Wirtschaft

Griechenland braucht mehr Geld Nach der Rettung ist vor der Rettung

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Griechenland und die Gläubiger streiten um dringend nötige Milliardenhilfe. Doch selbst wenn sich beide Seiten einigen, ist eine Pleite des Landes nicht abgewendet. Spätestens im Sommer wird das Gezerre erneut losgehen.

Die Verhandlungen zwischen Griechenland und dem Rest der Eurozone um milliardenschwere Hilfen laufen nicht gut. Während Griechenland auf die Staatspleite zusteuert, wartet der Rest der Eurozone weiterhin auf die angekündigte Liste mit belastbaren Reformvorschlägen. Selbst wenn beide Seiten noch rechtzeitig eine Lösung finden: Spätestens im Juni wird das Gezerre erneut beginnen. Dann läuft nicht nur das verlängerte Hilfsprogramm aus, es werden außerdem Rückzahlungen in Milliardenhöhe fällig.

Wie lange die griechische Regierung noch ausreichend Geld hat, ist offen. Die meisten Analysten gehen davon aus, dass Athen ohne Hilfe bis Ende des Monats flüssig bleibt – dann müssen Pensionen und die Bezüge der Staatsbediensteten ausgezahlt werden. Andere rechnen damit, dass es der griechischen Regierung bereits vorher nicht gelingt, ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen: Am 9. April muss sie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) rund 460 Millionen Euro überweisen. Mitte des Monats werden kurzfristige Staatsanleihen in Höhe von 2,4 Milliarden Euro fällig. Auch wenn Griechenland diese Last stemmt: Im Juni stehen Rückzahlungen an den IWF in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro an, außerdem müssen kurzlaufende Bonds im Volumen von 3,6 Milliarden Euro bedient werden.  

Da Griechenland von den Kapitalmärkten abgeschnitten ist, scheint die baldige Pleite des Landes unausweichlich, wenn es die letzte Tranche aus den insgesamt 240 Milliarden schweren Hilfspaketen nicht erhält. Die Gläubiger-Troika hält 7,2 Milliarden Euro zurück und knüpft die Freigabe an Spar- und Reformzusagen aus Athen. Das Programm wäre Ende Februar ausgelaufen, wurde aber bis Ende Juni verlängert.

Kommende Zahlungen an den IWF

1. Mai                    201 Mio. Euro

12. Mai                  769 Mio. Euro

5. Juni                   307 Mio. Euro

12. Juni                 346 Mio. Euro

16. Juni                 576 Mio. Euro

19. Juni                 346 Mio. Euro

13. Juli                  461 Mio. Euro

1. August              179 Mio. Euro

4. September        307 Mio. Euro

14. September      346 Mio. Euro

Quelle: IWF

Viele Ökonomen und Analysten gehen davon aus, dass Griechenland dann ein drittes Hilfspaket braucht. Im Juli stehen Zahlungen von 6 Milliarden Euro, im August von 4,2 Milliarden Euro an. Dass Athen die Verpflichtungen ohne neue Finanzspritzen erfüllen kann, gilt als nahezu ausgeschlossen. Gemeinhin wird damit gerechnet, dass das neue Hilfspaket zwischen 30 und 50 Milliarden Euro schwer sein muss.

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras schließt zwar öffentlich aus, dass es dazu kommen wird. Doch ihm wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Daran ändert auch nichts, dass Athen den gegenwärtigen Hilfsmechanismus für einen Fehler hält. Das Argument: Die mit den Krediten verbundenen Auflagen hätten zu tiefer Rezession und hoher Arbeitslosigkeit geführt. Außerdem sei es von Anfang an klar gewesen, dass Athen die Hilfe nicht zurückzahlen könne.

Tsipras lehnt das institutionalisierte Prozedere ab, in dessen Rahmen die Hilfen an Griechenland verhandelt und ausgezahlt werden. Stattdessen will er informellere, unverbindlichere  Absprachen. Es ist jedoch äußerst fraglich, ob er sich durchsetzt. Denn sowohl der  europäische Rettungsmechanismus ESM als auch der IWF knüpfen Zahlungen an ein klares Verfahren -  und bestehen auf Verpflichtungen, Zielvorgaben und deren Kontrolle.

Sollte sich Athen diese Bedingungen nicht akzeptieren, droht laut Bank of America Merrill Lynch (BoAML) das "hässliche Szenario". Wenn sich Griechenland nicht glaubwürdig zu Reformen verpflichte, würden die Europäer und der IWF das laufende Programm einstellen, so die Analysten. Außerdem würde die EZB die Notkredite stoppen, mit denen sie die griechischen Banken am Leben hält. Die Folgen wären ein Bankrun und die technische Pleite des Landes. "Wenn diese Schocks die Regierung nicht zu einer Umkehr und zu einem Deal mit der Eurozone zwingen, ist  der Grexit in diesem Jahr unausweichlich",  schreiben die Analysten.  

Quelle: ntv.de

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