Wirtschaft

Europaweite Sammelklagen Anwälte verbünden sich gegen Volkswagen

Volkswagen spielt auf Zeit - um Entschädigungen an europäische Kunden zu entgehen.

Volkswagen spielt auf Zeit - um Entschädigungen an europäische Kunden zu entgehen.

(Foto: picture alliance / Jan Woitas/dp)

Volkswagen verweigert im Abgas-Skandal Zahlungen an geschädigte Kunden in Europa. Anwälte und Verbraucherschützer wollen nun ihre Kräfte bündeln. Man setzt auf ein Verfahren in den Niederlanden - und wendet sich direkt an Whistleblower.

Im Abgasskandal um Volkswagen haben ein Verbund von Juristen und zwei Verbraucherschutzorganisationen den Druck auf den Autohersteller erhöht. Unter der Führung des ehemaligen Bundesinnenministers Gerhart Baum wollen sie europaweit die Klagen gegen den Konzern koordinieren, juristisch zusammenarbeiten und Gutachten von Sachverständigen austauschen.

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"Der VW-Konzern kommt seiner Verantwortung in keiner Weise nach. Er setzt auf Zeit, die Verjährung droht weiter", kritisierte Baum in Berlin. Ziel der Juristen und Verbraucherschützer ist es, den Autokonzern dazu zu bringen, europaweit einer Entschädigung geprellter VW-Käufer mit manipulierten Diesel-Motoren zuzustimmen.

Anders als in den USA haben sie in Europa bisher keine Kompensationszahlung erhalten. Juristisch hat Volkswagen auf dem alten Kontinent den Vorteil, dass es auf der Ebene der europäischen Union keine Musterverfahren wie in den Vereinigten Staaten gibt. Dadurch sind VW-Besitzer in fast allen Ländern der EU gezwungen, Schadenersatzforderungen individuell durchzufechten.

Große Hoffnung setzt das Bündnis gegen VW auf die Niederlande, wo es, anders als in Deutschland, die Musterklage gibt. Die Stiftung Stichting Volkswagen Car Claim klagt dort im Namen von 180.000 betrogenen Kunden gegen die Wolfsburger, den Zulieferer Bosch und die niederländischen VW-Händler. Sie fordert von dem Autobauer zwischen 4 und 4,5 Milliarden Euro Wiedergutmachung.

"Phalanx des Schweigens" brechen

Das niederländische Recht erlaubt, dass auch ausländische VW-Käufer ihre Ansprüche bei einer Sammelklage dort geltend machen können. Verliert VW den Prozess, so das Kalkül der Kläger, soll die Last auf das Unternehmen so groß werden, dass es freiwillig einem europaweiten Vergleich zustimmt. "Das wäre das Beste", sagte Baums Partner Julius Reiter.

Um an den Manipulationen beteiligte VW-Mitarbeiter zum Reden zu bringen, hat das Bündnis eine Website für Whistleblower eingerichtet. Dort sollen die Insider anonym und geschützt belastendes Material hochladen oder ein Treffen mit Baum vereinbaren können. Damit soll die "Phalanx des Schweigens" gebrochen werden.

Mit an Bord befindet sich auch die österreichische Sammelklageplattform Cobin Claims. Sie will einerseits osteuropäische VW-Besitzer gegen den Konzern vertreten und andererseits für Kunden aus Deutschland die Verlängerung von Schadenersatzansprüchen gegen Verjährung in der Alpenrepublik erreichen, was dort einfacher ist als hierzulande. Sie laufen in Deutschland am 31. Dezember 2018 aus.

Quelle: ntv.de, mli/DJ

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