Wirtschaft

Nachfolger für Space-Shuttle Boeing macht sich auf den Weg ins All

Eine Boeing 747 transportiert den Space Shuttle. Künftig soll das Unternehmen selbst Raumfahrer ins All bringen.

Eine Boeing 747 transportiert den Space Shuttle. Künftig soll das Unternehmen selbst Raumfahrer ins All bringen.

(Foto: REUTERS)

Seit langem sucht die Nasa neue Transporter für Reisen ins All. Nun hat wohl der Konzern Boeing die Nase vorn. Auch der kleinere Partner steht fest. So soll die Abhängigkeit von Russland gesenkt werden. Bis 2017 soll eine Fähre funktionsbereit sein.

Der US-Flugzeugbauer Boeing hat offenbar zwei kleinere Rivalen beim Großteil eines mehrere Milliarden US-Dollar schweren Nasa-Auftrags für "Taxi-Flüge" ins Weltall ausgestochen. Wahrscheinlich werde Boeing bald Astronauten in den Orbit und wieder zurück auf die Erde bringen, erklärten Regierungs- und Luftfahrtvertreter.

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Bei einem endgültigen Zuschlag würde Boeing das relativ junge Unternehmen SpaceX des Tesla-Chefs Elon Musk in die Schranken weisen. SpaceX galt eigentlich wegen geringerer Kosten als Favorit für den Großauftrag. Taxisdienste in den Orbit werden als Meilenstein für alle kommerziellen Aktivitäten im All eingestuft, die Raumfahrt wird bislang noch stärker von staatlichen Stellen organisiert. Eine offizielle Entscheidung wird für diesen Dienstag erwartet.

Boeing baut den Space-Shuttle-Nachfolger

Für Boeing spricht aus Sicht der Regierung von US-Präsident Barack Obama die relativ hohe Sicherheit der Raumkapseln. Auch könnte der Plan noch am ehesten innerhalb von drei Jahren realisiert werden und Astronauten zur Internationalen Raumstation (ISS) bringen. Einzig ein Stimmungsumschwung von Nasa-Chef Charles Bouldon könne Boeing noch einen Strich durch die Rechnung machen, sagen Regierungsvertreter.

Der Flugzeugbauer wird wohl die Nachfolger der legendären Space-Shuttle-Flotte entwickeln und betreiben, die 2011 aussortiert wurde. Das wäre für den Konzern aus Chicago ein echter Durchbruch. Er würde seine Position als treibende Kraft in der bemannten Raumfahrt der USA für mehrere Generationen festigen. Einer der beiden kleineren Bieter - SpaceX oder Sierra Nevada - dürfte bei dem Programm nur einen sekundären Auftrag ergattern, sagten Insider. Als Favorit gelte SpaceX.

Russen verlangen 70 Millionen Dollar - pro Person

Noch verlässt sich die Nasa auf russische Raketen und Kapseln, um US-Astronauten zur Raumstation zu fliegen. Pro Person sind dafür inzwischen 70 Millionen Dollar fällig. US-Abgeordnete und Regierungsvertreter fürchten darüber hinaus die anhaltende Abhängigkeit vom Kreml.

Die US-Raumfahrtbehörde will jetzt einen Kontrakt bis 2017 zu Festpreisen vergeben. Bis dahin soll ein bemannter Demonstrationsflug stattgefunden haben, der an der Raumstation andocken soll. Einige Branchenvertreter rechnen mit einer Vielzahl zusätzlicher Flüge als Teil dieser Auftragsvergaberunde.

Boeing und SpaceX wollten sich nicht konkret zum Ausgang des Bietergefechts äußern. SpaceX verwies aber auf die eigene makellose Erfolgsbilanz bei seinen Missionen mit der Falcon-9-Rakete. Der Konzern hat nach eigenen Angaben mehr Hardware für bemannte Missionen entwickelt als irgendein anderer Wettbewerber.

Wie hoch der potenzielle Auftrag für Boeing ausfällt, ist noch nicht klar. Ein Faktor ist die Zahl der Missionen, die in dem Zuschlag enthalten sein wird. Die Nasa gibt jährlich nahezu 700 Millionen Dollar für die Entwicklung einer in den USA gebauten Alternative zu den russischen Raumsonden aus. Die Behörde könnte im Verlauf eines Jahrzehnts noch milliardenhohe Dollarbeträge in die Hände nehmen, um für Transportdienstleistungen zu zahlen.

Boeing ist langjähriger Nasa-Partner

Boeing spielt in Nasa-Projekten bereits seit vier Dekaden eine Rolle. Der Konzern ist auch wichtigster Kontraktpartner für die Raumstation. Zugleich kommt ihm eine herausragende Funktion bei der Entwicklung einer Nasa-Rakete für Erkundungen in die Tiefe des Alls zu. Viele der Nasa-Ingenieure und Wissenschaftler favorisieren Boeing. Die Firma will Crews mit Atlas-V-Raketen in den Orbit fliegen. Boeing-Vertreter sprachen sich wiederholt gegen die weitere Entwicklung von bemannten CST-100-Kapseln aus, an denen bereits seit drei Jahren getüftelt wird. Einzige Ausnahme: Das Weiße Haus stellte sich vehement hinter ein Festhalten an dem Projekt.

Im Gegensatz dazu betonen SpaceX-Befürworter, dass das Unternehmen in kaum mehr als einem Jahrzehnt aus dem Nichts zwei Raketen, drei verschiedene Triebwerke und eine Kapsel konstruiert habe. Sie erfüllten allesamt die Sicherheitsanforderungen für bemannte Missionen. Gründer und Chef Elon Musk sowie andere Top-Manager der Firma wollen ihre Dragon-Kapsel weiter erproben und entwickeln - unabhängig von der Nasa-Entscheidung.

Boeing und seine Unterstützer im Kongress plädieren energisch für die Vergabe an nur einen Kontrahenten. Ihr Argument: Die Nasa könne sich keine zwei Vertragspartner leisten. Zwei Unternehmen im Boot zu haben, könne der Nasa mehr Optionen und Spielräume liefern, wirft dagegen der designierte Präsident des Branchenverbands CSF, Eric Stallmer, ein. Diese Meinung hallt im Weißen Haus und sogar unter Nasa-Vertretern wider, die keine Abhängigkeit von einem Lieferanten für einen Transport in den Orbit mehr wollen.

Wie auch immer die Entscheidung ausfällt: Ein Aspekt des Boeing-Vorschlags hat schon für eine Menge Zündstoff innerhalb der Nasa, des Pentagons und unter Wissenschaftsberatern des Weißen Hauses gesorgt. Zur Atlas-V-Rakete gehört ein von Russland gefertigtes Triebwerk. Die Obama-Administration hatte jedoch immer wieder betont, dass sie eine hundertprozentige einheimische Alternative anstrebt, allein schon um für die eigenen Militärsatelliten einen sicheren Zugang ins All zu garantieren. Solche Sorgen um die nationale Sicherheit dürften in die Entscheidung der Nasa miteinfließen, so heutige und frühere Regierungsvertreter.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ

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