Wirtschaft

Massiv mehr Abgase als gedacht Bundesamt bestätigt Diesel-Problem

Schadstoffbelastung massiv über den Grenzwerten: Selbst Euro-6-Motoren halten im Alltag nicht, was sie versprechen.

Schadstoffbelastung massiv über den Grenzwerten: Selbst Euro-6-Motoren halten im Alltag nicht, was sie versprechen.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Schwerer Rückschlag für die Diesel-Technologie aus Deutschland: Offiziellen Untersuchungen zufolge stoßen Diesel-Pkw in der Praxis tatsächlich viel mehr gefährliche Stickoxide aus als bislang bekannt. Selbst Fahrzeuge mit der neuesten Euro-6-Norm sind betroffen.

Moderne Diesel-Pkw überschreiten im Alltag die EU-Grenzwerte für gesundheitsschädliche Stickoxide um ein Vielfaches. Das zeigen Tests und Berechnungen für das Umweltbundesamt (UBA), deren Ergebnisse vorab bekannt wurden.

Demnach stoßen Diesel, die der aktuell gültigen Abgasnorm "Euro 6" entsprechen, auf der Straße im Schnitt 507 Milligramm Stickoxide pro Kilometer aus. Das ist bei weitem mehr als zulässig: Der Grenzwert liegt bei nur 80 Milligramm pro Kilometer. Rein rechtlich reicht es bislang allerdings aus, wenn die getesteten Dieselmotoren unter Laborbedingungen die EU-Vorgaben erfüllen.

Tests nur bei Zimmertemperatur?

Um einen realistischen Wert zum Schadstoffausstoß zu ermitteln, wurden bei den aktuellen Tests laut UBA - anders als bisher - Messungen für betriebswarme Motoren bei allen in Deutschland typischen Außentemperaturen berücksichtigt. Bislang wurde nur bei vergleichsweise günstigen Temperaturen gemessen. Das wichtigste Ergebnis: An kühlen Tagen steigt der Stickoxid-Ausstoß massiv an.

Experten dürften die Ergebnisse nicht überraschen: Die oft sehr großen Unterschiede zwischen Abgaswerten im Labor und auf der Straße sind branchenintern offenbar seit langem bekannt. Umweltschützer wiesen wiederholt auf die teils erheblichen Abweichungen zu den Laborwerten hin, die sich ergeben, sobald die Prüfer den Schadstoffausstoß der Motoren unter realistische Bedingungen messen. Voll ins Licht der Öffentlichkeit geriet das Problem der Dieseltechnologie jedoch erst durch den Abgas-Skandal bei VW.

Deutschlands Diesel-Flotte fällt durch

Die neuen Prüfergebnisse des Umweltbundesamts erscheinen geeignet, das Vertrauen in den Wert der europäischen Abgasvorschriften zu erschüttern. Die Euro-6-Norm ist die derzeit strengste der Abgasnormen in der Europäischen Union. Seit September 2014 gilt sie für alle neuen Pkw-Typen und seit September 2015 für alle neuen Pkw. Allerdings werden die Abgaswerte bisher nur im Labor geprüft. Von September 2017 an sollen sie schrittweise auch auf der Straße mit einem sogenannten RDE-Prüfverfahren gemessen werden.

Den neuen Ergebnissen des UBA zufolge ist die gesamte deutsche Diesel-Flotte aus neueren und älteren Autos viel schmutziger als angenommen. Bisher sei man davon ausgegangen, dass 2016 im Schnitt 575 Milligramm Stickoxide - auch NOx genannt - aus dem Auspuff kamen. Laut UBA waren es in Wirklichkeit aber durchschnittlich 767 Milligramm.

Breit angelegte Untersuchung

Gemessen wurden demnach unter anderem die Abgaswerte von 25 Diesel-Pkw der Euro-6-Norm und 27 Euro-5-Modellen, und zwar unterschiedliche Fahrzeuggrößen vom Kleinwagen bis zum SUV-Geländewagen. "Die neuen Werte bilden die Diesel-Pkw-Emissionen in Deutschland repräsentativ ab", heißt es beim Umweltbundesamt.

Am schmutzigsten seien bei Einberechnung realistischer Außentemperaturen Euro-5-Diesel mit einem NOx-Ausstoß von durchschnittlich 906 Milligramm pro Kilometer - das Fünffache des EU-Grenzwerts von 180 Milligramm. Euro-4-Diesel, für die ein Grenzwert von 250 Milligramm gilt, stoßen demnach im Schnitt 674 Milligramm Stickoxide aus.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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