Wirtschaft

Niedrige Zinsen Warum Draghi hart bleibt

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Mario Draghi.

Mario Draghi.

(Foto: REUTERS)

Angesichts von anziehender Inflation und Mini-Zinsen wird in Deutschland die Forderung lauter, die EZB möge sich schnell von ihrer ultra-lockeren Geldpolitik verabschieden. Doch daraus wird nichts.

Vor allem in Deutschland ist die Meinung verbreitet: Die Inflation ist zurück. Es sei deshalb höchste Zeit, dass die Europäische Zentralbank unter Leitung ihres Chefs Mario Draghi den Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik einleitet.

Rohöl (Brent)
Rohöl (Brent) 83,55

Doch Draghi wird darauf nicht hören. Die EZB wird auch auf ihrer heutigen Ratssitzung die Leitzinsen bei null Prozent belassen und an dem erst im Dezember verlängerten Anleihen-Kaufprogramm keine Abstriche vornehmen.

Das mag auf den ersten Blick unangemessen erscheinen, schließlich lag die Inflation in der Eurozone im Februar bei zwei Prozent und damit sogar etwas über der Zielmarke, bei der die EZB Preisstabilität gewährleistet sieht. Schaut man genau hin, wird klar, warum Draghi noch immer wenig von einer Zinserhöhung hält.

Im Kern geht es darum: Ist die Inflation dauerhaft nahe der Zielmarke? Oder ist dieses Niveau nur vorübergehend erreicht? Derzeit sieht es eher danach aus, dass der Preisdruck bald wieder nachlässt.

Draghi und die Mehrheit im EZB-Rat blicken auch auf die so genannte Kerninflation – also eine Rate, die schwankungsanfällige Komponenten wie Energie und Lebensmittel ausklammert. Ihre Begründung: An ihr lasse sich der Preistrend besser erkennen.

Ölpreis treibt Inflation an

Im Februar lag die Kerninflation in der Eurozone lediglich bei 0,9 Prozent. Dass sie deutlich niedriger ist als die allgemeine Inflation, lag nicht nur daran, dass der kalte Winter der Landwirtschaft zugesetzt hat, weshalb sich Lebensmittel deutlich verteuerten. Energie war in Deutschland mehr als sieben Prozent teurer als vor einem Jahr, in der Eurozone mehr als neun Prozent. Das zeigt: Für die steigende allgemeine Inflation ist vor allem der kräftig gestiegene Ölpreis verantwortlich, der vor einem Jahr auf Rekordtief gestürzt war. Zum Vergleich: Ein Fass Rohöl der Sorte Brent ist derzeit etwa doppelt so teuer wie Anfang vergangenen Jahres.

In diesem Zusammenhang ist der so genannte Basiseffekt wichtig. Denn die Teuerungsrate eines bestimmten Monats hängt nicht nur von der aktuellen Preisentwicklung ab, sondern auch vom Preisniveau des Vorjahresmonats (der Basis). Und da sich der Ölpreis von seinen Extremwerten mittlerweile wieder spürbar erholt hat, wird die Preisanstieg im Jahresvergleich in nächster Zeit wohl deutlich geringer ausfallen.

Der Inflationsdruck bleibt also weiterhin schwach, was auch daran liegt, dass Kreditvergabe und Löhne in der Eurozone nicht gerade kräftig steigen. Die Arbeitslosigkeit in der Eurozone liegt im Schnitt noch immer bei knapp zehn Prozent.

Die EZB dürfte deshalb davon ausgehen, dass die Inflation in nächster Zeit wieder deutlich unter die Zielmarke fällt. Viele Volkswirte sagen voraus, dass die Inflation schon ab März oder April wieder zurückgehen wird. Die regelmäßig von der Nachrichtenagentur Dow Jones befragten Analysten rechnen im Schnitt damit, dass die Inflationsrate später im Jahr bei 1,5 Prozent liegt.

Vor diesem Hintergrund erscheint es Draghi verfrüht, jetzt die ultra-lockere Geldpolitik zu straffen. Ihm dürfte sein Vorgänger Jean-Claude Trichet als mahnendes Beispiel erscheinen: Unter der Leitung des Franzosen hatte die EZB die angesichts der Finanzkrise gesenkten Zinsen im Jahre 2011 zweimal angehoben. Seitdem muss sich Trichet den Vorwurf gefallen lassen, er habe dadurch die wirtschaftliche Krise, in die die Eurozone danach stürzte, verschlimmert.

Quelle: ntv.de

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