Wirtschaft

Anleihekäufe nur bei Deflation Draghi hält sich zurück

EZB-Chef Draghi will nicht zu früh sein letztes Pulver verschießen.

EZB-Chef Draghi will nicht zu früh sein letztes Pulver verschießen.

(Foto: REUTERS)

Anleihekäufe in großem Stil gehören laut EZB-Chef Draghi zwar zum Waffenarsenal der Notenbank, sollen jedoch erst bei drohender Deflation zum Einsatz kommen. Derweil wird die EZB-Niedrigzinspolitik auch als Vorteil für die Sparer verteidigt.

Die Europäische Zentralbank hat derzeit nicht vor, umfangreiche Anleihekäufe zu tätigen. Aktuell konzentrierten sich die Währungshüter zunächst einmal auf die Anfang des Monats verkündete Lockerung der Geldpolitik, sagte Mario Draghi der Zeitung "De Telegraaf". Auf die Frage, was geschehen müsse, damit die EZB mit dem Kauf von Schuldtiteln Geld in die Wirtschaft pumpe, antwortete der EZB-Chef: "Das wäre die Antwort auf eine Verschlechterung der Inflationserwartungen auf mittlere Sicht."

Die EZB hatte Anfang Juni ihren Leitzins fast bis auf null Prozent gekappt und erstmals einen Strafzins für Banken eingeführt, die Geld lieber bei ihr parken als es an Unternehmen als Kredite weiterzugeben.

Deflation zeigt sich nicht

Der Kauf von Staatsanleihen - im Fachjargon quantitative Lockerung genannt - "ist in der Tat innerhalb unseres Mandats möglich, wenn die Käufe dazu dienen, die Preisstabilität zu wahren", erklärte Draghi. "Quantitative Lockerung kann nicht nur Staatsanleihen beinhalten, sondern auch Kredite aus dem Privatsektor. Wir werden darüber reden, wenn die Zeit dafür reif ist." Draghi betonte jedoch, dass die EZB bislang keine Anzeichen von Deflation im Sinne eines Preisrückgangs auf breiter Front in der gesamten Euro-Zone wahrgenommen habe.

Draghi sagte zudem, die wirtschaftliche Erholung sei noch nicht in trockenen Tüchern. Störungen in der Weltwirtschaft könnten die Situation schnell ändern, warnte er. Zudem stelle die hohe Arbeitslosigkeit eine Gefahr für das bislang sehr ungleichmäßige Anziehen der Konjunktur in der Euro-Zone dar. "Die Zinsen werden für eine längere Zeit niedrig bleiben", versicherte Draghi. Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny wurde konkreter: "Sobald es ein deutliches Wachstum, also mehr als zwei Prozent gibt, tritt die Zinswende ein. Das wird aber aus heutiger Sicht kaum vor 2016 sein." Der Aufschwung sei "noch ein zartes Pflänzchen", sagte Nowotny der "Kronen-Zeitung"

"EZB-Politik auch für Sparer gut"

Vor allem aus Deutschland hagelte es Kritik, nachdem Draghi Anfang des Monats eine weitere Zinssenkung bekanntgegeben hatte. Die künftige Wirtschaftsweise Isabel Schnabel verteidigte nun jedoch die Beschlüsse der EZB. "Auch die Sparer profitieren von einer Stabilisierung der Euro-Zone. Insofern ist es falsch, es so darzustellen, als ob die Sparer nur Nachteile durch die geringen Zinsen hätten", sagte sie der "Mainzer Allgemeinen Zeitung". "Wenn man die Krise nicht in den Griff bekommt, wird das noch viel schmerzhafter und teurer." Auch Nowotny betonte: "Wir mussten reagieren, um eine neue Wirtschaftskrise zu verhindern."

Schnabel sieht in den niedrigen Zinsen aber auch Risiken. Es steige "die Gefahr von Preisblasen bei Immobilien und Aktien", warnte sie. Die 42-Jährige, seit 2007 an der Mainzer Universität Professorin für Volkswirtschaftslehre, ist von der Bundesregierung als Nachfolgerin von Claudia Buch als Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgeschlagen worden - den sogenannten Wirtschaftsweisen. Buch wechselte zur Bundesbank.

Quelle: ntv.de, sla/rts

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