Wirtschaft

EZB-Kursänderung nicht in Sicht Draghi ignoriert Zinswende-Rufe

Die Rufe nach einer Änderung der EZB-Geldpolitik werden lauter. Vor allem aus Deutschland gibt es die Forderung, eine Zinswende einzuleiten. Doch EZB-Präsident Draghi lässt sich davon nicht beeindrucken. Der Italiener hat dafür seine Gründe.

Die lauter werdenden Forderungen aus Deutschland nach einer Zinswende finden bei EZB-Präsident Mario Draghi kein Gehör. Der oberste Euro-Hüter hält die Zeit für eine Kursänderung noch nicht für gekommen, wie er nun wieder deutlich machte. Die Nachteile der Niedrigzinsen werden zunehmend auch für die Verbraucher spürbar, die für früher kostenlose Bankdienste inzwischen Geld bezahlen müssen. Doch weil die Konjunkturerholung noch auf unsicheren Füßen steht, will die EZB vorerst an ihrer Politik der extrem offenen Geldschleusen festhalten. Allerdings werden in der Notenbank-Führung erste zögerliche Diskussionen über Änderungen erkennbar.

Mario Draghi behält den Kurs der ultralaxen Geldpolitik bei.

Mario Draghi behält den Kurs der ultralaxen Geldpolitik bei.

(Foto: REUTERS)

Vor allem in Deutschland wächst die Unruhe. Die Banken schlagen Alarm und wälzen die Nachteile der ultralaxen Geldpolitik vermehrt auf die Kunden ab, denen neue Gebühren abverlangt werden. Jüngst betonten die wissenschaftlichen Berater von Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries die Gefahren des EZB-Kurses für das Finanzsystem. Ins selbe Horn blies nun der Internationale Währungsfonds (IWF), der vor einem dauerhaft schwachen Wirtschaftswachstum warnte. In den USA ist die Notenbank Federal Reserve wieder dabei, die Zügel zu straffen.

Nach Einschätzung Draghis wäre in der Euro-Zone eine Änderung aber verfrüht. Die Wirtschaft bedürfe nach wie vor einer erheblichen Unterstützung durch die Währungshüter. Zudem ist seinen Worten nach noch unklar, ob sich die Inflation dauerhaft in die von der Zentralbank angestrebte Richtung bewegt. "Daher ist eine Neubewertung der gegenwärtigen geldpolitischen Haltung derzeit nicht gerechtfertigt", sagte Draghi auf einer Konferenz in Frankfurt.

Unter der Oberfläche

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hingegen unterstrich seine Auffassung, dass der Zeitpunkt für eine allmähliche Abkehr von der Politik des ultrabilligen Geldes immer näher rücke. "Angesichts der Aussicht auf eine fortschreitende, durchaus robuste wirtschaftliche Erholung im Euro-Raum und eines zunehmenden Preisdrucks ist auch die Diskussion legitim, wann denn der EZB-Rat die geldpolitische Normalisierung in den Blick nehmen sollte", sagte Weidmann in Berlin.

In ihrer Zinssitzung im März hatten die Währungshüter zwar über eine vorsichtige Änderung ihres geldpolitischen Ausblicks gesprochen, wie aus dem Protokoll des Treffens hervorgeht. Die Notenbanker schreckten aber davor zurück, ihren - an den Finanzmärkten viel beachteten - Hinweis auf die Möglichkeit noch tieferer Zinsen zu streichen. Chefvolkswirt Carsten Brzeski vom Bankhaus ING-Diba geht daher davon aus, dass sich die EZB vorerst nicht groß bewegen wird. "Dennoch findet unter der Oberfläche ein sehr gradueller Wechsel statt", erklärte Brzeski.

Die EZB strebt knapp zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft an. Im März war die Teuerung im Euro-Raum aber wieder auf 1,5 Prozent von 2,0 Prozent im Februar gesunken, nachdem sie in den Monaten davor sogar noch deutlich tiefer lag. Die EZB hält ihre Leitzinsen schon seit längerem auf dem Rekordtief von null Prozent. Zudem pumpt sie über den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren Woche für Woche Milliarden in das Bankensystem. Mit den auf 2,28 Billionen Euro angelegten Käufen, die noch bis mindestens Ende dieses Jahres laufen sollen, will sie Geldhäuser unter anderem dazu anregen, mehr Kredite an die Wirtschaft auszureichen.

Quelle: ntv.de, Frank Siebelt, rts

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