Wirtschaft

Dividenden-Schock für Kommunen "20 Jahre gute Einnahmen mit RWE"

RWE kämpft mit den Folgen der Energiewende: Der Ökostrom-Boom hat die im Großhandel erzielbaren Strompreise deutlich gedrückt - dabei fällt weniger ab für die großen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke.

RWE kämpft mit den Folgen der Energiewende: Der Ökostrom-Boom hat die im Großhandel erzielbaren Strompreise deutlich gedrückt - dabei fällt weniger ab für die großen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die kommunalen Anteilseigner sind verärgert darüber, dass RWE erstmals seit 60 Jahren keine Dividende an seine Stammaktionäre ausschüttet. Trotzdem haben sie dem Vorstand auf der Hauptversammlung in dieser Woche mehrheitlich ihr Vertrauen ausgesprochen. Die Kommunen, die rund 24 Prozent der Anteile des Energieriesen halten, hätten den Unternehmenskurs zwar kritisiert, aber trotzdem jahrzehntelang mitgetragen, erklärt der Sprecher des Verbands der kommunalen RWE-Aktionäre (VDK), Ernst Gerlach n-tv.de. Jetzt zahlten sie den Preis dafür. Er hofft auf Unterstützung vom Bund beim weiteren Kurs des Energieriesen.

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n-tv.de: Wie haben sich die Kommunen zum Dividenden-Aus bei RWE auf der Hauptversammlung positioniert? Haben alle den Vorstand entlastet?

Ernst Gerlach: Vor der Hauptversammlung gab es sehr strittige Diskussionen. Die einen wollten aus Ärger über die Dividenden-Streichung den Vorstand nicht entlasten, die anderen – die größere Front – waren trotzdem für die Entlastung. Eine einheitliche Meinung gab es bis zum Schluss nicht. Die Kommunen haben also unterschiedlich abgestimmt.

Rein rechtlich macht es auch keinen großen Unterschied, ob die Kommunen den Vorstand einheitlich entlasten oder nicht.

Das ist genau einer der Gründe dafür, warum sich mehrere Kommunen dazu entschlossen haben, den Vorstand zu entlasten. Eine Nicht-Entlastung wäre zwar Krawall gewesen, aber folgenlos geblieben. Denn über die Entlastung wird nicht die Frage geregelt, ob ein Vorstand weiter Vorstand bleiben darf oder nicht.

Trotzdem scheint es jetzt so, dass die Kommunen für den Schaden, den sie verkraften müssen, sehr zahm sind. Trügt der Eindruck?

Emotionen helfen nicht weiter. Wir haben sehr viel Geld in dieses Unternehmen investiert. Was wir brauchen, ist eine rationale Vorgehensweise. Wir verwalten das Vermögen der Bürger. Dafür sind wir verantwortlich.

Welche Kommunen sind am schlimmsten betroffen?

Das sind Essen und Dortmund, sie haben den größten Anteil an RWE-Aktien.     

Wie werden die Kommunen die Finanzlöcher stopfen?

Es trifft die Kommunen sehr unterschiedlich, je nachdem, ob sie ein sehr hohes oder weniger hohes Aktien-Engagement bei RWE haben. Diejenigen, die besonders betroffen sind, werden Ausgaben kürzen oder Steuern erhöhen müssen – zum Beispiel die Grundsteuer. Das ist eine bittere Tatsache und das ist frustrierend. Trotzdem muss man relativieren: Die wirkliche Bedrohung für die Haushalte ist nicht der Ausfall der RWE-Dividende, sondern die ungeheuren Mehrkosten durch die Flüchtlinge.

Dem Kursverfall bei RWE-Aktien konnte man in der Vergangenheit zusehen. Warum haben die Kommunen ihre Anteile nicht verkauft und stattdessen die Verluste mitgetragen?

Die Kommunen haben schon darauf reagiert. Sie haben versucht, innerhalb des Konzerns auf die zukünftige Entwicklung Einfluss zu nehmen. Es gab erhebliche Auseinandersetzungen über die Frage, warum sich der Konzern nicht früher bei den regenerativen Energien engagieren wollte. Es gibt den fantastischen Spruch des ehemaligen Vorstandschefs Jürgen Großmann, der gesagt hat, regenerative Energien seien so sinnvoll, wie "Ananas in Alaska züchten". Das zeigt, wie gravierend die Auseinandersetzung und wie falsch die Einschätzung war. Unsere Kämmerer haben natürlich mit so einer Entwicklung gerechnet. Sie hatten ihre Dividenden-Erwartungen schon deutlich reduziert. Das dann aber gar nichts kommt, war eine Überraschung.

Ist es vorstellbar, dass der Bund Ausfälle kompensiert?

Bezogen auf den Ausfall der Dividende wird es keine Hilfe vom Bund geben. Das ist die natürliche Folge eines Aktien-Engagements. Eine Aktie ist kein Bundesschatzbrief, bei dem Sie mit einer festen Verzinsung rechnen können. Bei einer Aktie gibt es Chance und Risiko. Wir hatten 20 Jahre lang gute Dividendeneinnahmen. Jetzt gibt es zum ersten Mal keine Ausschüttung. Der Bund wird zurecht sagen, dass es unsere Verantwortung ist. Was wir erwarten, ist etwas anderes vom Bund: Er soll endlich klare Rahmendaten für die Stromgewinnung aus fossilen Brennstoffen schaffen. Der Bund ist hier in der Pflicht und das kann unserer Auffassung nach nicht bis nach der Bundestagswahl warten.

Mit Ernst Gerlach sprach Diana Dittmer

Quelle: ntv.de

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