Wirtschaft

Höhepunkt der Rally erreicht? Schwellenländer im Schatten der USA

Die Aktien aus den Emerging Markets feiern in diesem Jahr ein beeindruckendes Comeback. Nach der Rally sind die Investoren allerdings gespalten, wie es mit den Papieren weitergeht. Entscheidend dürften die US-Wahlen und die Geldpolitik sein.

Hat die Party bei Wertpapieren aus den Emerging Markets erst begonnen oder geht sie schon wieder zu Ende? Zuletzt mussten einige Aktienindizes etwas von ihren kräftigen Jahresgewinnen wieder abgeben, allerdings sieht die Performance 2016 in den meisten Schwellenländern noch blendend aus und übertrifft diejenige aus den meisten Industrieländern. Das hat zahlreiche Anleger angelockt und nach Jahren des gebremsten Wachstums herrscht Aufbruchsstimmung für diesen Sektor. Seit Jahresanfang sind umgerechnet mehr als 20 Milliarden Dollar etwa in Emerging Markets-ETFs geflossen.

ETFs werden nicht nur über eine Fondgesellschaft, sondern direkt an den Börsen gehandelt.

ETFs werden nicht nur über eine Fondgesellschaft, sondern direkt an den Börsen gehandelt.

(Foto: dpa)

Auch bei deutschen Kunden standen Schwellenländer-Investments in diesem Jahr hoch im Kurs, wie Manuel Suckart vom niederländischen Discountbroker Degiro berichtet: "Wir haben in den ersten zehn Monaten des Jahres eine starke Nachfrage nach Schwellenländer-ETFs gesehen, die breit über mehrere Länder hinweg investiert haben." Die Gründe für den Aufschwung sieht Suckart auch in der einfachen Anwendung von ETFs. Der Anleger könne mit ihnen kostengünstig und effizient an der Aufwärtsentwicklung von Indizes partizipieren.

Im Jahresverlauf hatten Länder, wie Brasilien und Russland, kräftig vom Anstieg der Rohstoff- und Ölpreise sowie von der Stabilisierung des Wirtschaftswachstums Chinas profitiert, weshalb sowohl die jeweiligen Aktien- und Rentenmärkte als auch die Währungen kräftig gestiegen sind. Für zusätzlichen Rückenwind bei brasilianischen Aktien hatte die Erwartung gesorgt, dass der neue Ministerpräsident Michel Temer das Wirtschaftswachstum ankurbeln und die Staatsausgaben begrenzen wird. Nach einer Rally um 70 Prozent gegenüber dem Januartief hat der brasilianische Ibovespa mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 16 aber schon viel von den guten Nachrichten eingepreist.

Rekorde bei Schwellenländerzuflüssen

Weiter aussichtsreich erscheint hingegen der russische Micex-Index, vor allem wenn die Öl- und Gaspreise wieder nach oben drehen sollten. In dem Index macht der Öl- und Gasbereich, rund um die Schwergewichte Gazprom und Lukoil, deutlich mehr als 40 Prozent des Indexgewichts aus. Ebenso wie der russische Aktienmarkt könnte auch der chinesische weiter nach oben tendieren. Er profitiert davon, dass der Renminbi gegenüber dem Dollar und anderen Währungen deutlich im Rückwärtsgang ist. Damit werden chinesische Produkte im Ausland billiger, während ausländische Produkte in China teurer werden. Das stützt die chinesische Wirtschaft.

China spielt für viele Emerging Markets eine zentrale Rolle, weiß Heike Fürpaß-Peter, ETF-Expertin beim französischen ETF-Anbieter Lyxor: "Bessere Wachstumsaussichten im Reich der Mitte dürften sich auch positiv auf andere Schwellenländer auswirken, da viele dieser Länder einen regen Handel mit den Chinesen führen." Hiervon profitieren auch die Anleihen aus Emerging Markets, die wie die Schwellenländeraktien im ersten Halbjahr neue Rekorde bei den Nettomittelzuflüssen aufgestellt haben.

Für Peter Frick, Fondsmanager bei Loomis Sayles und zuständig für Anleihefonds auf Emerging Markets, ist der Zinsvorteil, den Anleihen aus Schwellenländern bieten, ein Grund für die Beliebtheit dieser Papiere. Die Kupons liegen meist deutlich über denen aus Industrieländern. Sein Favorit für konservative Anleger sind derzeit kurzlaufende Schwellenländeranleihen mit einem hohen Kupon, da diese Papiere bei einem Zinsanstieg weniger anfällig für Kursverluste sind als länger laufende Anleihen. Denn das Risiko liegt in der Unsicherheit über den Wahlausgang in den USA und in einer bevorstehenden Leitzinsanhebung in den USA.

Zuletzt haben Investoren deshalb Gewinne aus Emerging Market-Investments mitgenommen. Für Verunsicherung sorgen vor allem die neuesten Umfragen zur US-Wahl am 8. November. Demnach liegen Donald Trump und die Kandidatin der Demokratischen Partei Hillary Clinton gleichauf. Trump will die heimische Wirtschaft vor allem gegen die Konkurrenz aus China und Mexiko schützen, zumal das Außenhandelsdefizit mit China im Jahr 2015 bei hohen 365,7 Billionen Dollar lag. Sollte Trump die Handelsabkommen mit China oder das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta), also den Wirtschaftsverband zwischen den USA, Kanada und Mexiko tatsächlich in Frage stellen, würde das den ohnehin schwächelnden Welthandel weiter belasten. Das dürften gerade die Emerging Markets zu spüren bekommen, sind sie doch stark exportabhängig.

Stark abhängig von der Geldpolitik der US-Notenbank

Ob etliche Märkte aus den Emerging Markets nach einer kurzen Verschnaufpause weiter steigen, hängt neben der US-Wahl vor allem von der Geldpolitik der US-Notenbank ab. Nachdem Fed-Chefin Janet Yellen die mögliche Zinserhöhung immer weiter vor sich hergeschoben hatte, haben Investoren auf der Suche nach Rendite verstärkt auf die Emerging Markets gesetzt.

Bei der Sitzung der US-Notenbank am 14. Dezember muss Yellen daher Investoren überzeugen, dass sie bei möglichen Zinserhöhungen künftig weiterhin äußerst vorsichtig vorgehen wird. In dem Umfeld könnten die Aktien aus den Emerging Markets - trotz der ambitionierten Bewertung - weiter nach oben tendieren.

Quelle: ntv.de

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