Wirtschaft

Anleger strafen Baukonzern ab Bilfinger-Aktie sackt ab

Gute Beziehungen in die Politik alleine reichen nicht: Roland Koch muss sich eine neue Aufgabe suchen.

Gute Beziehungen in die Politik alleine reichen nicht: Roland Koch muss sich eine neue Aufgabe suchen.

(Foto: dpa)

Roland Kochs Ausflug in die freie Wirtschaft endet mit einem unrühmlichen Abschied und einem kapitalen Kursrutsch: Stärker als die Personalie stehen an der Börse jedoch die nackten Zahlen im Vordergrund. Ein Analyst der Deutschen Bank spricht von beunruhigenden Aussagen.

Die Reaktionen an der Börse sprechen eine deutliche Sprache: Der Aktienkurs des Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger ist am Morgen nach der unerwarteten Gewinnwarnung steil auf Talfahrt gegangen. Die Bilfinger-Aktie verlor im Nebenwerteindex MDax zwischenzeitlich bis zu 14 Prozent. Gegen Mittag belief sich das Kursminus noch auf knapp 8 Prozent. Am Abend ging die Bilfinger-Aktie mit einem Abschlag von 9,7 Prozent bei 55,03 Euro aus dem Handel. Noch im April hatte der Kurs ein 52-Wochenhoch bei 93,05 Euro erreicht.

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Bilfinger 44,90

Beobachter sprachen von einem der größten Tagesverluste der Firmengeschichte. Der Kursrutsch entspricht einem Verlust an Börsenwert von rund 374 Millionen Euro. Mit 52,50 Euro waren die Papiere zeitweise so billig wie zuletzt Anfang Oktober 2011. Dabei wechselten innerhalb der ersten Handelsstunde bereits mehr als vier Mal so viele Bilfinger-Papiere den Besitzer wie an einem gesamten Durchschnittstag.

Am Vorabend hatte das Unternehmen nach Börsenschluss schlechte Nachrichten bekanntgegeben: Aufgrund einer nochmals reduzierten Ergebnisprognose in der Kraftwerkssparte musste Bilfinger die Vorhersagen für das Gesamtjahr abermals anpassen. Gleichzeitig kündigte der Mannheimer Baukonzern das vorzeitige Ausscheiden von Vorstandschef Roland Koch an.

Kochs offizielle Berufung Ende Oktober 2010 hatte Bilfinger binnen eines Tages etwa 100 Millionen Euro an Börsenwert gekostet. Auch unter seiner Führung ab Juli 2011 ging es für die Titel eher abwärts. Aktuell notieren sie etwa 20 Prozent unter dem Stand von vor drei Jahren. Der Nebenwerte-Index MDax legte im selben Zeitraum gut 40 Prozent zu.

Strukturelle Schwierigkeiten

"Politiker will der Markt nicht an der Spitze von börsennotierten Unternehmen sehen", erklärte Analyst in einer ersten Einschätzung. Insofern sei hier nun ein Malus von der Aktie genommen worden. Auch die Gewinnwarnung an sich werde daher wohl eher "positiv" gesehen. Diese Ansicht wurde am Markt offensichtlich nicht geteilt.

"Die Gewinnwarnung kommt überraschend", schrieb DZ Bank-Analyst Jasko Terzic in einem Kommentar. Dies könne auf eine deutliche Verschlechterung der Geschäftsentwicklung in der Energiesparte hindeuten. Vor diesem Hintergrund sei es schwieriger geworden, die Dividende auf dem bisherigen Niveau zu halten. Die Kursverluste der vergangenen Monate spiegelten allerdings die erneut gesenkten Gesamtjahresziele weitgehend wider, fügte Terzic hinzu.

Angesichts der Unsicherheiten auf den Strommärkten in Deutschland und Mitteleuropa dürften die Probleme des Konzerns eher struktureller Natur sein, schrieb Analyst Mario Becherer von der Deutschen Bank. Die weitere Geschäftsentwicklung sei daher auch trotz laufender Spar- und Restrukturierungsmaßnahmen nur schwer vorherzusehen.

Zahlenvorlage am kommenden Montag

Die jüngsten Aussagen seien ähnlich beunruhigend wie die bei der letzten Warnung, fasste Becherer seine Eindrücke zusammen. Nach Einschätzung von Goldman Sachs kommt es nun darauf an, wie sich das Management bei der Vorlage der Quartalsbilanz am 11. August verhält, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen.

In der breiten Öffentlichkeit steht der Rücktritt von Roland Koch stärker im Vordergrund als die nackten Zahlen. "Wie üblich beim Austausch von Spitzenmanagern dürften sämtliche negativen Faktoren hier zusammengeworfen werden, so dass die Nachfolger gleich mit guten Steigerungen bei Gewinn, Umsatz oder ähnlichem aufwarten können. Und die Börse schaut nur in Richtung Zukunft", gab sich ein Händler zuversichtlich.

Börsianer trauen der Aktie eine kurzfristige Kehrtwende zu: Einzelnen Einschätzungen zufolge könnten die Bilfinger-Titel wegen des parallel verkündeten Abgangs von Koch bald wieder ins Plus drehen.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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