Wirtschaft

Crash im Finanzsektor Brexit verschärft Bankenkrise in Europa

Die Kursrückschläge am Finanzmarkt belasten die Banken.

Die Kursrückschläge am Finanzmarkt belasten die Banken.

(Foto: imago/Ralph Peters)

Innerhalb kurzer Zeit nach dem Brexit stürzen europäische Bankaktien um rund 20 Prozent ab. Das ohnehin schwierige Umfeld für die Geldhäuser verschärft sich. Könnten die Notenbanken die Lage stabilisieren?

Die Investoren-Legende George Soros hat gegen die Deutsche Bank gewettet und gewonnen. Der Finanzprofi hatte am vergangenen Freitag 100 Millionen Euro auf einen Kursrückschlag bei Deutschlands größtem Geldhaus gesetzt und damit vom Brexit-Sturm profitiert. Durch den geplanten Austritt der Briten aus der EU kommt allerdings nicht nur die Deutsche Bank, sondern die Banken der Eurozone insgesamt noch stärker unter Druck.

Denn die Zinsen für Deutschland, Großbritannien und Japan sind auf Rekordtiefs abgestürzt, während die US-Zinsen am Rekordtief schnuppern. Das belastet die europäischen Banken massiv, kommt doch ihre Zinsmarge im Nullzinsumfeld beziehungsweise im Falle von Strafzinsen immer weiter unter Druck. Die Zinsmarge ist der Unterschied zwischen dem Zinssatz, den die Banken für ihre Kredite bekommen abzüglich dem Satz, denn die Banken selbst bezahlen müssen. Damit bricht ihnen ein ehemals wichtiger Gewinnlieferant – der Zinsüberschuss – zusehends weg.

Höhe der notleidende Kredite sind ein Problem

"Der sinkende Zinsüberschuss ist nicht zuletzt für die italienischen Banken ein enormes Problem, leiden sie doch wegen der schwachen italienischen Wirtschaft und unter einer niedrigen Profitabilität", meint Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets. Gleichzeitig sitzen die italienischen Institute auf faulen Krediten von rund 360 Milliarden Euro – das sind herbe 18 Prozent der Bilanzsumme der italienischen Banken. Die Kapitalpuffer der Geldhäuser schmelzen also rapide dahin.

Die Regierung um Ministerpräsident Matteo Renzi ergreift daher den Brexit als Gelegenheit, um über ein Rettungsprogramm von 40 Milliarden Euro nachzudenken. Der Staat will die Banken stützen, indem er Kapital, oder Garantien zur Verfügung stellt. Die Krise bei den Banken wird damit einmal mehr zum Problem für die jeweiligen Staaten, wird die Staatsverschuldung doch noch weiter nach oben getrieben. Dabei liegen die Schulden Italiens bereits bei 2,2 Billionen Euro – das sind hohe 132,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Wie groß das Problem für die Banken der Euro-Zone insgesamt ist, zeigen die Schätzungen der EZB. Sie geht davon aus, dass die Banken auf faulen Krediten von insgesamt 1,2 Billionen Euro sitzen.

Investmentbanking bricht ein

Verschärft wird die Lage für die Banken zusätzlich durch den Kursrückschlag am Finanzmarkt. Der Einbruch am Aktienmarkt belastet das Investmentbanking bei Instituten wie der Deutschen Bank, weil sich die Firmenkunden mit der Ausgabe von Anleihen und Aktien zurückhalten werden. Damit schrumpft das Geschäft der Banken. Gleichzeitig gibt es weniger Fusionen und Übernahmen, weshalb die Nachfrage nach Beratungsleistungen der Banken zurückgeht.

Zusätzlicher Gegenwind für die Geldhäuser könnte die bevorstehende deutliche Abkühlung der Konjunktur in Großbritannien bringen, denn viele Unternehmen dürften geplante Investitionen schnell auf Eis legen. Durch eine schwächere Konjunktur sowie die kräftige Abwertung des britischen Pfunds wächst die Gefahr, dass es zu steigenden Kreditausfällen kommt, weshalb die Institute ihre Rückstellungen hierfür erhöhen müssen.

Wegen der massiven Probleme ist der Stoxx Europe 600 Banks Index, der die Kursentwicklung der führenden Banken Europas abbildet, auf das Niveau vom Frühjahr 2009 eingebrochen. Umso mehr schauen Investoren vor allem auf die Reaktion der Notenbanken. Falls die EZB als Reaktion auf die konjunkturelle Eintrübung das Anleihenkaufprogramm von monatlich 80 Milliarden Euro weiter aufstocken sollte und damit die Strafzinsen noch tiefer in den negativen Bereich drücken würde, werden sich die Probleme für die Banken verschärfen. Anleger sollten die Bankaktien weiter genau im Auge behalten. Sie sind der beste Indikator dafür, ob es am breiten Aktienmarkt zu einer Stabilisierung kommt. Die Banken können nur hoffen, dass EZB-Chef Mario Draghi nichts unternehmen wird, um die Zinsen noch weiter zu senken.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen