Wirtschaft

Überhitzter Immobilienmarkt Steuer treibt Pekinger in die Scheidung

In China boomt der Immobilienmarkt. Doch wie lange noch?

In China boomt der Immobilienmarkt. Doch wie lange noch?

(Foto: REUTERS)

In Peking steigen nicht nur die Preise für Immobilien kräftig, auch die Zahl der Scheidungen nimmt zu. Das zeigt eindrucksvoll, wie verrückt es auf dem Immobilienmarkt in China mittlerweile zugeht. Denn beides hängt zusammen.

Wenn die Scheidungsrate wegen eines neuen Steuergesetzes plötzlich rasant steigt, ist das kein gutes Zeichen. Da genau das derzeit in Peking passiert, bietet Chinas Immobilienmarkt allein deswegen durchaus Anlass zur Sorge.

Wie eine staatliche chinesische Tageszeitung berichtet, ging die Zahl der Scheidungen in der Hauptstadt dieses Jahr drastisch in die Höhe, weil viele Paare eine neue Vermögensteuer umgehen wollen. Sie nutzen demnach ein Schlupfloch in dem neuen Steuergesetz, das Paare, die vor der Scheidung stehen, von einer 20-prozentigen Steuer auf Immobilienverkäufe ausnimmt.

Dem Bericht zufolge ließen sich seit Jahresbeginn 40.000 Paare in Peking scheiden, 41 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum und "weit mehr" als in den vorausgehenden vier Jahren. Das zu Beginn des Jahres erlassene und für ganz China geltende Gesetz sieht vor, dass Eigentümer beim Verkauf ihrer Immobilie 20 Prozent Steuern auf den Gewinn zahlen müssen statt wie zuvor ein oder zwei Prozent.

Behörden wollen Spekulation bekämpfen

Die Zeiten ändern sich: Ansicht des Schanghaier Finanzviertels von 1987 und 2013.

Die Zeiten ändern sich: Ansicht des Schanghaier Finanzviertels von 1987 und 2013.

(Foto: REUTERS)

Paare mit zwei Immobilien, die sich scheiden lassen, können dies durch ein Schlupfloch im Gesetz umgehen, indem jeder eine der beiden Immobilien überschrieben bekommt. So können sie mindestens eines der beiden Häuser steuerfrei verkaufen - und anschließend erneut heiraten.

Die Steuer sollte eigentlich den Zweck haben, den heiß gelaufenen Immobilienmarkt abzukühlen. Die Preise für Wohnungen sind in China in den vergangenen Jahren in die Höhe geschossen. Im September waren sie im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt um 9,1 Prozent gestiegen, im August hatte das Plus noch bei 8,3 Prozent gelegen. In den großen Metropolen ist das Tempo fast schwindelerregend: In Peking kletterten die Preise um 16 Prozent.

Dort wollen die Behörden nun verstärkt gegen Spekulanten vorgehen. Wer sich entgegen der strengen Vorschriften als Hauptstadtbewohner mehr als zwei Wohnungen zugelegt hat, soll enteignet werden und darf fünf Jahre lang keine Immobilie in der Hauptstadt erwerben. Es ist durchaus möglich, dass die steigende Scheidungsrate zum Teil auch damit zu tun hat. Ehepaare könnten versuchen, drohenden Strafen zu entgehen – und ihre Zweitimmobilie möglichst steuerschonend zu verkaufen.

Immobilien gelten für viele Chinesen als sichere Investition. Entsprechend stark ist das Interesse an Wohneigentum. Die Preise sind so stark gestiegen, dass die Regierung in der Zwickmühle steckt. Einerseits droht die Blase zu platzen, weshalb sie den Markt dringend abkühlen muss. Andererseits darf die Staatsführung den boomenden Immobilienmarkt nicht abwürgen, da er einer der größten Wachstumstreiber der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist.

Billiges Geld

Verschärft wird das Problem dadurch, dass die Überhitzung des Immobilienmarkts mit einem überschäumenden Kreditwachstum einhergeht, das stärker ausfällt als es Peking lieb sein kann. Allein im September vergaben die Banken Darlehen im Volumen von umgerechnet rund 94 Milliarden Euro.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass es sich bei der Entwicklung deutlich, dass es sich beim chinesischen Immobilienmarkt nicht um den sprichwörtlichen Sack Reis handelt. Statt dessen erinnert er vielmehr an die fatale Entwicklung in den USA, die der Finanzkrise vorausging. Denn China ist ein globaler Wachstumstreiber. Fährt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt an die Wand, sind die Erschütterungen auch in Deutschland zu spüren.

Wie die Banken der Wall Street vor wenigen Jahren gehen Chinas Finanzinstitute immense Risiken ein, weil sie davon ausgehen dürfen, dass sie notfalls vom Staat gerettet werden. Zudem ist es politisch gewollt, dass mit Billigkrediten das Wirtschaftswachstum angekurbelt wird. Es wird viel Geld in marode Staatsbetriebe oder lokale Projekte gesteckt, auch wenn es wirtschaftlich keinen Sinn macht. Nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch ist die Gesamthöhe der Darlehen mittlerweile doppelt so groß wie die reale Wirtschaftsleistung.

Das billige Geld sucht sich seinen Weg und treibt auch die Immobilienblase an. Niemand weiß, wann diese Blase platzt. Doch es scheint unvermeidlich, dass das irgendwann der Fall sein wird. Scheidungsraten werden dann eines der kleineren Probleme sein.

Quelle: ntv.de, mit rts/AFP

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