Wirtschaft

Anleger entzückt, Belegschaft besorgt Royal Mail zündet Kursfeuerwerk

Die britische Post Royal Mail wird begeistert von den Anlegern empfangen. Beim ersten eingeschränkten Handel legt die Aktie prompt um mehr als 30 Prozent zu. Hat sich das Staatsunternehmen zu billig verkauft? Und was wird aus den Mitarbeitern?

Dieser Brief an die Anleger ist angekommen.

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(Foto: dpa)

Die britische Post ist der neue Börsen-Star in London. Aktien der Royal Mail schnellten an ihrem ersten Handelstag zeitweise um 38 Prozent auf 456 Pence in die Höhe. Der Kursanstieg dürfte in Großbritannien die Diskussion darüber befeuern, ob die Regierung das fast ein halbes Jahrtausend alte Unternehmen zu billig abgegeben hat. Schon beim Verkauf der Aktien deutete sich eine riesige Nachfrage an. Die Emission war vielfach überzeichnet, der Ausgabepreis lag mit 330 Pence pro Aktie am oberen Ende der vorher angedachten Spanne.

Mit dem Börsengang ist der britischen Regierung eine der größten Privatisierungen der vergangenen Jahrzehnte gelungen, obwohl es die Royal Mail nicht leicht hat. Wie alle Anbieter leidet sie unter dem schrumpfenden Brief-Geschäft, weil stärker E-Mails versendet werden. Die Deutsche Post spürt dies auch, gleicht den Effekt aber mit dem boomenden Paket-Bereich aus, in dem der Bonner Konzern zu einem der größten Anbieter der Welt aufgestiegen ist. Die Logistiker profitieren hier von immer mehr Auslieferungen für Amazon & Co. Lange waren die Aktien der Deutschen Post an der Börse unter Druck. Mittlerweile liegen sie mit knapp 24 Euro aber zumindest oberhalb ihres Emissionspreises von 21 Euro.

Die Royal Mail ist nach dem Börsengang aktuell 4,5 Milliarden Pfund wert, umgerechnet 5,3 Milliarden Euro. In die Kassen der Regierung werden 1,7 Milliarden Pfund gespült. Der britische Staat hält noch 38 Prozent an dem von Heinrich VIII. gegründeten Unternehmen. Dieser Anteil könnte auf 30 Prozent sinken, wenn eine Mehrzuteilungsoption zum Tragen kommt. Die Einnahmen aus dem Börsengang sollen zur Modernisierung des Zusteller-Netzes genutzt werden. In den vergangenen 19 Jahren hatte die britische Regierung drei erfolglose Versuche unternommen, die Royal Mail zu privatisieren.

Ärger in der Belegschaft

Doch während die Investoren feiern, steigt in der Belegschaft der Ärger. Etwa 30 Post-Mitarbeiter protestierten vor dem Börsen-Gebäude. Am Mittwoch wollen die Beschäftigten über einen Streik abstimmen. Dominic Beck, der seit 20 Jahren für die Post arbeitet, sagte, er fürchte um seinen Arbeitsplatz. "Die Geschichte lehrt uns, dass nach einer Privatisierung die Zahl der Mitarbeiter rasch sinkt."

Die etwa 150.000 Post-Mitarbeiter erhielten zehn Prozent der Aktien - so viele wie bisher in keiner anderen Privatisierung. Nur 368 Postler lehnten das Angebot ab.

Insgesamt gingen Angebote im Volumen von 27 Milliarden Pfund für die Post-Aktien ein. Nach Angaben des britischen Industrieministers Vince Cable griffen vor allem Pensionsfonds und Versicherungskonzerne zu - Investoren, die Aktien in der Regel sehr lange halten. Den Vorwurf, die Papiere seien zu billig abgegeben worden, wies er in der BBC zurück.

Die Post-Aktien werden bis zum 15. Oktober unter Vorbehalt gehandelt, das heißt, dass der Verkauf des Traditionsunternehmens theoretisch noch rückabgewickelt werden könnte.

Quelle: ntv.de, sla/dpa/DJ

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