Wirtschaft

"Nachhaltiger Reputationsschaden" Absturz erschüttert Lufthansa

40420856.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Unglück von Flug 4U9525 in den französischen Alpen trifft die Germanwings-Mutter Lufthansa inmitten einer schweren Krise. Der Konzern kämpft bereits mit erheblichen Problemen.

Verunglücken Flugzeuge, ist das immer eine Tragödie. Angesichts der menschlichen Schicksale und der Trauer der Hinterbliebenen treten die Folgen in den Hintergrund, die ein Unglück für die betroffene Fluggesellschaft hat. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Absturz der Germanwings-Maschine mit der Lufthansa einen Konzern erschüttert, der ohnehin schon mit erheblichen Problemen zu kämpfen hat.

Lufthansa
Lufthansa 6,69

Eingeklemmt zwischen Billigfliegern auf der einen und staatlich alimentierten arabischen Airlines auf der anderen Seite, sieht sich die Lufthansa zu einem Konzernumbau gezwungen. Im Kern bedeutet das, dass die Kosten so weit wie möglich gedrückt werden sollen. Das stößt bei der Belegschaft, die die Folgen zu spüren bekommt, auf Widerstand. Piloten und Flugbegleiter stemmen sich gegen Umbau-Pläne des Managements. Allein die Piloten haben deswegen bisher zwölfmal gestreikt.

Das kostet die Lufthansa nicht nur viel Geld. Die elf Wellen des Pilotenstreiks zwischen April 2014 und Mitte März dieses Jahres haben dem Konzern eigenen Angaben zufolge rund 232 Millionen Euro gekostet. Der jüngste viertägige Streik ist darin nicht berücksichtigt. Der Arbeitskampf beschädigt zudem den Nimbus der Zuverlässigkeit, den sich der Konzern über Jahrzehnte aufgebaut hat. Und genau dieser Nimbus leidet auch durch den Absturz einer Maschine der Tochter Germanwings.

Dabei spielt es keine Rolle, was zu dem Unglück geführt hat. Die Lufthansa sei als sichere Fluggesellschaft bekannt, sagte Analyst Jochen Rothenbacher vom Investmenthaus Equinet gegenüber n-tv.de. "So ist die Markenwahrnehmung. Und selbst wenn die Airline keinerlei Schuld trifft, bleibt trotzdem ein negatives Gefühl beim Kunden zurück." Nach Ansicht von Dirk Schlamp von der DZ-Bank wird der Absturz einen "nachhaltigen Reputationsschaden hinterlassen". Lufthansa habe bislang für technische Kompetenz und Zuverlässigkeit gestanden.

Die Lufthansa zählt zu den sichersten Airlines der Welt; das letzte Unglück - mit zwei Todesfällen - liegt 22 Jahre zurück. Bei der 2002 gegründeten Germanwings gab es bis Dienstag noch gar kein Unglück.

Eurowings soll die Wende bringen

Der Absturz trifft einen Konzern, der vor großen Herausforderungen steht. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Lufthansa einen Verlust in Höhe von 732 Millionen Euro, das Management strich die Dividende. Im Jahr zuvor hatte die Lufthansa noch rund 400 Millionen Euro verdient.

Nicht nur die Streiks und der Preisdruck durch die Konkurrenz haben zu dem Verlust geführt. "Den größten Einfluss hatte die sehr ungewöhnliche Entwicklung der Kerosinpreise am Jahresende", sagte Finanzchefin Simone Menne im Februar bei Vorlage der Geschäftszahlen. Anders ausgedrückt: Das Management hat sich bei der Absicherung der stark schwankenden Kerosinpreise kräftig verschätzt.

Der Preis für Öl, dem Ausgangsstoff von Kerosin, war Ende 2014 stark gefallen. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete Ende Dezember 50 Dollar, im Juni waren es noch 116 Dollar. Da sich die Lufthansa aber bei den üblichen Termingeschäften zu sehr viel höheren Preisen abgesichert hatte, musste sie hohe Rückstellungen bilden.

Gleichzeitig steckt die Lufthansa viel Geld in ihre Flotte. Mitte März waren 270 Flugzeuge mit einem Listenpreis von 38 Milliarden Euro bestellt. Auch wenn große Fluggesellschaften bei ihren Bestellungen in der Regel deutliche Nachlässe bekommen, muss die Lufthansa diese Investitionen inmitten eines Preiskampfes wieder einfliegen.

Die Wende soll die Marke Eurowings bringen. Unter diesem Namen sollen die Konzerntöchter Germanwings und die bisherige Eurowings künftig günstige Kurz- und Langstreckenflüge anbieten. Die Kosten bei Germanwings liegen ein Fünftel unter denen der Lufthansa. Das reicht dem Management zufolge nicht aus, um der Konkurrenz dauerhaft Paroli bieten zu können. Eurowings soll 40 Prozent günstiger fliegen als die Lufthansa und wäre damit für den Konzern deutlich rentabler, als es Germanwings je war.

Auch bei der Lufthansa sollen die Kosten sinken. Das soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass neue Piloten nicht in den Genuss der sogenannten Übergangsversorgung, eine Art Vorruhestandsgeld oder Frührente, kommen. Die Pilotengewerkschaft Cockpit wehrt sich vehement gegen diese Pläne.

Nach der Tragödie in den Alpen steckt die Lufthansa nun nicht mehr nur in einem Konflikt um die Firmenausrichtung. Das Unglück trifft den Konzern an einer empfindlichen Stelle: der Zuverlässigkeit.

Quelle: ntv.de, mit rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen