Wirtschaft

Zweitgrößter Deal des Konzerns Bayer bei Merck auf der Zielgeraden

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(Foto: REUTERS)

Im Bieterrennen um das Geschäft mit rezeptfreien Arzneien des US-Pharmakonzerns Merck & Co steht Bayer offenbar kurz vor dem Ziel. Im Bereich rezeptfreie Arzneien könnten die Leverkusener Marktführer werden.

Der Pharma-Riese Bayer steht offenbar kurz vor der zweitgrößten Übernahme der Firmengeschichte. Für rund 14 Milliarden Dollar werde der deutsche Aspirin-Hersteller wohl bald das Geschäft mit rezeptfreien Produkten des US-Pharmakonzerns Merck & Co kaufen, sagten mehrere Insider. Beide Firmen arbeiteten an letzten Details einer Vereinbarung, die schon in den kommenden Tagen bekanntgegeben werden könnte. Mehr für ein anderes Unternehmen hat Bayer bislang nur 2006 beim Kauf des Berliner Medikamentenherstellers Schering für fast 17 Milliarden Euro ausgegeben.

Mit der Übernahme käme Bayer-Chef Marijn Dekkers seinem Ziel näher, in dem Geschäft mit rezeptfreien Arzneien die Weltmarktspitze zu erobern und den US-Konzern Johnson & Johnson vom Thron zu stoßen. An diesem Ziel habe sich nichts geändert, hatte Dekkers noch am Dienstag gesagt. Der Weg für Bayer zu einem Deal ist frei geworden, nachdem sich der letzte Mitbewerber Reckitt Benckiser aus dem Bieterrennen verabschiedet hatte.

Rezeptfreie Arzneien weniger schwankungsanfällig

Die Leverkusener kamen im vergangenen Jahr in dem Segment auf Umsätze von 3,9 Milliarden Euro mit Präparaten wie Aspirin, Alka Seltzer und dem Magenmittel Rennie. Für die Merck-Sparte, die Dr. Scholl's-Fußpflegeprodukte, Coppertone-Sonnencremes und das Allergiemittel Claritin produziert, waren Bayer und Reckitt mit Geboten von zuletzt je rund 13,5 Milliarden Dollar Favoriten. Merck hatte mit den frei verkäuflichen Produkten 2013 rund 1,9 Milliarden Dollar Umsatz eingefahren. Bayer lehnte am Freitag erneut eine Stellungnahme ab.

Rezeptfreie Arzneien wie Husten-Pastillen und Schnupfenmittel werfen zwar oft weniger Rendite ab als verschreibungspflichtige Medikamente für schwere Krankheiten. Dafür gilt das Geschäft als weniger risikoreich - und es liefert stabile Einnahmen. Weltweit werden mit diesen Präparaten und Gesundheitsprodukten etwa 200 Milliarden Dollar im Jahr umgesetzt.

Bayer hatte bereits 2004, noch unter Dekkers' Vorgänger Werner Wenning, sein Geschäft mit verschreibungsfreien Präparaten mit dem Kauf der enstprechenden Sparte des Schweizer Pharmariesen Roche gestärkt. 2012 sollte ein weiterer Schritt zum Ausbau des Geschäfts folgen: Bayer wollte die US-Firma Schiff Nutrition übernehmen. Reckitt Benckiser schlug Bayer damals aber aus dem Feld. In einem anderen Bereich hat Dekkers im laufenden Jahr schon einmal zugeschlagen - 2,1 Milliarden Euro legte er für den Krebsspezialisten Algeta aus Norwegen auf den Tisch. Das Krebsgeschäft verspricht hohe Wachstumsraten.

Finanzierung wird Kraftakt

Für die Finanzierung eines Kaufs der Merck&Co-Sparte müsste Bayer sich strecken. Die Nettoverschuldung des Konzerns lag zum Ende des ersten Quartals bei 9,1 Milliarden Euro. Analysten zufolge könnte Bayer trotzdem den vollen Kaufpreis über Kredite oder Anleihen aufbringen und bar auf den Tisch legen. Im Gespräch ist Insidern zufolge auch ein Anteilstausch. Spekuliert wird, die Leverkusener könnten ihre Tiermedizinsparte in die Waagschale werfen und den Rest des Kaufpreises bar begleichen. In Branchenkreisen gilt es aber als unwahrscheinlich, dass sich Bayer von dem Segment trennt. Mit Präparaten wie Floh- und Zeckenmitteln für Haustiere und Impfstoffen für Nutztiere erzielten die Leverkusener 2013 Umsätze von 1,3 Milliarden Euro.

Derzeit rollt eine Fusionswelle durch die Pharmabranche, weil sich die Konzerne wegen Patentabläufen einer neuen Konkurrenz durch Nachahmerprodukte stellen müssen und sie sich auch wegen der Kürzungen im staatlichen Gesundheitswesen umorientieren. So hatte die Merck-Sparte auch Rivalen aufhorchen lassen. Novartis, Procter & Gamble, Boehringer Ingelheim und Sanofi hatten laut früheren Informationen von Insidern Interesse. Gegen den Versuch des US-Pharmagiganten Pfizer, den britischen Rivalen AstraZeneca zu übernehmen, sieht ein Kauf der Merck-Sparte durch Bayer eher wie ein Fall für die Portokasse aus. Pfizer stockte sein Angebot am Freitag auf 106 Milliarden Dollar auf, es wäre die größte Übernahme in der Geschichte der Pharmabranche. AstraZeneca lehnt das Gebot allerdings ab.

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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