Wirtschaft

"Egoistisches Anspruchsdenken" Bodenpersonal murrt über Lufthansa-Piloten

Rund 160.000 Lufthansa-Kunden waren vom jüngsten Streik Anfang der Woche betroffen.

Rund 160.000 Lufthansa-Kunden waren vom jüngsten Streik Anfang der Woche betroffen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Piloten der Lufthansa drohen mit weiteren Streiks - nur den Zeitpunkt lassen sie offen. Die nicht enden wollenden Ausstände kosten die Airline Millionen, sagen Experten. Auch deshalb kritisiert nun das Bodenpersonal der Lufthansa die Piloten-Gewerkschaft.

Passagiere müssen wegen des ungelösten Tarifkonflikts zwischen den Piloten und der Lufthansa in den nächsten Tagen und Wochen um ihre Flüge zittern. Für den Konzern kommt dies teuer zu stehen, schätzen Experten. Unterdessen übt das Bodenpersonal der Airline Kritik an den andauernden Ausständen - und schreibt einen offenen Brief an die Pilotengewerkschaft.

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"Wir bleiben streikbereit, in dieser Woche, in der nächsten Woche und in der Zeit danach", sagte Markus Wahl, Vorstand der Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit. Die Lufthansa habe auch nach dem Ende des 35-stündigen Streiks Anfang der Woche, der gut 160.000 Lufthansa-Kunden traf, kein neues Tarifangebot vorgelegt. "Wir haben den Eindruck, dass die Lufthansa gar nicht verhandeln will." Die Lufthansa wies das zurück. "Wir sind bereit, alle strittigen Punkte zu verhandeln", sagte ein Konzernsprecher. Jedoch müsse dies auf Basis des vor Monaten vorgelegten Tarifangebots geschehen.

Der seit sieben Monaten schwelende Konflikt um die im Branchenvergleich üppige Frührentenregelung der 5400 Lufthansa-Piloten eskalierte zuletzt. Die Flugzeugführer legten von Montagmittag bis Dienstagmitternacht die Arbeit nieder, zwei von drei Lufthansa-Verbindungen fielen aus. Danach pendelte sich der Flugbetrieb schnell wieder ein, am Mittwoch kam es kaum noch zu Annullierungen.

Airline erwartet eine Milliarde Euro operativen Gewinn

Die bislang acht Arbeitsniederlegungen der Piloten in diesem Jahr kosteten die Lufthansa Experten zufolge zusammengerechnet etwa 100 Millionen Euro. Genauere Angaben dürfte der Konzern am 30. Oktober mit Vorstellung der Geschäftszahlen der ersten neun Monate veröffentlichen. Für dieses Jahr erwartet die größte Airline Europas rund eine Milliarde Euro operativen Gewinn.

Die Flugzeugführer kämpfen für die Beibehaltung der Frührentenregelung. Die Lufthansa sieht sich wegen harter Konkurrenz außerstande, die im Branchenvergleich großzügigen Vorruhestandsregeln weiter zu finanzieren. Bislang konnten die Piloten frühestens mit 55 Jahren das Steuer aus der Hand legen - durchschnittlich starten sie mit 59 Jahren in die Rente. Die Lufthansa will den Schnitt auf 61 Jahre erhöhen. Zudem kämpfen die Piloten gegen die Lufthansa-Sparbemühungen.

Der Konzernumbau geht trotz des Piloten-Ausstands unvermindert weiter. Jüngster Schritt ist die Auslagerung der IT-Infrastruktur an den amerikanischen IBM-Konzern. Die Fluggesellschaft verspricht sich davon bei den IT-Aufwendungen jährliche Einsparungen von 70 Millionen Euro. Der Outsourcing-Schritt solle einmalig in diesem Jahr etwa 240 Millionen Euro vor Steuern kosten, teilte die Lufthansa mit. An den endgültigen Vertragskonditionen werde zwar noch gefeilt.

Geplant sei aber, dass alle rund 1400 Beschäftigten des Infrastruktur-Bereichs von IBM übernommen werden. Die Sparte betreibt unter anderem ein Rechenzentrum in Kelsterbach bei Frankfurt und ein Callcenter in Flensburg.

Bodenpersonal kritisiert Piloten-Streiks

Innerhalb des Lufthansa-Bodenpersonals macht sich Unmut über die Streiks der Piloten breit. Schichtleiter in Frankfurt warfen der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit in einem offenen Brief vor, durch die Ausstände entstehe "für alle Mitarbeiter der Lufthansa Group ein enormer wirtschaftlicher Schaden und auf der Seite der Passagiere ein unwiderruflicher Image- und Vertrauensverlust". Über das Schreiben hatte zuvor der Deutschlandfunk berichtet.

Nach dessen Angaben haben rund 1000 Lufthansa-Mitarbeiter den Brief unterschrieben. Laut der Gewerkschaft war ein Schreiben eingegangen, zu Details wurden aber keine Angaben gemacht. In dem anscheinend vor dem fünften Ausstand Ende September verfassten Schreiben heißt es, jeder Streiktag bedeute eine hohe physische und wie auch persönliche Belastung für das Bodenpersonal. Die Streiks würde auf dem Rücken tausender Kunden und Mitarbeiter ausgetragen. Ein möglicher Erfolg des sehr "egoistischen Anspruchsdenkens" werde nachhaltige Auswirkungen auf den Rest der Lufthansa-Belegschaft haben.

Ein Gewerkschaftssprecher sagte, man bedauere zusätzliche Belastungen von Kollegen am Boden und in der Kabine. "Aber die Piloten wehren sich gegen ein Tarifdiktat."

Quelle: ntv.de, kst/rts

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