Wirtschaft

Raus aus den roten Zahlen Air Berlin verrät Strategie-Details

Unterm Strich steht ein Gewinn, aber eigentlich wirtschaftet Air Berlin noch immer nicht profitabel. Das Unternehmen offenbart nun Details des neuen Konzepts, mit dem die Linie 2016 wieder in die Gewinnzone fliegen soll. Auch Billiganbieter dienen als Vorbild.

Auf den ersten Blick liest sich das gut: 8,6 Millionen Euro Gewinn hat Air Berlin im zweiten Quartal gemacht. Der zweite Blick zeigt: Das Plus ergibt sich dadurch, dass Bestände an Wertpapieren und Fremdwährungen 30 Millionen Euro mehr einbrachten als ein Jahr zuvor. So wurde auch aus einem Fehlbetrag von 6,9 Millionen Euro beim Betriebsergebnis eine schwarze Zahl unterm Strich.

Eigentlich steckt Air Berlin nach einem zu schnellen Expansionskurs seit Jahren in Schwierigkeiten. Im Fluggeschäft ist die Fluglinie trotz Spar- und Effizienzprogrammen noch immer nicht dort, wo sie eigentlich sein will. Die Bilanz des ersten Halbjahres ist gemischt: 14,63 Millionen Passagiere flogen mit Air Berlin. Das waren 0,2 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2013 - obwohl das Platzangebot um 3,7 Prozent ausgeweitet wurde. Die Auslastung ging also zurück, der Umsatz stagnierte bei 1,9 Milliarden Euro.

Pendeln wie die Billigflieger

Air Berlin steckt nach einem zu schnellen Expansionskurs seit Jahren in Schwierigkeiten.

Air Berlin steckt nach einem zu schnellen Expansionskurs seit Jahren in Schwierigkeiten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Gehaltserhöhungen und die Kosten für Stellenabbau - bis Ende 2014 sollen insgesamt 900 Stellen abgebaut sein - trieben die Ausgaben fürs Personal um 14 Prozent in die Höhe. Andere operative Ausgaben wurden um 4 Prozent gesenkt. "Es reicht nicht aus, um nachhaltig in die Gewinnzone zu kommen", sagte Vorstandschef Wolfgang Prock-Schauer zur Wirkung der bisherigen Initiativen.

Deshalb folgt das nächste Restrukturierungsprogramm. "2016 wird ein Schlüsseljahr, um die Nulllinie zu überschreiten", sagte Prock-Schauer. Und er verrät erste Details, wie das klappen soll. Die weiteren Schritte sollen Ende September publik gemacht werden. Die Schlagworte lauten: straffen, harmonisieren, fokussieren, enger kooperieren.

Überwiegend sollen die Maschinen künftig im Pendelverkehr unterwegs sein, also von A nach B und zurück nach A. Das ist das bewährte Modell von Billigfluggesellschaften. Die Umsteigemöglichkeiten auf Langstreckenflüge hätten darunter aber nicht zu leiden, sagte Prock-Schauer. Ziel von Air Berlin sei es, weiterhin die drei Segmente Europa, Touristik und Langstrecke zu bedienen. Nur das "Wie" soll umfassend geändert werden. So will sich Deutschlands zweitgrößte Airline künftig auf die großen Reisemärkte in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie Palma de Mallorca konzentrieren. Vor allem die nachfragestarken Routen sollen im Direktverkehr bedient werden.

Fünf kleinere Flugbasen werden geschlossen

Das Geschäft soll daher in Richtung der großen Flughäfen Hamburg, Berlin-Tegel, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg, München, Zürich, Wien und Palma de Mallorca verlagert werden. Diese machten bereits heute 85 Prozent des Verkehrsaufkommens von Air Berlin aus. Das bedeutet zwar nicht, dass kleinere Flughäfen nicht mehr angeflogen werden, so der Vorstandschef. Doch könnte der Verkehr auf diesen vor allem auf die touristische Hochsaison beschränkt werden.

Die Kapazität soll insgesamt um zehn Prozent gesenkt werden. Zehn Flugzeuge will Air Berlin aussortieren. Das neue Netzwerk soll dabei ein ganzjähriges Angebot abdecken. Die traditionellen Sommerspitzen sollen durch eine Verlagerung der Wartung in den Winter, sowie der Senkung des Angebots in den im Sommer schwächer ausgelasteten Business-Strecken abgedeckt werden.

Dazu sollen komplexe Rotationen von Flugzeugen und Crew durch ein Basiskonzept beseitigt werden, was die Produktivität erhöhen soll. Fünf kleinere Basen in Münster/Osnabrück, Dortmund, Hannover, Dresden und Erfurt sollen dabei geschlossen werden. Dazu sei bereits ein Interessensausgleich mit den Personalvertretungen vereinbart worden, erläuterte Prock-Schauer. Die rund 100 betroffenen Piloten sollen an die Standorte Berlin und Düsseldorf wechseln.

Italien als neuen Markt erschließen

Einen weiteren Effizienzgewinn erhofft sich Air Berlin durch die Harmonisierung der Flotte bei deren Verteilung auf die verschiedenen Flughäfen. So sollen alle Stationen jeweils "typenrein" besetzt werden, also entweder mit der A320 oder der Boing 737. Prock-Schauer kündigte auch an, die "operativen Plattformen" auf ihre Effektivität zu überprüfen. Dazu gehört etwa die Ferienfluggesellschaft Tui Fly, die an Air Berlin Flugzeuge inklusive Bordpersonal vermietet.

Über Kosten und Synergien wollte sich Air Berlin noch nicht äußern. Für die Neuausrichtung steht jedoch Unternehmensangaben zufolge ausreichend Liquidität zur Verfügung. Air Berlin verfüge über 600 Millionen Euro an liquiden Mitteln sowie über 300 Millionen Euro aus nicht in Anspruch genommenen Kreditlinien. Dies auch dank der Finanzspritzen durch Großaktionär Etihad Airways, der knapp 30 Prozent an der Fluggesellschaft hält.

Die Kooperation mit Etihad Airways bleibt zudem ein Kernelement der Strategie. Das Drehkreuz Abu Dhabi des arabischen Staatskonzerns nutzt Air Berlin über geteilte Flüge als Tor nach Asien. Vom Einstieg Etihads bei der italienischen Alitalia verspricht sich Prock-Schauer eine Menge: Mit der Partnerschaft werde Italien auch für Air Berlin als Markt weiter erschlossen.

Quelle: ntv.de, kst/DJ/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen