Wirtschaft

EU-Kredite zweckentfremdet? Betrugsbehörde fordert Ermittlungen bei VW

Die VW-Zentrale in Wolfsburg.

Die VW-Zentrale in Wolfsburg.

(Foto: picture alliance / Julian Strate)

Um seine Ökobilanz zu verbessern, erhält Volkswagen 2009 einen 400-Millionen-Kredit von der Europäischen Investitionsbank. Doch möglicherweise nutzt das Unternehmen das Geld stattdessen, um Technologien für die Manipulation von Abgaswerten zu entwickeln.

Wegen des Abgasskandals mit Millionen manipulierter Volkswagen-Dieselmotoren erhöhen auch EU-Fahnder den Druck auf den Autobauer. Bei seinen Ermittlungen fand das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) offensichtlich konkrete Hinweise auf Fehlverhalten von Verantwortlichen des Autokonzerns.

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Wie die Behörde in Brüssel zum Abschluss einer Untersuchung mitteilte, wurden die deutschen Strafverfolgungsbehörden ersucht, rechtliche Schritte in Erwägung zu ziehen. Der Staatsanwaltschaft Braunschweig sei eine sogenannte justizielle Empfehlung übermittelt worden. Volkswagen weist die Vorwürfe zurück.

Der Braunschweiger Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe bestätigte den Eingang der Unterlagen, die seit Ende vergangener Woche vorlägen und zunächst übersetzt werden müssten, was einige Tage dauern werde. Ziehe sprach von einem "Dreiklang aus Übermittlung, Übersetzung, Überprüfung".

Nach der Prüfung der Unterlagen werde entschieden, ob die Staatsanwaltschaft "örtlich und sachlich für den mitgeteilten Sachverhalt strafrechtlich zuständig ist, das heißt, ob sich aus ihm der Anfangsverdacht von Straftaten ergibt, die von der Staatsanwaltschaft Braunschweig zu verfolgen sind".

Investitionsbank widerspricht VW

Schon seit 2015 ermittelte Olaf in der Frage, ob VW von der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu Unrecht Kredite erhalten oder EU-Gelder für Forschung und Entwicklung zweckentfremdet hat. Dies könnte der Fall sein, wenn die Mittel in die Entwicklung von Motoren mit manipulierter Abgassteuerung geflossen sein sollten.

Volkswagen hatte bereits im Mai 2016 vorzeitig EIB-Darlehen von 975 Millionen Euro zurückgezahlt. Ein VW-Sprecher kommentierte das damals mit den Worten, der Autobauer wolle damit "jeden Verdacht" im Zusammenhang mit den Ermittlungen ausräumen.

Nun erklärt der Konzern: "Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass sämtliche finanziellen Mittel, die Volkswagen von der Europäischen Union erhalten hat, zweckgemäß verwendet wurden. Dies gilt auch für Kredite der Europäischen Investitionsbank, die in der Vergangenheit gewährt wurden." Zu diesem Ergebnis sei auch die Bank selbst in einer Untersuchung gekommen, die sie Anfang des Jahres abgeschlossen habe.

Vorwürfe gegen zwei Mitarbeiter

EIB-Präsident Werner Hoyer widersprach allerdings dieser Darstellung. Er ließ mitteilen, dass weiter nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Kredit in Höhe von 400 Millionen Euro auch zur Entwicklung von Motoren mit manipulierter Abgassteuerung benutzt worden sei. "Die EIB hat ihre eigenen Ermittlungen in dem Fall noch nicht abgeschlossen", hieß es. Alle Geschäftsbeziehungen mit VW seien derzeit auf Eis gelegt. Olaf riet der EIB, "aktive Schritte" einzuleiten.

Die Olaf-Fahner machten zu den Inhalten ihres Abschlussberichts aus Datenschutzgründen zunächst keine näheren Angaben. Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" geht es in dem an die Staatsanwaltschaft in Braunschweig übermittelten Papieren aber ganz konkret um Vorwürfe gegen zwei VW-Mitarbeiter. Sie könnten beim Aushandeln des EIB-Kredits im Jahr 2008 bewusst verheimlicht haben, dass bei Volkswagen an der "defeat device" genannten Abschalteinrichtung der Abgasreinigung gearbeitet wurde. Einer der Mitarbeiter habe Volkswagen mittlerweile verlassen, der Verbleib des anderen sei unklar, berichtete das "Wall Street Journal".

Die Dieselaffäre war vor knapp zwei Jahren ins Rollen gekommen, als VW nach US-Ermittlungen einräumte, in Millionen von Fahrzeugen eine Manipulationssoftware eingebaut zu haben. Diese sorgte dafür, dass der Schadstoffausstoß bei Tests durch die Behörden niedriger ausfiel als später auf der Straße. Volkswagen gab im September 2015 zu, Stickoxid-Werte bei Dieselwagen manipuliert zu haben. Im In- wie Ausland ist der Konzern mit zahlreichen Anleger- und Zivilklagen konfrontiert. Aber auch andere Autobauer, darunter Daimler, sehen sich mit solchen Vorwürfen konfrontiert.

Quelle: ntv.de, mli/chr/dpa/AFP

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