Wirtschaft

Gamer sind Millionen wert Amazon will mit Twitch spielen

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(Foto: Screenshot Twitch)

Fast eine Milliarde Dollar in bar zahlt Amazon, um sich die Online-Spieleplattform Twitch einzuverleiben. Das ist zwar eine Menge Geld, doch der Deal könnte sich trotzdem lohnen.

Maskierte Spezialkräfte tasten sich schwer bewaffnet in einem verwaisten Fabrikgelände vor: verlassene Hallen, rostige Kräne, leere Lastwagen. Einer der Männer sucht plötzlich hinter einem Gabelstapler Deckung, die anderen verbergen sich hinter Holzkisten. Doch es ist zu spät. Sie sind in einen Hinterhalt geraten und werden innerhalb kurzer Zeit niedergeschossen. Auf dem Bildschirm blinkt die Nachricht: "Die Terroristen haben gewonnen."

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Willkommen auf der Plattform Twitch. Hier können Menschen anderen Menschen per Live-Stream dabei zusehen, wie sie an der Konsole oder am Computer spielen. Satte 970 Millionen Dollar legt Amazon für dieses Unternehmen auf den Tisch, das es erst seit drei Jahren gibt. Ist Twitch tatsächlich so viel Geld wert?

Twitch (dt: Zucken, Ruckeln) wurde 2011 unter dem Namen justin.tv als Streaming-Dienst gegründet und sollte eine Live-Version von Youtube werden. Investoren ließen sich kaum für dieses Projekt begeistern. Doch schnell wurde aus dem Angebot eine beliebte Plattform für Gamer - und die Gründer konnten Millionen Dollar einsammeln. Im Juli berichteten verschiedene Medien, dass Google Twitch für etwa eine Milliarde Dollar kaufen wolle, um seine mächtige Video-Plattform Youtube auszubauen.

Doch aus dem Deal wurde nichts. Stattdessen erhielt Amazon den Zuschlag. Über die Gründe wird gerätselt. Google sei wegen möglicher Probleme mit Wettbewerbshütern besorgt gewesen, berichtete das Magazin "Forbes" unter Berufung auf informierte Personen. Der Branchendienst "The Information" schrieb dagegen, es habe vor allem Differenzen über die Zukunft von Twitch als Teil von Google gegeben. Unternehmenschef Emmett Shear drückte es so aus: "Wir haben uns für Amazon entschieden, weil sie an unsere Nutzergemeinde glauben, unsere Werte und langfristige Vision teilen und uns helfen wollen, dort schneller hinzukommen."

Millionen nutzen Twitch

So unbekannt Twitch vielen Menschen auch ist, die Entwicklung ist beeindruckend. Mittlerweile besuchen jeden Monat 55 Millionen Menschen die Seite. Im Schnitt schauen sie täglich rund 100 Minuten den mehr als 1 Million Gamern zu, die ihre Spiele streamen. Twitch sorgt in den USA dem "Wall Street Journal" für etwa 1,8 Prozent des erzeugten Datenverkehrs und liegt damit hinter Netflix, Google und Apple. Der durchschnittliche Zuschauer ist 21 Jahre alt. Für die Werbeindustrie sind das überaus verlockende Zahlen.

Wie attraktiv der Spielemarkt ist, zeigt eine weitere Zahl: Im Juli flogen Gamer aus der ganzen Welt zu einem Wettbewerb nach Seattle, um das Strategie-Abenteuer "Dota 2" zu spielen. Das Preisgeld: sechs Millionen Dollar.

Für Amazon ist Twitch einer der größten Zukäufe überhaupt. Er unterstreicht zugleich die Ambitionen von Konzernchef Jeff Bezos, auch über das angestammte Handelsgeschäft hinaus zu einem wichtigen Anziehungspunkt im Netz zu werden. Dazu investiert der Konzern kräftig in eigene TV- und Spieleangebote. "Es ist klar, dass Amazon mehr Inhalte auftreiben will, die es kontrollieren kann", sagt James McQuivey vom Analysehaus Forrester. Twitch passe gut zu dieser Strategie.

Quelle: ntv.de, mit rts/dpa

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