Wirtschaft

Billiggeld verdirbt die Zinsen Die Sparer sitzen in der Falle

Wegen der Niedrigzinspolitik der Notenbanken schmelzen die Guthaben der Sparer immer weiter ab.

Wegen der Niedrigzinspolitik der Notenbanken schmelzen die Guthaben der Sparer immer weiter ab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Fed-Chef Bernanke bläst den Ausstieg aus den Geldspritzen der US-Notenbank ab. EZB-Chef Draghi will die Geldschleusen offenhalten. Die Aktienmärkte feiern. Und die Sparer zahlen den Preis: Ihr Vermögen dürfte noch auf Jahre hinaus abschmelzen.

Der irrationale Überschwang der Märkte hat in dieser Woche eine neue Qualität erreicht. Dax und Dow Jones kletterten auf neue Höchststände, die Indizes markierten gar den höchsten Stand ihrer Geschichte. Die Aktienmärkte scheinen wie auf Droge, die Börsianer feiern zurzeit eine riesige Party. Mit der wirklichen Situation der Unternehmen lässt sich der gefährliche Hype kaum noch rechtfertigen: Laut "Handelsblatt" haben die Analysten im vergangenen Quartal ihre Gewinnaussichten für 22 der 30 Firmen im Leitindex gesenkt. Trotzdem gehen die Kurse durch die Decke.

Der Jubel lässt sich nur auf eines zurückführen: Das weltweite Doping der Finanzmärkte durch die Notenbanken. Besonders der scheidende Fed-Chef Bernanke ließ in dieser Woche eine neue Bombe platzen, deren Schockwellen noch Monate durch das Finanzsystem hallen werden: Entgegen allen Erwartungen will die US-Notenbank ihre Geldpolitik nicht drosseln, sondern weiter monatlich 85 Mrd. US-Dollar in Staatsanleihen und Immobilienpapiere pumpen, um die US-Wirtschaft anzukurbeln. Und auch EZB-Chef Draghi hatte schon klargemacht, dass er die Geldschleusen ebenfalls noch lange geöffnet lassen will: Die Wirtschaftserholung in der Eurozone befinde sich noch in den Kinderschuhen, die Leitzinsen würden daher "für einen längeren Zeitraum auf dem aktuellen oder niedrigerem Niveau bleiben".

Was für die Anleger Grund zur Freude ist, treibt den Sparern dagegen die Tränen in die Augen: Sie zahlen die Kosten dieser hemmungslosen Krisenbekämpfung mit der Notenpresse. Dank der Niedrigstzinsen, die die Währungshüter den Banken mit der Geldflut verordnen, schmilzt ihr Vermögen kontinuierlich ab. Denn auch wenn die Preise nur weniger als zwei Prozent steigen: Es reicht, um die Mini-Erträge aufzufressen, die Sparer auf ihre Guthaben ausbezahlt bekommen. Schon jetzt warnt Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon vor "deutlichen Lücken in der Altersvorsorge".

Mit Vollgas vor die Wand?

Im Grunde ist die Politik des billigen Geldes nichts Anderes als eine gigantische Umverteilung - von den Sparern hin zu den Schuldnern. Denn wer zurzeit Kredite aufnehmen will, um ein Haus zu bauen oder zu kaufen, kommt so billig an Geld wie nie zuvor. Wohin das führen kann, hat die Welt schon gesehen: Auch Bernankes Vorgänger Alan Greenspan hielt die US-Wirtschaft mit seiner lockeren Geldpolitik nach der Jahrtausendwende lange bei Laune.

Und schuf damit zugleich den Nährboden für die US-Immobilienblase und die Finanzkrise, die die Welt an den Rand des Zusammenbruchs brachte. Die Gefahr einer neuen Blase ist groß, denn das billige Geld sucht sich unweigerlich seine Kanäle: Bereits jetzt steigen in einigen US-Städten wie Las Vegas die Häuserpreise wieder so schnell wie vor dem großen Crash 2008.

Trotzdem ist eine baldige Richtungsänderung der Notenbanker nicht in Sicht. Einen Zeitraum für den Ausstieg wollte Bernanke nicht nennen: "Es gibt keinen festgelegten Plan im Kalender." Er könne, müsse aber nicht in diesem Jahr erfolgen. Der Zeitpunkt hängt vor allem von den Konjunkturdaten ab. Angesichts der Prognosen rechnet IWF-Chefin Lagarde damit, dass die Fed zum Jahresende ihre Geldspritzen zurückfahren wird. Auch viele Analysten rechnen damit, dass Bernanke im Dezember den Ausstieg angehen wird.

Ausgemacht ist das aber nicht: Schließlich muss der US-Notenbankchef seinen Posten Ende Januar 2014 räumen. Es ist daher unklar, ob er selbst noch die Kehrtwende einleiten wird. Diese Aufgabe käme dann auf Fed-Vize-Chefin Janet Yellen zu, nach dem Rückzug von Ex-Finanzminister Larry Summers die Favoritin im Rennen um Bernankes Nachfolge. Gerade von Yellen ist aber eine schnelle Abkehr vom Billiggeld nicht zu erwarten: Sie gilt als eine starke Befürworterin der extrem lockeren Geldpolitik.

Die Währungshüter werden also von ihrem Plan, die Wirtschaft mit der Notenpresse anzukurbeln, auf absehbare Zeit nicht abrücken. Sie riskieren lieber, später einmal mit voller Wucht gegen die Wand zu fahren als zu früh auf die Bremse zu treten und den Konjunkturmotor jetzt abzuwürgen. Bis auf weiteres sitzen die Sparer daher in der Zinsfalle fest.

Quelle: ntv.de

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