Wirtschaft

Italien bereitet Sorgen Bankenkrise birgt Ansteckungsgefahr

Italiens Premier Renzi sieht weniger ein Problem Italiens, sondern Gesamteuropas.

Italiens Premier Renzi sieht weniger ein Problem Italiens, sondern Gesamteuropas.

(Foto: REUTERS)

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank wünscht sich ein 150-Milliarden-Euro-schweres Rettungspaket für Europas Banken. Die Summe zeigt, wie groß die Probleme der Institute sind. Und sie könnten noch wachsen.

Endlich Erholung bei europäischen Bankaktien: Der Stoxx Europe 600 Banks Index, der die Kursentwicklung von 48 Geldhäusern abbildet, ist nach Wochen des Abwärtstrends gegenüber dem Mehrjahrestief von vor ein paar Tagen wieder deutlich nach oben geklettert.

Und das, obwohl die Probleme der Banken nicht gelöst sind. Vor allem italienische Geldhäuser bereiten Sorgen, schließlich sitzen sie auf faulen Krediten von 360 Milliarden Euro, die womöglich nicht zurückgezahlt werden. Mit einer schwächeren Wirtschaftsentwicklung und mehr Arbeitslosigkeit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wackelige Kredite nicht zurückgezahlt werden. Der Abbau kann nur gelingen, indem Banken  faule Kredite mit deutlichen Verlusten verkauft und hohe Abschreibungen vornimmt. Dafür aber fehlen die Kapitalpuffer. Regierungschef Matteo Renzi will die Banken-Probleme seines Landes mit Staatsgarantien und notfalls auch Steuergeldern lindern.

Das ist in der Europäischen Union aber nur erlaubt, nachdem auch private Gläubiger herangezogen wurden. Und genau das will Renzi verhindern, weil in Italien viele Kleinsparer ihr Geld in Aktien und Anleihen der heimischen Banken gesteckt haben.

Die Börse setzt derzeit darauf, dass sich die italienische Regierung mit der EU dennoch zügig auf ein Rettungspaket für die heimischen Banken einigen wird, bei der die Anleihegläubiger und entgegen den Regeln der EU verschont werden.

Denn eine Stabilisierung der italienischen Banken ist dringend notwendig, um eine weitere Infizierung der Banken aus anderen Ländern der Eurozone zu verhindern. Die Institute haben weiterhin enorme Probleme, wie eine schwache Profitabilität und geringe Kapitalpuffer, weshalb David Folkerts-Landau, der Chefvolkswirt der Deutschen Bank zuletzt ein Rettungspaket von 150 Milliarden Euro gefordert hat.

Was macht die EZB?

Die Gefahr ist groß, dass es sich bei der Erholung der Bankaktien nur um eine technische Reaktion handelt und die Papiere schon bald wieder nach unten drehen – denn das fundamentale Umfeld bleibt sehr herausfordernd. Sollte die Europäische Zentralbank als Reaktion auf die Krise in dem Sektor ihr Anleihenkaufprogramm von aktuell 80 Milliarden Euro pro Monat noch weiter aufstocken, würden die Zinsen in der Eurozone noch weiter in den Strafzinsbereich sinken und damit die Banken noch mehr belasten als ohnehin schon, weil der Zinsüberschuss – ehemals ein wichtiger Gewinnlieferant – noch weiter wegbrechen würde.

Zu einer kurzfristigen Beruhigung in dem Sektor könnte es allerdings kommen, falls die EZB ankündigt, neben Staats- und Unternehmensanleihen künftig auch Bankanleihen zu kaufen. Das würde die Kurse der Bankanleihen stützen, wenn die Investoren und viele Privatanleger wüssten, dass sie im Notfall ihre Papiere an die EZB verkaufen könnten.

Eine Stützung der Banken ist notwendiger denn je. "Europas Banken sind untereinander relativ stark vernetzt, eine italienische Bankenkrise stellt somit ein systematisches Risiko für die Eurozone dar. So mag es kurzfristig für viele europäische Banken hilfreich sein, wenn eine staatliche Bankenrettung umgesetzt wird. Im langfristigen Interesse der Eurozone sollten allerdings die neuen EU-Richtlinien nicht gänzlich ignoriert werden", sagt Klaus Bauknecht, Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank.

Wie schwierig die Situation ist, zeigt ein Blick in die Bilanzen: Die faulen Kredite der italienischer Banken entsprechen 16 Prozent des gesamten Kreditvolumens. Der Vergleichswert für französische Institute liegt bei lediglich 3,5 Prozent. Wenn aber die Krise bei den italienischen Instituten weitergeht, werden sie zusehends den Sektor in der gesamten Eurozone infizieren, weil etwa französische Banken kräftig Kredite nach Italien vergeben haben. Entsprechend dürften die Sorgen der Investoren zunehmen, dass bei wachsenden Problemen für die italienischen Banken das Volumen an notleidenden Krediten in Frankreich allmählich zunehmen könnte.

Deutsche Bank besonders betroffen

Neben den faulen Krediten machen sich Investoren aus einem anderen Grund erhebliche Sorgen um etliche europäische Banken: wegen des hohen Engagements im Derivate-Bereich. Ende 2015 lag es bei der Deutschen Bank bei herben 41,9 Billionen Euro – das ist das 13,8fache der Wirtschaftsleistung Deutschlands. 32,9 Billionen davon entfallen auf den Zinsbereich und 6,4 Billionen auf den Währungsbereich. Derivate sind Finanzinstrumente, deren Kurs sich aus anderen Werten wie Aktien oder Währungen ableitet. Sollten die Turbulenzen am Finanzmarkt zurückkehren, könnte die Aktie der Deutschen Bank deshalb erneut kräftig unter Druck kommen.

In einem derartigen Umfeld wächst die Gefahr, dass es auch zu einer Infizierung der US-Banken kommt. Zwar hat sich der KBW Nasdaq Bank Index, der die Kursentwicklung von 24 US-Instituten widerspiegelt, bislang gut gehalten. Zuletzt waren aber die Zinsen in den USA auf Rekordtiefs gesunken, ehe sich die Zinsen etwas erholt haben. Entsprechend nimmt der Druck auf die US-Banken allmählich zu.

Gestützt werden die US-Banken hingegen von der Hausse am US-Aktienmarkt. Sollte er aber nach unten drehen, könnten Investoren verstärkt auf das Engagement im Derivate-Bereich achten. Es liegt beispielsweise bei JP Morgan bei hohen 50,7 Billionen Dollar. Umso genauer werden Investoren auf die Aktien der großen US-Banken schauen, falls sich die Krise bei den europäischen Instituten zuspitzen sollte.

Quelle: ntv.de

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