Wirtschaft

Bangen um Partnerflüge Air Berlin läuft die Zeit davon

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(Foto: imago/Rüdiger Wölk)

Im Kampf ums Überleben ist Air Berlin auf seinen arabischen Großaktionär Etihad angewiesen. Doch der Partnerschaft droht eine Belastungsprobe – denn die Genehmigung für wichtige Gemeinschaftsflüge wackelt.

Die Uhr tickt. Am Sonntag beginnt der Winterflugplan - und noch immer sind viele Flüge, die Air Berlin dann gemeinsam mit seinem Großaktionär Etihad anbieten will, nicht genehmigt. Für die kränkelnde deutsche Fluggesellschaft ist das eine ganz schlechte Nachricht, denn diese sogenannten Codeshare-Verbindungen gelten für sie als überlebenswichtig.

Dabei geht es um 29 der wöchentlich 65 Verbindungen, die Air Berlin und Etihad gemeinsam unter einer Flugnummer durchführen wollen Das Bundesverkehrsministerium hält sie für "nicht genehmigungsfähig". Sollten die Partner-Flüge - vor allem Flüge zwischen Berlin/Stuttgart und Abu Dhabi sowie die europäischen Anschlussverbindungen - tatsächlich nicht erlaubt werden, bedeutet das für Air Berlin wohl unausweichlich schlechter ausgelastete Maschinen. Rund 140 Millionen Euro Umsatz würden dann verloren gehen, sagt die chronisch defizitäre Airline. Das Bundesverkehrsministerium zweifelt diese Zahl an und geht von einem zweistelligen Millionenbetrag aus.

Der Betriebsrat von Air Berlin malt derweil ein Untergangsszenario: In einem Brief an Minister Alexander Dobrindt warnt er davor, dass die Fluggesellschaft mit ihren 8000 Beschäftigten "vom Markt verschwinden" könnte, sollten die Verbindungen nicht genehmigt werden.

"Natürlich teilen wir die Einschätzung der Betriebsräte, da die betreffenden Codeshares für Air Berlin wirtschaftlich sehr wichtig sind und damit auch für unsere Mitarbeiter", sagte ein Air-Berlin-Sprecher gegenüber n-tv.de. Konkret wollte er die möglichen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht beziffern, da die "Verhandlungen noch nicht abgeschlossen" sind.

Das Bundesverkehrsministerium vertritt den Standpunkt, dass nicht alle der beantragten Flüge durch das Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten erlaubt sind. Eithad befindet sich vollständig im Besitz des Emirats. Das Abkommen dient wie andere vergleichbare Vereinbarungen auch dazu, heimische Airlines – und damit vor allem die Lufthansa – vor ausländischer Konkurrenz schützen.

Air Berlin braucht Etihad

Das bilaterale Abkommen mit den Emiraten sieht vor, dass nur der Reisebedarf zwischen beiden Ländern bedient werden soll. Und genau diese Einschränkung sieht das Verkehrsministerium durch viele Codeshare-Flüge verletzt. Denn Etihad nutzt seinen Heimatflughafen Abu Dhabi als internationales Drehkreuz. Das heißt: Die allermeisten Passagiere, die mit Air Berlin nach Abu Dhabi fliegen, nutzen den Flughafen als Umsteigemöglichkeit und reisen mit Etihad-Maschinen nach Asien oder Australien.

Das Codesharing ermöglicht ihnen damit beispielsweise bei Air Berlin einen Flug von Berlin nach Singapur zu buchen, obwohl die Reise von zwei verschiedenen Airlines durchgeführt wird – Air Berlin fliegt den Passagier nach Abu Dhabi, Etihad nach Singapur. Das Gepäck wird automatisch weiterbefördert. "Fluggäste profitieren von Codeshare-Flügen vor allem durch das erweiterte Streckennetz, das sie bei ihrer Airline buchen können", so der Air-Berlin-Sprecher. "Die angebotenen Flüge werden gemeinsam mit dem Codeshare-Partner vermarktet, und darüber hinaus können Fluggäste bei den Codeshare-Partnern ebenfalls Meilen für ihr Vielfliegerprogramm sammeln."

Das bedeutet, dass Air Berlin ohne die Codeshare-Verbindungen für Eithad deutlich an Nutzen verliert. Für die Zukunft der angeschlagenen zweitgrößten deutschen Airline ist die Unterstützung der mit 30 Prozent beteiligten Araber eine existenzielle Frage.

Über die Codeshare-Flüge gibt es schon seit Längerem Streit. Während Dobrindts Vorgänger Peter Ramsauer die Codeshare-Verbindungen durchwinkte, sträubt sich der amtierende Verkehrsminister. In den bisherigen Gesprächen hätten sich die Emirate einer tragfähigen Lösung verweigert, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Die Bundesregierung sei aber offen für weitere Gespräche.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wirbt derweil für eine Ausnahmegenehmigung. Ohne die Erlaubnis der Zubringerflüge für Etihad sei die wirtschaftliche Zukunft von Air Berlin gefährdet, schrieb er in einem Brief an Dobrindt. Gabriel schlug darin vor, dass das Luftfahrt-Bundesamt die Flüge ein letztes Mal im Rahmen der geltenden Vereinbarungen erlaubt. Im Gegenzug müssten sich die Emirate zu umfassenden weiteren Gesprächen verpflichten, um ein neues Abkommen abschließen zu können.

In dem Gezerre darf Air Berlin offenbar auf Unterstützung der Bundeskanzlerin hoffen. Im vergangenen November hatte Angela Merkel in einer Kabinettssitzung dem Vernehmen nach an Dobrindt gerichtet gesagt: "Ich will nicht der Totengräber von Air Berlin sein."

Quelle: ntv.de

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