Wirtschaft

Billiges Geld Chinas Aktienmarkt läuft wie gestört

In China scheinen die Kurse nur eine Richtung zu kennen: nach oben.

In China scheinen die Kurse nur eine Richtung zu kennen: nach oben.

(Foto: imago/China Foto Press)

Der Aktienmarkt in Schanghai schießt in den vergangenen neun Monaten Prozent nach oben, obwohl sich die chinesische Wirtschaft abkühlt. Warum eigentlich?

Wie eine Rakete steigt der chinesische Aktienmarkt seit Monaten: Damit hat der Schanghai Stock Exchange A-Aktien Index das höchste Niveau seit März 2008 erreicht. Angeheizt wird die Rally dadurch, dass die Anleger immer stärker auf Kredit spekulieren. So war das Volumen an Wertpapierkrediten am 10. April auf den Rekord von 1,64 Billionen Yuan (264 Milliarden Dollar) gestiegen. Das ist ein Plus von 50 Prozent in weniger als drei Monaten. Gegenüber April 2012 hat sich das Volumen damit mehr als verdreißigfacht. Wenn man das Volumen an Wertpapierkrediten mit dem an der New York Stock Exchange (464,93 Milliarden Dollar) vergleicht und zudem den Börsenwert der jeweils gelisteten Unternehmen berücksichtigt, dann ist das Volumen in China ungefähr doppelt so hoch wie in New York.

Wegen der Rally in China springen immer mehr, häufig völlig unerfahrene Anleger auf den fahrenden Zug auf, weshalb die Zahl der neu eröffneten Wertpapierdepots nach oben schießt. Dabei sind vor allem Börsengänge begehrt. Von den 147 Börsenneulingen, die in den vergangenen zwölf Monaten ihr Debüt an den chinesischen Börsen gegeben haben, ist jeder am ersten Handelstag um die maximal erlaubten 44 Prozent explodiert. Besonders sichtbar ist der Hype bei Technologieaktien. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis und anderen Kennzahlen sind sie um rund 40 Prozent höher bewertet als im März 2000 die Tech-Aktien an der Nasdaq.

Die Rally am chinesischen Aktienmarkt ist eine Spekulation darauf, dass die Regierung und die Notenbank mit weiteren Maßnahmen gegensteuern werden, um zu verhindern, dass sich das Wachstum noch stärker abkühlt. Denn nachdem die Blase am Immobilienmarkt geplatzt ist, und die Häuserpreise zusehends fallen, kühlt sich das Wirtschaftswachstum deutlich ab. Zwar lag es im ersten Quartal mit sieben Prozent im Rahmen der Erwartungen. Dafür lagen etliche anderen Konjunkturzahlen, wie die Industrieproduktion für März und die Einzelhandelsumsätze, deutlich unter den Erwartungen. Die Investoren interpretieren schlechte Wirtschaftsdaten allerdings als positiv für den Aktienmarkt, denn sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit auf neue Maßnahmen der Notenbank. So haben Investoren zuletzt bei Aktien zugegriffen, obwohl die Exporte Chinas im März um 14,6 Prozent eingebrochen sind. Volkswirte hatten ein Plus von 8,2 Prozent vorhergesagt.

Hongkong wird infiziert

Die Rally ist inzwischen auf den Aktienmarkt in Hongkong übergesprungen. Dort ist das tägliche Handelsvolumen zwischenzeitlich bis auf 294 Milliarden Hongkong-Dollar (38 Milliarden US-Dollar) pro Tag nach oben geschossen – das ist mehr als das Dreifache des Durchschnitts der vergangenen zwölf Monate und liegt um mehr als 20 Prozent über dem bisherigen Rekord vom Oktober 2007, also dem Höhepunkt am Aktienmarkt vor der 2008er-Wirtschaftskrise. So hat der Hang Seng Index zuletzt innerhalb weniger Tage um zehn Prozent zugelegt. Die Rally "ist liquiditätsgetrieben und nicht von den Fundamentaldaten", sagte Sam Le Cornu, Fondsmanager bei Macquarie Investment Management.

Weil der Aktienmarkt in Hongkong nicht ganz so teuer wie der in China ist, fließt kräftig Geld in den Hang Seng, dem Leitindex dort. Hinzu kommt eine Menge Fantasie: der Börsenbetreiber Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEx) hat angekündigt, dass die Zusammenarbeit mit der Börse Shanghai kräftig ausgebaut werden soll. Die Kooperation zwischen der Börse in Schanghai und der Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEx) trat am 17. November 2014 in Kraft, wodurch der chinesische Aktienmarkt für Ausländer stärker geöffnet worden ist. Der Deal läuft in zwei Richtungen: Einerseits haben ausländische Investoren die Möglichkeit, über die HKEx Aktien zu handeln, die in Shanghai notiert sind. Andererseits können chinesische Investoren über die Börse Schanghai Aktien handeln, die in Hongkong gelistet sind.

Die Kurssprünge am chinesischen Aktienmarkt erscheinen übertrieben und haben blasenähnliche Merkmale. Doch der Trend könnte sich noch eine Weile fortsetzen, zumal Investoren sich gerade um Börsenneulinge reißen dürften. Und wann dürfte die Rally zu Ende gehen? Laut einer Studie der Deutschen Bank "bei Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung." Denn das würde bedeuten, dass die Lockerung der Geldpolitik zu Ende gehen könnte.

Quelle: ntv.de

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