Wirtschaft

Verhandlungen um Air Berlin Wöhrl: "Das ist ein Wirtschaftsskandal"

Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl will die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin übernehmen. Dennoch kritisiert er das derzeit laufende Insolvenzverfahren. Sich selbst sieht er dabei im Nachteil - und warnt vor einem Monopol der Lufthansa.

n-tv: Hans Rudolf Wöhrl, irgendwie scheint man Sie in der Politik, aber auch bei den Gläubigern nicht richtig ernst zu nehmen. Woran liegt das?

Hans Rudolf Wöhrl: Ich glaube schon, dass man mich durchaus ernst nimmt. Das Problem ist etwas ganz anderes. Man hat im Vorfeld hinter verschlossenen Türen längst eine Lösung gefunden. Eine Lösung, die eindeutig zugunsten der Lufthansa gestaltet wurde. Jetzt hat man das Problem, dass jemand auftaucht, der eine deutlich bessere Lösung, nämlich den Erhalt der gesamten Airline, einschließlich der 8000 Arbeitsplätze vorschlägt.

Aber, Herr Wöhrl, die Frage ist ja auch, wie viel Geld haben Sie tatsächlich auf der Pfanne? Was steckt dahinter? Das scheint ja auch nicht ganz klar zu sein.

Ich glaube, wir haben in der Vergangenheit durch die Übernahme und Sanierung einer Reihe von Airlines, beginnend bei der deutschen BA, der LTU und so weiter, bewiesen, dass wir dieses Geschäft sehr gut und besser als jeder Andere können. Wenn man uns nicht eingeladen hat, Gespräche zu führen, dann kann man uns daraus keinen Vorwurf machen. Herr Winkelmann hat heute in einem Interview behauptet: "Ja, Herr Wöhrl kam nicht auf uns zu." Es ist völlig ungewöhnlich, dass man auf jemanden zugeht, von dem man nicht weiß, dass er Verkaufsabsichten hat. Erst mit dem Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens wurde allgemein bekannt, hier ist Bedarf. Hier besteht die Möglichkeit einer Beteiligung oder Übernahme an Air Berlin und genau das haben wir innerhalb von 24 Stunden getan. Das Verfahren, was heute hier von Herrn Winkelmann, als Vorstand von Air Berlin, praktiziert wird, verstößt gegen alle guten geschäftlichen Gepflogenheiten, mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Man hört aber auch, Herr Wöhrl, dass jetzt auch ein Bieterverfahren gestattet werden soll, das heißt, die Sache ist doch eigentlich einfach, Sie müssen einfach mehr bieten als die Anderen.

Wenn man ein Bieterverfahren macht, dann ist das ein geordnetes Verfahren, in dem gibt man eine Vertraulichkeitserklärung ab, dann bekommt man Zugang zum Datenraum, dann bekommt man die Möglichkeit, nach der Analyse des Unternehmens einen konstruktiven und finanziell entsprechend unterlegten Vorschlag zu machen. Wir haben noch nicht einmal eine Antwort bekommen vom Insolvenzverfahren, geschweige denn eine Vertraulichkeitserklärung, geschweige denn Zugang zum Datenraum. Das heißt, wir haben genau das gesetzlich vorgeschriebene und übliche Verfahren eingehalten und man hat uns zu diesem Verfahren nicht zugelassen.

Air Berlin sagt aber, der Zugang zu diesem Datenraum, den Sie meinen, also der Einblick in die Bücher, der sei schon seit einigen Wochen möglich gewesen. Nur Sie und andere hätten ihn gar nicht genutzt.

Ja, weil weder ich noch andere das gewusst haben. Es ist völlig irrational zu sagen: Wir haben ein Bieterverfahren eingeläutet, aber man hat dazu die Bieter nicht eingeladen. Man hat es nicht publiziert. Man hat noch nicht einmal, wie es sonst üblich wäre, irgendeinen der großen Merchant-Acquisition-Firmen eingeschaltet, um hier wirklich die beste Lösung für das Unternehmen und die Gesellschafter zu finden.

Jetzt ist es aber so, dass wohl auch nach EU-Recht dieses Bieterverfahren doch eigentlich vonstattengehen müsste, schon allein deswegen, damit die 150 Millionen Euro, der Kredit nicht als unerlaubte Beihilfe gewertet würde. Könnten Sie dann nicht eventuell auch, falls es nicht dazu kommt, klagen?

Selbstverständlich kann man das. Nur das Problem ist, dass es sehr sehr schwierig ist, im Rahmen einer Klage Fakten wieder vom Tisch zu bringen. Wenn sie sich vorstellen, welche Ungeheuerlichkeit sich hier abspielt, dass am vergangenen Freitag das Insolvenzverfahren eröffnet wird und heute bereits der Gläubigerausschuss darüber entscheidet, die Airline aufzuspalten. Dann frage ich mich, wie man bei einem Unternehmen in der Größenordnung, welches einen Umsatz von weit über drei Milliarden macht, in der Lage sein sollte, innerhalb dieser Zeit ein konstruktives, finanziell unterlegtes Angebot zu machen.

Ganz kurz zum Schluss, welche Pläne haben Sie? Geben Sie sich geschlagen oder wollen Sie es noch probieren?

Noch sind wir ja im Verfahren, das heißt, wir haben nach wie vor Antrag gestellt, dass wir die gesamte Airline übernehmen möchten. Dazu stehen wir unverändert. Ich hoffe immer noch, dass es hier so etwas Ähnliches wie Rechtsstaatlichkeit gibt und solche, wirklich für die breite Bevölkerung, wichtige Entscheidungen nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden und am Ende ein Monopol einer Airline hier in Deutschland gegeben ist. Das ist meiner Ansicht nach ein wirklicher Wirtschaftsskandal, der noch weite und große Wellen schlagen wird. Ich vermute die Rechnung bekommen Lufthansa, der Air Berlin-Vorstand und vielleicht auch die Regierung, wenn auch erst in ein paar Jahren.

Quelle: ntv.de, vni

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