Wirtschaft

Allianz Siemens und Alstom "Das Beste, was wir tun konnten"

Der TGV (re.) ist für Frankreich ein Nationalsymbol - und wird künftig in einem Gemeinschaftsunternehmen gebaut, das auch den ICE herstellt.

Der TGV (re.) ist für Frankreich ein Nationalsymbol - und wird künftig in einem Gemeinschaftsunternehmen gebaut, das auch den ICE herstellt.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Es wird nach Airbus das zweite deutsche-französische Mega-Unternehmen: Der geplante Zug-Konzern Siemens Alstom startet mit viel Applaus. Doch die Aufgaben sind groß und die Ziele mutig - für einige Experten etwas überambitioniert.

Der fusionierte Bahntechnik-Konzern Siemens Alstom will dem chinesischen Branchenriesen CRRC schnell Paroli bieten. "Wir haben die Kraft und den Willen, einen europäischen Champion auf einem globalen Markt zu schaffen", sagte Siemens-Chef Joe Kaeser. Die Bundesregierung begrüßt die geplante Zusammenlegung und sprach von einem Kooperationsprojekt von europäischem und globalem Rang. Die geplante Fusion wird auch von der Regierung in Paris unterstützt. Das französische Wirtschaftsministerium versicherte, Siemens habe sich zum Erhalt der Arbeitsplätze und Standorte in Frankreich für vier Jahre verpflichtet.

Die Bundesregierung wertete zudem positiv, dass bei der Entscheidung Arbeitnehmervertreter und Management von Siemens abgestimmt vorgehen. Zudem gebe es an den wichtigen Standorten beider Unternehmen in Deutschland und Frankreich "gleichgerichtete Zusagen" zum Erhalt der Beschäftigung. Und so wertet auch die IG Metall die Entscheidung als "potenzielle europäische Chance". Ein fusionierter Konzern habe "gute Erfolgschancen im harten globalen Wettbewerb". In Frankreich dagegen fürchten die Gewerkschaften "mittelfristig" Entlassungen.

Jährliches Wachstum von vier Prozent

Mit Wachstumsraten von mehr als vier Prozent im Jahr soll der Hersteller von TGV und ICE bis 2023 auf einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro kommen. Derzeit sind es rechnerisch etwa 15 Milliarden Euro. Die aus zwei Staatskonzernen formierte CRRC erreicht allerdings schon heute 30,5 Milliarden Euro.

"Auf diesen Tag haben wir lange gewartet", sagte Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge, der auch den fusionierten Konzern leiten soll. "Das war das Beste, was wir tun konnten." Warum Siemens sich für Alstom als Fusionspartner und gegen den Branchenvierten Bombardier entschieden habe, wollte Kaeser nicht sagen. Insidern zufolge waren den Münchenern Zweifel an der Stabilität der Kanadier gekommen,deren Flugzeug-Sparte in der Krise steckt. Der Vertrag war bereits unterschriftsreif.

Vor diesem Hintergrund stellte sich der Bund zumindest verbal hinter den kleineren Konkurrenten. "Die Bundesregierung bekennt sich zu Bombardier und seinen Standorten in Deutschland", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Marktkenner indes befürchten, dass die sieben deutschen Werke nun erneut in eine Schieflage geraten könnten. In den kommenden Jahren fällt hierzulande bereits jede vierte der insgesamt 8500 Stellen bei Bombardier weg.

Ziel: Siemens-Niveau

Der Sitz des neuen Unternehmens wird Paris sein, hier wird auch die Aktie notiert. Von Frankreich aus wird auch das Geschäft mit Schienenfahrzeugen geführt, lediglich die Zentrale für Mobilitätslösungen soll in Deutschland liegen. Am neuen Unternehmen soll Siemens gut 50 Prozent halten. Gemessen an den Renditen und am Auftragsbestand hätten es gut 60 Prozent sein müssen, räumte Kaeser ein. Siemens bringe aber einige Schulden mit und zahle eine "Kontrollprämie" dafür, dass man das Gemeinschaftsunternehmen voll in der eigenen Bilanz führen könne. Eine Sonderdividende von bis zu 1,8 Milliarden Euro, die Alstom unmittelbar vor der Fusion ausschüttet, wird de facto ebenfalls zum Teil von Siemens finanziert.

Bis 2020 will Kaeser den fusionierten Konzern auf das Siemens-Niveau von mehr als zehn Prozent Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern (Ebit) führen, bis 2023 sollen es 11 bis 14 Prozent werden. Alstom kam 2016/17 (Ende März) gerade einmal auf 5,8 Prozent. Dabei helfen sollen Einspareffekte von jährlich 470 Millionen Euro. Am meisten verspricht sich Kaeser dabei von einer gemeinsamen Produktentwicklung und gemeinsamen Geboten bei Ausschreibungen. Analysten indes halten das Ziel in Teilen für "überambitioniert". Realistischer sei die Hälfte, urteilte etwa Deutsche-Bank-Analyst Gael de-Bray.

Der Fusion müssen noch die EU-Kartellbehörden grünes Licht geben. Der Alstom-Chef zeigte sich zuversichtlich, eine Lösung zu finden, die dem Geschäft nicht schade. Kaeser betonte, die Brüsseler Wettbewerbshüter müssten den Weltmarkt und nicht nur Europa betrachten, um den Zusammenschluss richtig zu bewerten.

Das Vorhaben hat auch die Rückendeckung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Allerdings gilt Alstom mit dem Schnellzug TGV in Frankreich als nationales Symbol. Schon der Verkauf des Alstom-Energiegeschäfts an den US-Konzern General Electric vor wenigen Jahren hatte wütende Proteste hervorgerufen. Die politische Linke und Rechtesprechen bereits von einem Ausverkauf einer französischen Industrieperle.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen