Wirtschaft

1,6 Milliarden Euro Staatshilfe Braunkohle geht schrittweise vom Netz

Es dampft in Jänschwalde ab 2016 wohl eher seltener.

Es dampft in Jänschwalde ab 2016 wohl eher seltener.

(Foto: picture alliance / dpa)

Deutschland muss sich für sein Klimaziel strecken: Nachdem die CO2-Abgabe für Braunkohlemeiler vom Tisch ist muss der Steuerzahler ran. Drei Energiekonzern erhalten so Millionen für das Abschalten der Kraftwerke. Was das für die Jobs bedeutet ist unklar.

In Deutschland sollen in den nächsten Jahren mehr als ein halbes Dutzend Braunkohle-Kraftwerksblöcke zunächst nur noch als Notfall-Reserve vorgehalten und am Ende ganz stillgelegt werden. Das sieht eine Vereinbarung des Bundeswirtschaftsministeriums mit den drei Energiekonzernen vor, wie das Ministerium mitteilte. Die drei betroffenen Stromkonzerne RWE, Vattenfall und Mibrag werden dafür aber mit einem warmen Geldregen entschädigt: Ab Oktober 2016 fließen an sie zusammen für den Zeitraum von sieben Jahren durchschnittlich 230 Millionen Euro pro Jahr, damit sie die Turbinen für Engpässe in Bereitschaft halten.

RWE
RWE 32,45

"Die Maßnahme ist wichtig, um unsere Klimaziele zu erreichen und zugleich sicherzustellen, dass es in den betroffenen Regionen nicht zu Strukturbrüchen kommt", sagte Ressortchef Sigmar Gabriel. Die Braunkohlemeiler blasen bei der Stromproduktion besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid in die Luft. Ohne die Quasi-Stilllegung hätte Deutschland sein selbst gestecktes Ziel verfehlt, 2020 den CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken.

Pro Haushalt werden 1,75 Euro extra fällig

Auch etliche Braunkohle-Bagger dürften künftig öfter ruhen.

Auch etliche Braunkohle-Bagger dürften künftig öfter ruhen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) begrüßte die Einigung. Von den Grünen kam Kritik.

"Mit den konkreten Verabredungen geht die Zeit der Unsicherheit für die Beschäftigten und die Unternehmen zu Ende", sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis. Die Einzelheiten in der Umsetzung auf betrieblicher Ebene könnten jetzt mit den Unternehmen besprochen werden. Doch damit sei es noch nicht getan: "Die Politik steht in der Verantwortung, den durch eigene Entscheidungen verursachten Verlust von Arbeitsplätzen zu kompensieren."

Der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer sagte dagegen, Gabriel schaffe "mit Milliardenkosten eine Kohlereserve, die niemand braucht. Stromkunden und Steuerzahler müssen nun dafür aufkommen, dass die Konzerne die Energiewende verschlafen haben. Das ist der Einstieg in die direkte Subventionierung der Braunkohle."

Zusammen erhalten die Unternehmen für den Zeitraum 1,61 Milliarden Euro, von denen der Löwenanteil an RWE gehen wird. Bezahlen werden die Zeche die Stromkunden über die Netzentgelte, die auf ihrer Rechnung um 0,05 Cent steigen werden. Ein Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunde wird in Zukunft rund 1,75 Euro pro Jahr mehr bezahlen müssen.

RWE erhält Großteil des Geldes

Insgesamt nehmen Vattenfall, RWE und die Mibrag damit schrittweise eine Leistung von 2,7 Gigawatt vom Markt. Das entspricht 13 Prozent der in Deutschland installierten Braunkohleleistung. RWE wird sukzessive auf fünf Blöcke verzichten und kommt damit auf 1,5 Gigawatt, wie das Unternehmen mitteilte. Es handelt sich dabei um zwei Blöcke in Frimmersdorf, zwei Blöcke in Niederaußem und einen Block in Neurath.

Vattenfall plant, dass zwei der sechs Blöcke aus dem Kraftwerk Jänschwalde in die Sicherheitsbereitschaft gehen, wie aus dem Umfeld zu erfahren war. Jeder Block hat eine Leistung von 500 Megawatt.

Die verbleibenden 200 Megawatt kommen von der Mibrag, die Tagebaue und Kraftwerke um Leipzig betreibt. Hier ist das Kraftwerk Buschhaus der Tochter Helmstedter Revier GmbH betroffen. Dem muss der Aufsichtsrat aber am 26. Oktober noch zustimmen.

Infolge dessen würden Arbeitsplätze dauerhaft verloren gehen. "Die vorgesehene Sicherheitsbereitschaft und anschließende Stilllegung werden sich, wenn auch abgemildert, dennoch massiv auf die wirtschaftliche Entwicklung von Mibrag und damit verbunden auf die Arbeitsplätze auswirken", teilte das Unternehmen mit. Derzeit werde zusammen mit den Betriebsräten intensiv an einer wirtschaftlich sinnvollen und sozialverträglichen Lösung gearbeitet.

RWE: Tiefe Einschnitte

Diese Lösung bedeute "einen tiefen Einschnitt, der unserem Unternehmen und unseren Mitarbeitern eine Menge abverlangt", sagte RWE-Vorstandschef Peter Terium. "Für uns steht außer Frage, dass wir die Energiewende konstruktiv mitgestalten. Dieser Wandel muss ohne Strukturbrüche erfolgen."

Ursprünglich plante SPD-Chef Gabriel den CO2-Ausstoß zu drücken, indem er Braunkohlekraftwerken eine Strafabgabe auf CO2 verordnen wollte. Doch nach dem Widerstand aus den Bundesländern mit Braunkohlebergbau und der Gewerkschaft IG Bergbau Chemie Energie schwenkte der Wirtschaftsminister um.

Im Bundeswirtschaftsministerium hofft man darauf, dass das vorgeschlagene Konzept von der EU auch als beihilferechtlich unbedenklich bewertet wird. Ins Bundeskabinett soll die Gesetzesinitiative im November kommen. Das parlamentarische Verfahren könnte dann im ersten Quartal 2016 abgeschlossen werden.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts

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