Wirtschaft

Diesel-Affäre sorgt für Druck Daimler bessert drei Millionen Autos nach

Inzwischen reicht ein feuchter Lappen allein bei Daimler nicht mehr aus. Die Werkstätten müssen ran.

Inzwischen reicht ein feuchter Lappen allein bei Daimler nicht mehr aus. Die Werkstätten müssen ran.

(Foto: dpa)

Der Autohersteller Daimler weitet seine Nachrüstungsaktion bei Diesel-Pkw aus. Europaweit werden Hunderttausende Wagen in die Werkstatt beordert. Den Konzern kostet das einen dreistelligen Millionenbetrag.

Daimler kündigt unter dem Druck der Diskussion über Fahrverbote für Dieselautos und Abgas-Betrugsermittlungen eine massive Rückrufaktion an. Insgesamt drei Millionen Mercedes-Benz-Pkw mit Dieselmotoren in Europa sollen durch eine Nachrüstung weniger schädliches Stickoxid ausstoßen, teilte der Autobauer mit. Die "freiwillige Servicemaßnahme", wie Daimler den Rückruf nennt, werde rund 220 Millionen Euro kosten. Die Kunden sollen nichts bezahlen.

Daimler
Mercedes-Benz 74,96

Daimler will damit das angeschlagene Vertrauen der Käufer in Dieselautos wieder aufbauen. "Die öffentliche Debatte um den Diesel sorgt für Verunsicherung", erklärte Vorstandschef Dieter Zetsche. "Wir haben uns deshalb für weitere Maßnahmen entschieden, um den Dieselfahrern wieder Sicherheit zu geben und um das Vertrauen in die Antriebstechnologie zu stärken."

Der Stuttgarter Autobauer hat bereits mit der im vergangenen Jahr von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt verlangten Nachrüstung von knapp 250.000 Kompaktwagen und Vans begonnen. Das Kraftfahrt-Bundesamt war bei Messungen auf Stickoxid-Werte gestoßen, die nach seiner Ansicht mit technischen Gründen des Motorschutzes nicht zu erklären waren. Eine Manipulation, wie sie Volkswagen unter Druck von US-Umweltbehörden zugab, hatte die deutsche Aufsicht Daimler nicht vorgeworfen.

Diesem Vorwurf geht mittlerweile aber die Staatsanwaltschaft Stuttgart nach. Sie sicherte mit einer Großrazzia Beweise. In dem dafür ausgestellten Durchsuchungsbeschluss äußert sie nach Medienberichten den Verdacht, bei mehr als einer Million Diesel-Pkw von Mercedes-Benz sei eine illegale Abschalteinrichtung verbaut. Diese würde die Abgasreinigung im Prüfstand an- und auf der Straße teilweise wieder ausschalten.

Reaktion auf drohende Fahrverbote

Dobrindt hatte Daimler-Manager unmittelbar auf den Bericht vergangene Woche zum Rapport bestellt. Dabei wies der Autobauer Betrugsvorwürfe zurück.

Mit dem freiwilligen Rückruf reagieren die Schwaben auch auf drohende Fahrverbote, die Daimlers Heimatstadt Stuttgart und auch München androhten, um jahrelange Verstöße gegen EU-Luftreinhaltevorschriften zu stoppen. Daimler geht jetzt noch einen Schritt weiter als die Konkurrenten BMW und Audi, die sich gegenüber der bayerischen Landesregierung zur Nachrüstung etwa der Hälfte ihrer Dieselautos mit der älteren Norm Euro 5 bereit erklärten.

Mercedes werde nahezu alle Fahrzeuge mit Euro 5 und der neuesten Norm Euro 6 per Softwareupdate sauberer machen, kündigte das Dax-Unternehmen an. "Daimler leistet damit einen wesentlichen Beitrag, um die Stickoxidbelastung durch Diesel-Fahrzeuge in europäischen Innenstädten zu reduzieren", hieß es in der Mitteilung weiter.

Festhalten am Diesel

Auch solle die neueste Motorenfamilie, für die der Konzern drei Milliarden Euro investierte, schneller ausgerollt werden. Der Diesel bleibe wegen seiner niedrigen Kohlendioxid-Werte fester Bestandteil bei Daimler. Der Sportwagenbauer Porsche denkt unterdessen darüber nach, etwa ab Mitte des kommenden Jahrzehnts keine Dieselmotoren mehr in seinen SUVs und Limousinen einzusetzen.

Zetsche hatte vergangene Woche gegenüber mehreren Zeitungen eine europaweite Nachrüstung von Dieselautos gefordert. Denn auch Metropolen wie Paris verhängen Fahrverbote. Die Branche will auf Initiative der Bundesregierung am 2. August beraten, wie Fahrverbote mit einer Nachrüstaktion vermieden werden können. Diese müsste aber den gleichen dämpfenden Effekt auf die Schadstoffe haben wie die zeitweise Verbannung von Dieselautos aus Innenstädten. Auch ist noch offen, ob es mit einer Software-Lösung getan ist oder auch Motoren umgebaut werden müssen. Das käme die Autoindustrie teurer zu stehen. Die Kosten auf die Kunden abzuwälzen, lehnten die Politiker bereits ab.

In Stuttgart wird am Mittwoch das Verwaltungsgericht über eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen den Luftreinhalteplan für die baden-württembergische Landeshauptstadt verhandeln. Die Landesregierung hatte im Februar ein Fahrverbot wegen der Klage angekündigt. Nun beschloss sie nach Medienberichten, dass auf den Bann verzichtet werden könnte, wenn die geplante Diesel-Nachrüstung klappt.

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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