Wirtschaft

Im freien Fall Rubel-Absturz wird zu Putins Problem

Russlands Präsident Wladimir Putin.

Russlands Präsident Wladimir Putin.

(Foto: REUTERS)

Der Rubel fällt von einem Rekordtief zum nächsten. Die Zentralbank stemmt sich vergeblich gegen die rasante Talfahrt. Das ist nicht nur für den Kreml eine ganz schlechte Nachricht.

Der Rubelkurs kennt derzeit nur eine Richtung: nach unten. Am Donnerstag setzte sich die Abwertung fort, die russische Währung fiel auf neue Allzeittiefs zu Dollar und Euro. Für einen Dollar wurden 43,66 Rubel gezahlt, womit der Rubel seit Jahresbeginn ein Viertel seines Wertes verloren hat. Der Euro kostete 55,49 Rubel.

Diese Entwicklung ist für Russland ein großes Problem. Denn sie heizt die Inflation noch weiter an, da sich die Importe verteuern. Die Preissteigerung ist in Russland ohnehin schon hoch - im Oktober lag sie auf Jahressicht bei acht Prozent. Das ist der höchste Stand seit drei Jahren und doppelt so viel wie von der Zentralbank angestrebt.

Verschärft wird diese Entwicklung durch das vom Kreml verhängte Importverbot für Lebensmittel aus Europäischer Union und den USA. Dieser Schritt erhöht den inflationären Druck. Milchprodukte kosteten der russischen Statistikbehörde zufolge im September etwa 16 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Preise für Fleisch und Geflügel lagen um knapp 17 Prozent höher. Diese Entwicklung könnte sich Anfang kommenden Jahres beschleunigen. Denn dann sind die letzten noch vor dem Importstopp angelegten Vorräte von Lieferanten aufgebraucht, zudem steigt im kalten russischen Winter die Nachfrage nach Fleisch.

Die Zentralbank kämpft mit zwei Waffen gegen die Inflation. Zum einen interveniert sie am Devisenmarkt. Sie verkauft Dollar und Euro, um den Rubel zu stützen. Die Devisenreserven Russlands sind stattlich, doch sie schrumpfen rapide. Derzeit liegen sie nach Angaben der Zentralbank bei rund 445 Milliarden Dollar und sind damit so niedrig wie im Sommer 2010 nicht mehr. Im gesamten Jahr sanken sie bisher um mehr als 70 Milliarden Dollar.

Zum anderen erhöht die Zentralbank den Leitzins. Seit März hat sie ihn schon um 2,5 Prozentpunkte auf 8 Prozent angehoben. Am Freitag wird der Leitzins wahrscheinlich um weitere 0,5 Prozentpunkte steigen. Damit grenzt die Bank zwar die Inflation ein, doch die Maßnahmen haben eine weitere Folge: Für die russische Wirtschaft sind hohe Zinsen Gift, denn sie steht bereits am Rande einer Rezession.

Niedriger Ölpreis

Problematisch ist nicht nur, dass der Rubel fällt. Problematisch für Russland ist auch, aus welchen Gründen der Rubel fällt.

Da ist zunächst die Kapitalflucht. In den ersten neun Monaten sind 85,2 Milliarden Dollar aus dem Land geflossen Das ist der höchste Stand seit 2008, als die weltweite Finanzkrise ihren Höhepunkte erreicht hatte.

Zudem ist die Rubel-Schwäche ein Ausdruck des Dollar-Mangels. Dieser liegt unter anderem am niedrigen Preis für Öl, das in Dollar gehandelt wird. Ein niedriger Ölpreis ist für den russischen Staatshaushalt fatal, denn der Rohstoff ist eine Haupteinnahmequelle des Landes. Jeder Dollar weniger pro Fass Öl bedeutet aufs Jahr gerechnet bis zu drei Milliarden Dollar weniger Einnahmen. Ein Barrel Öl kostet derzeit wegen der weltweiten Konjunkturflaute 86 Dollar, während die russische Regierung in ihrer Budgetplanung einen Preis von etwa 100 Dollar zugrunde gelegt hatte.

Wie stark das Schicksal der russischen Wirtschaft an den Ölpreis gekoppelt ist, hat zuletzt die Finanzkrise gezeigt. Als der Preis im Jahre 2008 auf unter 38 Dollar abstürzte, brach das Bruttoinlandsprodukt um 7,8 Prozent ein. Die Devisenreserven schrumpften in kurzer Zeit um 200 Milliarden Dollar, weil die Zentralbank den Rubel stützte. Er verlor dennoch knapp ein Drittel an Wert.

Ein weiterer Grund für den Devisen-Mangel: Die größten Banken Russlands sind wegen der Sanktionen vom US- und vom EU-Kapitalmarkt ausgeschlossen. Wie schwierig die Finanzierung für russische Unternehmen mittlerweile geworden ist, zeigt folgender Vergleich: Bisher haben sie dieses Jahr in etwa 8,7 Milliarden Dollar an den internationalen Anleihemärkten aufgenommen. Vor einem Jahr lag die Summe bei mehr als 35 Milliarden Dollar.

Russische Banken und Unternehmen brauchen dringend Dollar und Euro, um Schulden im Ausland zu begleichen. Alleine der sanktionierte staatliche Ölkonzern Rosneft muss in diesem Jahr der Bank of America Merrill Lynch zufolge 13 Milliarden und im kommenden Jahr 18 Milliarden Dollar Schulden zurückzahlen oder umfinanzieren. Insgesamt müssen russische Unternehmen laut Zentralbank in den kommenden sechs Monaten rund 52 Milliarden Dollar tilgen. Analysten zufolge können die Unternehmen die Forderungen noch bis weit ins kommende Jahr begleichen. Doch sollten die westlichen Finanz-Sanktionen Bestand haben, würden sie bald in ernsthafte Schwierigkeiten kommen.

Quelle: ntv.de, mit rts/dpa

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