Wirtschaft

Streit mit Weidmann geht weiter Draghi nennt Anleihenkäufe unbedenklich

EZB-Präsident Draghi (links) und Bundesbank-Chef Weidmann vermieden es in Washington, direkt miteinander zu sprechen (Archivbild).

EZB-Präsident Draghi (links) und Bundesbank-Chef Weidmann vermieden es in Washington, direkt miteinander zu sprechen (Archivbild).

(Foto: REUTERS)

Sollte Europas Zentralbank demnächst Staatsanleihen einkaufen, so führt das laut Präsident Draghi nicht zu ungezügeltem Preisanstieg und Zinsverfall. Bundesbank-Chef Weidmann ist anderer Meinung. Das Verhältnis gilt als abgekühlt.

Die Präsidenten von Europäischer Zentralbank (EZB) und Deutscher Bundesbank haben ihren Streit über die Geldpolitik in der Eurozone am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington fortgesetzt. EZB-Präsident Mario Draghi stellte sich erneut hinter die unkonventionellen Maßnahmen seines Hauses, während Jens Weidmann abermals Zweifel an deren Effektivität äußerte. Einem Bericht zufolge herrscht Eiszeit zwischen den Antipoden des EZB-Rats.

Draghi wagte bei der argumentativen Vorbereitung geplanter Staatsanleihenkäufe durch die EZB einen weiteren Schritt nach vorn. "Wir sehen kein ernsthaftes Risiko von Preisblasen am Staatsanleihemarkt", sagte er. Gemeint ist wohl, dass Europas Zentralbank auch beim baldigen Kauf solcher Papiere nicht befürchtet, durch die künstlich geschaffene Nachfrage für ungerechtfertigt hohe Preise und entsprechend niedrigere Zinsen zu sorgen.

Einige Beobachter sehen diesen Zustand allerdings schon jetzt erreicht. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen lag zuletzt bei nur noch 0,85 Prozent, Frankreich zahlte 1,25 Prozent für zehnjährige Schulden und selbst das hochverschuldete Italien muss nur 2,3 Prozent zahlen - so viel wie die USA.

Draghi nennt Weidmann "Nein-zu-allem"

Der EZB-Rat hat gerade den Ankauf privater Wertpapiere beschlossen, womit er nach Aussage von EZB-Präsident Draghi zweierlei bezweckt: Die Kreditvergabe an Unternehmen in Gang bringen und die Zentralbankbilanz auf ein Volumen vergrößern, das sie zuletzt Anfang 2012 hatte. Manche Beobachter vermuten, dass die EZB dieses Ziel nicht erreichen kann, ohne auch Staatsanleihen zu kaufen. Aussagen Draghis zu Staatsanleihen werden deshalb sehr aufmerksam verfolgt.

Gegen den Ankauf privater Wertpapiere hat EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann gestimmt. Bei der Jahrestagung wies er darauf hin, dass die Renditen privater und öffentlicher Anleihen bereits jetzt sehr niedrig seien, so dass eine weitere Absenkung nichts brächte. Laut Spiegel-Bericht äußerte Weidmann wegen der Wirtschaftsschwäche des Euroraums grundsätzliche Zweifel an der Wirksamkeit der EZB-Politik. "Haben wir es lediglich mit Pech zu tun, oder übersehen wir vielleicht etwas in der wirtschaftlichen Analyse?", fragte Weidmann rhetorisch.

Dass Weidmann und Draghi ständig unterschiedlicher Meinung sind, führt nach einem Bericht des "Focus" zu Sprachlosigkeit zwischen den beiden geldpolitischen Gegenpolen des EZB-Rats. Ohne Angaben von Quellen berichtet das Magazin, dass es seit Juli außerhalb der beiden Ratssitzungen Anfang September und Anfang Oktober keinen direkten Kontakt mehr zwischen den beiden gegeben habe. Anders als früher üblich habe Draghi Weidmann zuvor nicht über seine aktuellen Pläne - in diesem Falle die EZB-Bilanzausweitung - unterrichtet. Er halte eine Zusammenarbeit mit Weidmann kaum noch für möglich und nenne den Deutschen im vertrauten Kreis "Nein-zu-allem".

Quelle: ntv.de, bwe/DJ

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