Wirtschaft

In Frankfurt rauchen die Köpfe Mögliche Brexit-Folgen treiben EZB um

Bei den EZB-Währungshütern gibt es große Sorgenfalten wegen der Brexit-Entscheidung in Großbritannien. Sie sehen ein großes Risiko für das Wachstum in der Eurozone. Allerdings sei dieses schwer quantifizierbar, heißt es.

Bei der EZB schaut man gespannt in Richtung Großbritannien.

Bei der EZB schaut man gespannt in Richtung Großbritannien.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Votum für einen Austritt Großbritanniens aus der EU stellt nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) ein bedeutendes Wachstumsrisiko für die Eurozone dar. Wie aus dem Protokoll der EZB-Ratssitzung vom 2. Juni hervor geht, hielt der Rat diese Risiken allerdings für schwer quantifizierbar. Hinweise auf Pläne für eine bevorstehende weitere Lockerung enthält das Protokoll nicht. Die Wahrnehmung von Marktteilnehmern, dass den Zentralbanken des Eurosystems im Rahmen ihres Ankaufprogramms bestimmte Papiere ausgehen könnten, nimmt die Zentralbank ernst.

"Es gab eine allgemeine Übereinstimmung darüber, dass dies (das Referendum) mit Blick auf den Wachstumsausblick eine bedeutende Quelle von Unsicherheit darstellt und dass im Falle eines Brexit-Votums über finanzielle und Handelskanäle zu schwer vorhersehbaren Übertragungseffekten auf den Euroraum kommen könnte", heißt es in dem Protokoll.

Zu diesem Zeitpunkt ging der EZB-Rat davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage leicht verbessert und die Konjunkturerholung etwas an Stärke gewonnen hat. Zudem prognostizierte er für die kommenden Monate sehr niedrige oder sogar negative Inflationsraten, höhere Inflationsraten wurden für das zweite Halbjahr erwartet.
Im Protokoll weist die EZB darauf hin, dass die Kerninflationsrate in jüngster Zeit niedriger als erwartet gewesen sei. Sie merkt an, dass dies maßgeblich auf schwächere Inflationsraten im Dienstleistungssektor zurückzuführen sei, die wegen statistischer Änderungen bei der Erfassung von Mietpreisen in einem großen Mitgliedsland nach unten verzerrt seien.

Die EZB hatte ihre Zinsen und das Ankaufprogramm bei der Ratssitzung am 2. Juni unverändert gelassen. EZB-Präsident Mario Draghi hatte im Anschluss in seiner Pressekonferenz gesagt, die EZB werde die im März beschlossenen Maßnahmen umsetzen und deren Auswirkungen beobachten.

Experten rechnen mit weiterer Lockerung der Geldpolitik

Eine ungewollte Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen oder Zweitrundeneffekte der sehr niedrigen Inflation würden die EZB aber zum Handeln zwingen. Diese Zusage findet sich auch im Sitzungsprotokoll.

Im März hatte die EZB beschlossen, ihre Zinsen erneut zu senken. Dabei wurde der Satz für Bankeinlagen auf minus 0,40 Prozent reduziert und das Monatsvolumen der Wertpapierankäufe von 60 auf 80 Milliarden Euro angehoben. Zudem beschloss der EZB-Rat, Unternehmensanleihen in sein Kaufprogramm einzubeziehen, was im Juni geschah.

Darüber hinaus wurden das Emissions- und Emittentenlimit für den Ankauf von Anleihen internationaler Förderbanken und multilateraler Organisationen von 33 auf 50 Prozent angehoben. Schließlich legte die EZB eine neue Serien gezielter, langfristiger Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO II) auf.

Viele Volkswirte rechnen damit, dass die EZB ihre Geldpolitik gegen Jahresende erneut lockern muss, weil sie mit der sich dann abzeichnenden Inflationsentwicklung nicht zufrieden sein dürfte. Diese Erwartungen haben sich nach dem Votum der Briten für einen Austritt Großbritanniens aus der EU verstärkt.

Quelle: ntv.de, wne/DJ

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