Wirtschaft

"Schwerwiegendes Fehlverhalten" Anleger fliehen aus Evotec-Papier

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(Foto: picture alliance / dpa)

Horrornachrichten aus den USA: Evotec-Partner Hyperion Therapeutics stellt die Forschung an einem aussichtsreichen Diabetes-Mittel ein. Die eigenen Mitarbeiter haben wohl die Ergebnisse manipuliert. Evotecs Ergebnisprognose gerät ins Wanken.

Schwarzer Tag für die Biotechfirma Evotec: Mit dem größten Kursrutsch seit zwölf Jahren haben die Aktien auf eine drohende Senkung der Gewinnprognose reagiert. Die im TecDax notierte Aktie rauschte in der Spitze fast ein Viertel in den Keller. Es bestehe die Gefahr, dass Evotec eine noch dieses Jahr fällige Meilensteinzahlung von 3,4 Millionen Euro nicht erhalte, hatte eine Evotec-Sprecherin am Vorabend gesagt.

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Die Gelder seien nötig, damit Evotec seine Ergebnisziele 2014 schaffe, die ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) auf Vorjahresniveau von 10,4 Millionen Euro vorsehen. Sollte Evotec die Mittel nicht erhalten, werde das Ergebnis sinken. "Wir sind in Gesprächen, um die Zahlung noch zu bekommen", sagte die Sprecherin.

Analysten bleiben ruhig

Analysten äußerten sich negativ: "Die mögliche Senkung des Ausblicks 2014 stellt nach unserer Sicht eine erhebliche kurzfristige Unsicherheit dar", sagten die Experten des Bankhauses Close Brothers Seydler. Analyst Igor Kim hält nach dem Kurssturz die Gelegenheit für günstig, sich mit der Aktie einzudecken. Das jetzige Niveau reflektiere im Grunde nur das Kerngeschäft und nicht das Potenzial der sechs weiteren Entwicklungsprojekte, die Evotec noch am Laufen habe, meinte er.

Auch Analysten der Commerzbank sprachen von einer übertriebenen Kursreaktion. Sie behalten ihre Kaufempfehlung für Evotec bei, haben aber jetzt das Kursziel für die Aktie auf 4,40 Euro gesenkt. Da ist immer noch Platz für Kursfantasie.

Sorgen um die Existenz des eigenen Unternehmens, die in der kämpfenden deutschen Biotech-Branche immer bei solchen Meldungen aufkommen, macht sich Evotec-Vorstandschef Werner Lanthaler aber nicht. "Wir haben ein Unternehmen gebaut, das nicht nur eine, sondern sehr viele Optionen hat", sagte Lanthaler dem "Wall Street Journal Deutschland". Er verwies vor allem auf die hohe Liquidität von mehr als 85 Millionen Euro. Zudem habe das Unternehmen neben seinem Kerngeschäft, der Forschung an neuen Wirkstoffen, auch sechs weitere Projekte in der Pipeline. Am weitesten fortgeschritten ist ein Mittel gegen Alzheimer, das Evotec mit dem schweizer Roche-Konzern entwickelt.

"Wir sind geschockt und entmutigt"

Grund für den möglichen Zahlungsausfall sind Probleme mit dem Diabeteswirkstoff DiaPep277, an dem die israelische Biotechfirma Andromeda die Entwicklungs- und Vermarktungsrechte hält. Evotec hat Anspruch auf Umsatzbeteilungen und Meilensteinzahlungen an der Substanz. Inzwischen wurde Andromeda vom US-Biopharmaunternehmen Hyperion Therapeutics übernommen, das ankündigte, die Weiterentwicklung von DiaPep277 einzustellen.

Hyperion habe Beweise gefunden, wonach sich Mitarbeiter von Andromeda "schwerwiegenden Fehlverhaltens in Bezug auf Studiendaten von Diapep277 schuldig gemacht haben", teilte Evotec mit. Hyperion zufolge hatten Andromeda-Mitarbeiter Studiendaten manipuliert, um ein positives Ergebnis zu erhalten. "Wir sind geschockt und entmutigt über dieses gravierende Fehlverhalten", sagte Hyperion-Chef Donald Santel.

Evotec muss Programm abschreiben

Aufgrund des Entwicklungsstopps schreibt Evotec das Programm nun ganz ab. Die Folge: Das Unternehmen muss Wertberichtigungen von 8,7 Millionen Euro verkraften. Evotec rechne nicht mehr damit, dass der Wirkstoff auf den Markt kommt. Damit ist auch die Aussicht auf künftige Umsatzbeteiligungen dahin.

DiaPep277 befand sich bereits in der dritten und damit letzten Phase der klinischen Entwicklung. Die US-Gesundheitsbehörde hatte die Substanz sogar als Wirkstoff gegen seltene Krankheiten eingestuft. Damit kann eine Arznei den langwierigen Zulassungsprozess schneller durchlaufen und es winken Vermarktungsvorteile.

Das Mittel wurde ursprünglich vom Göttinger Biotechunternehmen Devologen entwickelt, das Evotec 2010 übernommen hatte. Bereits 2007 hatte Devologen die Entwicklungs- und Vermarktungsrechte für den Wirkstoff an Andromeda vergeben.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ

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