die Risiken werden ausgeblendet. Trump wirft China vor, dass es den Renminbi künstlich schwach halte, Staatsfirmen stütze und so seine Wettbewerbsfähigkeit im Export verbessere. Das gehe zu Lasten der US-Industrie. Das Außenhandelsdefizit der USA mit China lag im Jahr 2015 bei horrenden 365,7 Milliarden Dollar. Damit macht es fast 70 Prozent des gesamten Handelsdefizits der USA aus. Sollte Trump seine Pläne in die Tat umsetzen, hätte das dramatische Folgen für die chinesische Wirtschaft. Laut den Berechnungen von Kevin Lai, Chefvolkswirt für Asien bei Daiwa Capital Markets, würden Einfuhrzölle von 45 Prozent auf chinesische Produkte - wie sie Trump fordert - zu einem Einbruch der chinesischen Exporte in die USA um 87 Prozent führen. Das wäre ein Rückgang um horrende 420 Milliarden Dollar.
     
  6. Der Häusermarkt in China ist albern hoch bewertet. Wohnungspreise in Peking sind im Vergleich zum Vorjahr um 26,4 Prozent gestiegen, in Schanghai gar um 39 Prozent. Die Entwicklung erinnert fatal an die Immobilienblase in den USA zu Beginn des Jahres 2008 – doch sehen und einpreisen möchte dieses Risiko niemand. Zur Erinnerung – zu Beginn des Jahres 2008 notierte der Dax bei bester Laune bei 8000 Zählern. Gut ein Jahr später hatte er sich halbiert.
     
  7. Die Bewertungen von US-Aktien sind teuer, da gibt es wenig zu diskutieren. Ein Problem und ein weiteres Risiko für 2017 sind die zuletzt merklich gestiegenen Zinsen. Die Analysten von JPMorgan gehen davon aus, dass ein Zinsanstieg um 100 Basispunkte die Gewinne der S&P500-Unternehmen um 1,5 Prozent senken würden. Etliche Investoren warnen daher, dass weiter steigende Zinsen allmählich Gegenwind für den Aktienmarkt bedeuten könnten. Immerhin liegen die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen mit rund 2,5 Prozent deutlich über der Dividendenrendite des S&P500 von 2,1 Prozent, womit der Aktienmarkt allmählich etwas unattraktiver wird, gerade dividendenstarke Werte, wie Telekomfirmen und Versorger. Die Analysten von Goldman Sachs sehen den Schmerzpunkt für den S&P500 bei Zinsen von 2,75 Prozent für zehnjährige Anleihen. Der Anleihen-König Jeff Gundlach warnte zuletzt, dass es ab drei Prozent zu Turbulenzen am Aktienmarkt kommen werde.
     
  8. Der Dollar wird gefeiert, doch wie lange noch? Dadurch werden US-Produkte im Ausland deutlich teurer, während ausländische Produkte in den USA billiger werden. Damit trüben sich die Perspektiven für die US-Exportwirtschaft ein. Die Analysten von JPMorgan gehen davon aus, dass ein Anstieg des Dollar um ein Prozent, die Gewinne des S&P500 um 0,5 Prozent drücken würde. Investoren setzen dennoch darauf, dass es Trump gelingen wird, im nächsten Jahr die Konjunktur kräftig anzukurbeln. Ab dem dritten oder vierten Quartal könne bei Investoren aber die Sorge hochkochen, dass die Inflation viel stärker steigen werde, als derzeit erwartet, woraufhin die Zinsen bis auf vier Prozent steigen könnten, was deutlichen Gegenwind für die Unternehmensgewinne und damit für den Aktienmarkt bedeuten würde. Bei stark steigender Inflation geht die Bewertung des S&P500, beispielsweise das KGV, üblicherweise zurück, weil die Investoren mit einem Bewertungsabschlag darauf reagieren, wenn ein wichtiger Teil des Gewinnzuwachses der Unternehmen nur auf Inflation zurückzuführen ist, und nicht mehr auf die Leistung der Unternehmen selbst.
     
  9. Ein möglicher Zerfall der Eurozone ist an den Märkten in keiner Weise berücksichtigt. Es wird wohl kaum soweit kommen, doch speziell ein Sieg Marine Le Pens im ersten Wahlgang in Frankreich könnte im Frühjahr zwischen erstem und zweiten Wahlgang für massive Verunsicherung bei Investoren sorgen. Auch ein Politikwechsel in Italien dürfte angesichts des dortigen Bankensektors und der Staatschulden für riesige Unruhe sorgen. Dass politische Risiken 2017 auf den Tisch kommen ist so sicher wie der nächste wirre Tweet Donald Trumps.
     
  10. Die größten Risiken für 2017 sind aber jene, die Sie noch nicht kennen und einschätzen können. Klar, sonst hätte man sie längst im Preis für Absicherungen berücksichtigt. In den Emerging Markets, beim Ölpreis, am Devisenmarkt oder in den Golfstaaten sind Probleme denkbar. Irgendetwas wird der Markt herauszaubern und damit begründen, warum es auch 2017 immer wieder deutliche Rückschläge geben wird. Selbst wenn es nicht zum Crash kommt – versichern ist jetzt sinnvoll und vergleichsweise günstig.

Quelle: ntv.de

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