Wirtschaft

Empörung wegen Hollande-Kritik an EU-Kommission Merkels schwierige Mission in Paris

Immer wieder grüßt das Murmeltier: Merkel und Hollande tragen schwer an der deutsch-französischen Freundschaft.

Immer wieder grüßt das Murmeltier: Merkel und Hollande tragen schwer an der deutsch-französischen Freundschaft.

(Foto: picture alliance / dpa)

Eigentlich sollte es ja ein Wohlfühltermin werden. Aber kurz vor dem Besuch von Kanzlerin Merkel bei Staatspräsident Hollande ziehen schon wieder dunkle Wolken auf. In Paris ist der Ärger über die als harsche Zurechtweisung empfundene Reformempfehlung der EU-Kommission noch nicht verflogen. Da gibt es aus Berlin auch noch Kritik an Hollandes heftiger Reaktion.

Der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Frankreich hätte so schön werden können. Alles sollte harmonisch sein. Sogar ein gemeinsamer Besuch einer Louvre-Ausstellung deutscher Maler, "De Allemagne" ("Über Deutschland"), stand auf dem Programm -  alles in allem ein Wohlfühltermin eben. Einigkeit sollte demonstriert werden. Ein bisschen Arbeit an einem gemeinsamen Papier zur Zukunft einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ist auch eingeplant. Aber eben nur am Rande. Oberstes Ziel war es, die Verstimmungen zwischen Paris und Berlin der letzten Monate auszuräumen.

Doch nun hängt der europäische Haussegen schon wieder schief. Diesmal bietet Berlin nicht den Anlass zu Empörung, sondern Brüssel, aber es geht um die gleiche Sache: Der Druck auf Frankreich, mehr für Reformen zu tun, hat wieder deutlich zugenommen. Und Paris fühlt sich durch die EU-Partner bevormundet. Die Spar- und Reformvorschläge der EU-Kommission vom Vortag gehen dem Sozialisten Hollande einmal mehr entschieden zu weit. "Die EU-Kommission kann uns nicht diktieren, was wir zu tun haben, sie kann nur sagen, dass Frankreich seinen Haushalt ausgleichen soll", sagte Hollande und verbat sich das "Diktat" und die Einmischung in französische Angelegenheiten. Frankreich wisse am besten, was zu tun sei.

Union empört über Hollande-Kritik

Ausgerechnet in dem Moment, wo "Sparkanzlerin" Merkel eigentlich anreist, um vor Ort ältere Wogen zu glätten, löst Hollandes barsche Reaktion eine neue Welle der Empörung in der deutschen Regierungskoalition aus. "Wenn ein Land in der EU und der Eurozone glaubt, sich nicht an Verabredungen halten zu müssen, ist dies besorgniserregend", sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs. Fraktionsvize Michael Meister schlug in die gleiche Kerbe: "Die EU-Kommission hat Nachsicht mit Frankreich beim Haushaltsdefizit gehabt und wird dennoch von Hollande kritisiert." Wenn man der Brüsseler Behörde überhaupt etwas vorwerfen könne, dann sei es diese Nachsicht, ergänzte der CDU-Politiker. "Die EU-Kommission hat die Rolle, über die Einhaltung der Maastricht-Verträge zu wachen. Frankreich hält die Verträge nicht ein." Die EU-Kommission hatte Frankreich am Vortag zwei Jahre mehr Zeit eingeräumt, um das Drei-Prozent-Defizit-Ziel zu erreichen.

Der haushaltspolitische Sprecher der Union, Norbert Barthle, erklärte das Verhalten Hollandes vor allem mit dessen innenpolitischer Schwäche. Eigentlich befänden sich Frankreich und Deutschland in einer Entspannungsphase. Deshalb passten die Äußerungen des Sozialisten nicht zu den klaren Absprachen. "Dass Frankreich von der Kommission zwei Jahre mehr Zeit für das Erreichen der Haushaltsziele bekommt, ging aus unserer Sicht bereits weit über das Ziel hinaus. Aber die klare Auflage war, dass die Kommission dem Land dann auch klare Reformvorschläge macht." Wenn Hollande diese Verbindung in Frage stelle, dürfe dies nicht ohne Konsequenzen bleiben. "Man sieht sich immer zweimal im Leben. Noch einmal wird Frankreich nicht mit Nachsicht rechnen können", Barthle.  

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle ermahnte Frankreich zu mehr Reformen. "Um endlich das Wachstum in ganz Europa anzukurbeln, braucht Frankreich Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken", sagte Brüderle der "Rheinischen Post". Es werde Zeit für die Besinnung auf mehr soziale Marktwirtschaft statt sozialistischer Staatswirtschaft. "Ich bin mir sicher, dass die Bundeskanzlerin, wie es sich unter Freunden gehört, das intern deutlich ansprechen wird."

Freundschaft unter Dauer-Spannung

Am Abend will Merkel mit Hollande Gespräche zur Vorbereitung des EU-Gipfels im Juni führen. Dabei dürfte es vor allem um die Suche nach gemeinsamen Wegen zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum in Europa gehen. Ein kühler Kopf wäre bei dem Thema hilfreich. Insbesondere da beide in Fragen der Eurokrise deutlich unterschiedliche Positionen vertreten. Während der französische Präsident sich in der Vergangenheit durchgängig für eine Abkehr vom strikten Sparkurs in Europa ausgesprochen hat, gilt Merkel als dessen strenge Verfechterin. Trotz der Meinungsverschiedenheiten in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik haben es beide Seiten aber stets vermieden, einen öffentlichen Streit anzuzetteln. Hollande sprach lieber von einer Beziehung der "freundschaftlichen Spannungen". Harmonisch wird die Begegnung in dem spannungsgeladenen Umfeld nicht, aber vielleicht doch konstruktiv.

Quelle: ntv.de, mit rts

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