Wirtschaft

EZB verteilt Noten Banken erwarten Zeugnisse

Während einige Banken auf ein glänzendes Zeugnis hoffen, fürchten andere schlechte Noten.

Während einige Banken auf ein glänzendes Zeugnis hoffen, fürchten andere schlechte Noten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Am Sonntag legt die EZB die Ergebnisse des Bankenstresstests vor. Die Notenbank erwartet, dass der Test das Vertrauen in die Kreditinstitute stärkt und sie dann verstärkt Kredite vergeben. Das ist allerdings eine sehr gewagte These.

Erleichterung bei den deutschen Banken: Angeblich hat die HSH Nordbank, die bisher als größter Wackelkandidat aus Deutschland beim EZB-Stresstest gegolten hatte, die Prüfung bestanden. Das berichtet zumindest die Nachrichtenagentur Reuters. Investoren hatten bislang Sorgen, denn die Landesbank hat Milliardenkredite an die kriselnde Schifffahrtindustrie vergeben.

Laut Reuters hat auch die Commerzbank den Stresstest der EZB passiert. Ende 2013 hatte das Institut 14 Milliarden Euro an Schifffahrtskrediten in den Büchern. Nach dem Abbau von Risiken und der Schrumpfung der Bilanz soll die Kapitaldecke der Commerzbank allerdings groß genug sein, um eventuell auftretende Risiken abzufedern.

Bei den Geldhäusern außerhalb Deutschlands dürfte hingegen weiter Unruhe herrschen. Die spanische Nachrichtenagentur Efe hatte berichtet, dass mindestens elf Institute den Test nicht bestanden hätten - darunter Institute aus Österreich, Italien, Griechenland, Portugal und Zypern. Die österreichische Erste Group, die zu den von Efe genannten Instituten gehört, gab sich allerdings zuversichtlich. "Ausgehend von unseren Gesprächen mit den Aufsehern haben wir keine Indikation, dass wir nicht bestehen", sagte ein Erste-Sprecher.

Drei Jahre Krise

Die EZB unterzieht 130 Banken einem Stresstest ehe die Notenbank am 4. November die Aufsicht über die Institute übernimmt. In dem Test untersucht die EZB unter anderem, wie sich das harte Kernkapital der Banken entwickelt, wenn in einem Krisenszenario die Wirtschaft der Europäischen Union im Jahr 2014 um 0,7 Prozent schrumpft und 2015 um weitere 1,5 Prozent zurückgeht, ehe sie 2016 um 0,1 Prozent wächst.

Der Stresstest setzt auf dem Asset Quality Review (AQR) auf, also der Überprüfung der Aktiva der Bank, zum Stichtag 31. Dezember 2013. Zu den Aktiva gehören beispielsweise die Forderungen an Kunden und die Forderungen an Kreditinstitute. Um den AQR zu bestehen, müssen die Banken eine harte Kernkapitalquote von mindestens acht Prozent erreichen. Bei dieser Kennzahl wird das harte Kernkapital durch die risikogewichteten Aktiva dividiert.

Erfüllt eine Bank die Anforderungen an das Eigenkapital beim AQR oder beim Stresstest nicht, haben die Institute sechs bis neun Monate Zeit, um den Kapitalbedarf zu decken. Ende 2013 hatte die Commerzbank nach den erst ab 2019 gültigen Base-3-Regeln eine harte Kernkapitalquote von neun Prozent. Entscheidend ist, ob die EZB nun strenge Bewertungsmaßstäbe anlegt. Das könnte dazu führen, dass die harte Kernkapitalquote unter das Niveau sinkt, dass die Banken selbst angeben.

Stresstest kann nicht streng sein

Keine Probleme dürfte die Deutsche Bank bei dem Stresstest haben. Die harte Kernkapitalquote lag Ende 2013 bei 9,7 Prozent. Nach der Kapitalerhöhung vom Juni stieg die Quote zum Ende des zweiten Quartals auf 11,5 Prozent.

Experten erwarten zudem, dass der Immobilienfinanzierer Aareal Bank den Test problemlos besteht. Im Fokus vieler Anleger hierzulande steht zudem die italienische UniCredit. Sie hatte Ende 2013 eine harte Kernkapitalquote von 9,4 Prozent.

EZB-Chef Mario Draghi steckt in der Klemme. Der Stresstest müsste eigentlich streng genug sein, um das Vertrauen der Investoren in die Banken zu stärken. Etliche Investoren dürften sich allerdings an die Institute, wie die spanische Bankia oder die belgische Dexia erinnern, die frühere Stresstests mit Bravour bestanden hatten, nur um später verstaatlicht zu werden.

"Der Stresstest sollte sich positiv auf den europäischen Bankensektor auswirken. Wahrscheinlich werden alle großen systemrelevanten Banken bestehen, was im Vergleich zu früheren Tests eine viel schwierigere Übung ist. Zwar werden ein paar unbedeutendere Banken voraussichtlich durchfallen, aber den meisten betroffenen Banken ist dies bekannt und sie haben das vergangene Jahr vermutlich dazu genutzt, die Probleme zu lösen, welche die Tests aufdecken", ist Laurant Frings, Anleihen-Experte bei Aberdeen Asset Management, dennoch zuversichtlich.

Allerdings kann der Stresstest nicht rigoros ausfallen, würde er doch vor allem die Institute aus der Peripherie der Euro-Zone erheblich unter Druck bringen. Deswegen bleibt es zweifelhaft, ob Draghi das Vertrauen der Investoren in die Institute stärken kann. Nach Berechnungen der Ratingagentur Fitch sitzen die europäischen Banken auf faulen Krediten von mehr als einer Billion Euro.

EZB kann Kreditvergabe nicht ankurbeln

Etliche Experten bezweifeln zudem, dass nach dem Stresstest die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen in Schwung kommen wird. "Anders als EZB-Präsident Draghi erwarten wir von dem Abschluss der Überprüfung der Bankenbilanzen und des Stresstests keinen Schub für Kreditvergabe und Konjunktur im Euroraum. Denn nach unserer empirischen Analyse schrumpft der Kreditbestand in erster Linie nicht wegen eines beschränkten Angebots, sondern wegen einer – konjunkturell bedingten – schwachen Nachfrage. Und an dieser dürfte sich vorerst wenig ändern", schrieb Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank zuletzt. Im Klartext: Die Kreditvergabe ist nicht deswegen schwach, weil die Banken zu wenige Kredite anbieten, sondern weil die privaten Haushalten und die Unternehmen wegen der drohenden Rezession kaum Kredite nachfragen.

Viele Bankaktien könnten sich kurzfristig weiter erholen. Denn mit der Veröffentlichung der Ergebnisse des Stresstest entfällt ein wichtiger Unsicherheitsfaktor. Die Investoren könnten sich allerdings schon bald wieder auf die Probleme der Institute fokussieren. "Dennoch können die Stresstests nicht die umfassenderen und strukturellen Probleme überspielen, mit denen sich die europäischen Banken konfrontiert sehen. Es gibt immer noch viele Themen, die Bankenchefs nachts nicht schlafen lassen. Dazu gehören der düstere Ausblick für die europäischen Volkswirtschaften, geopolitische Risiken oder die niedrige strukturelle Profitabilität der meisten Banken", meint Aberdeen-Experte Frings.

Quelle: ntv.de

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