Wirtschaft

Etihad dreht Geldhahn zu Air Berlin meldet Insolvenz an

Deutschlands zweitgrößte Airline kann ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Großaktionär Etihad hat den Geldhahn endgültig zugedreht. Mit Steuergeldern wird nun verhindert, dass die Flieger in der Ferienzeit am Boden bleiben.

Die Fluggesellschaft Air Berlin ist zahlungsunfähig. Hauptaktionär Etihad ist nicht länger gewillt, den defizitären Betrieb zu alimentieren. Vor diesem Hintergrund sei man "zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Air Berlin PLC keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht", teilte die Fluggesellschaft mit. Die Bundesregierung sichert mit einem Kredit über 150 Millionen Euro den weiteren Betrieb. Denn anderfalls sei in der Ferienzeit die Rückreise etlicher Urlauber nicht gewährleistet, sagte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Zudem erhalten Air Berlin und Konkurrent Lufthansa Raum, Verkaufsverhandlungen abzuschließen. Immer mehr deutet auf eine Zerschlagung von Air Berlin hin.

Air Berlin hat nach eigenen Angaben ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg beantragt. Bei dieser Variante führt das Management des Unternehmens weiter die Geschäfte. Gekaufte Tickets bleiben gültig, geplante Flüge werden absolviert und selbst neue Flüge können gebucht werden.

Der Jurist Lucas Flöther übernimmt nach eigenen Angaben als vorläufiger Sachwalter bei Air Berlin. Der erfahrene Insolvenzverwalter werde ab sofort die Interessen der Gläubiger vertreten, sagte sein Sprecher. Flöther wurde vom Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bestellt. Er hatte zuletzt unter anderem den insolventen Fahrradhersteller Mifa aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt gerettet und bei der Pleite des Internetriesen Unister in Leipzig übernommen.

Geld sichert Betrieb für drei Monate

Die Bundesregierung wisse seit dem Wochenende von der Entscheidung Etihads, sagte Zypries weiter. Die beteiligten Ressorts hätten einstimmig die Gewährung des Millionenkredits durch die KfW gebilligt. Dieser wird durch eine Bundesbürgschaft garantiert. Als Sicherheit dienen die Start- und Landerechte des Unternehmens. Mit dem Geld soll der Flugbetrieb aufrechterhalten werden. Andernfalls hätten die Flieger am Boden bleiben müssen.

Zypries geht davon aus, dass das Geld den Betrieb für drei Monate sichert. In dieser Zeit sollen die sich positiv gestaltenden Verhandlungen zwischen Air Berlin und Lufthansa zum Erwerb von Teilen des Unternehmens "finalisiert" werden. Deutschlands Nummer zwei beschäftigt 7200 Mitarbeiter. Laut Verkehrsminister Alexander Dobrindt gibt es mehrere Interessenten für Teile des Unternehmens. Der CSU-Politiker geht davon aus, dass Air Berlin den Flugbetrieb bis Ende November aufrechterhalten werde. Kartellrechtliche Bedenken sehe er derzeit nicht, weil es sich nur um den Verkauf von Unternehmensteilen der Fluglinie gehe und nicht um eine Komplettübernahme.

Neben der Lufthansa ist die britische Airline Easyjet einem Insider zufolge an dem Kauf von Air-Berlin-Teilen interessiert. Dabei gehe es vor allem um die Übernahme der Start- und Landerechte (Slots) von Air Berlin, sagte der Insider Reuters. "Ziel war es, Ryanair draußen zu halten", sagte er mit Blick auf die bisherigen Verhandlungen. Zudem sollten die großen Flughafenstandorte von Air Berlin in Düsseldorf und Berlin gesichert werden. Easyjet wollte sich zu den Angaben nicht äußern.

Gewerkschaft kritisiert Etihad

Nach der Bekanntgabe der Pleite wurde an der Börse die Aktie von Air Berlin vorübergehend vom Handel ausgesetzt - und ging dann um 48 Prozent in die Knie. Lufthansa-Papiere gewannen derweil dazu.

Air Berlin steht seit einiger Zeit unter erheblichem Druck. Nachdem die Airline unter dem Gründer Joachim Hunold zügig gewachsen war und die Wettbewerber dba, LTU und auch Niki übernommen hatte, bereitete ihr die zunehmende Konkurrenz im Luftfahrtsektor seit geraumer Zeit enorme Schwierigkeiten. Gestützt wurde Air Berlin von der arabischen Airline Etihad, die sich vor einigen Jahren an Air Berlin beteiligt hat und knapp 30 Prozent der Anteile hält.

Unternehmenskreisen zufolge hatte Etihad bereits vergangene Woche eine vereinbarte Kredittranche in Höhe von 50 Millionen Euro nicht mehr überwiesen. Am Freitagabend habe Etihad dann mitgeteilt, Air Berlin künftig nicht mehr zu unterstützen, hieß es. Die neue Lage hat die börsennotierte Air Berlin nach Darstellung aus unternehmensnahen Kreisen nicht sofort per Ad-hoc-Mitteilung melden müssen, weil sie sich damit selbst geschadet hätte. Ohne weitere Gespräche etwa über einen Brückenkredit der Bundesregierung hätte das die sofortige Einstellung des Flugbetriebs bedeutet.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) teilte mit, die Nachricht sei "für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Air Berlin, die seit Bestehen der Airline eine hervorragende Arbeit leisten, ein Schock". Etihad lasse Air Berlin "fallen wie eine heiße Kartoffel, obwohl neue Investoren Interesse signalisiert haben", kritisierte VC: "Hier zeigen die Investoren vom Golf ihr wahres Gesicht."

Quelle: ntv.de, kst/jwu/wne/dpa/rts/DJ

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