Wirtschaft

Studie: Mit dem Boom ist Schluss Die halbe Wahrheit über den Immobilienmarkt

Das Ende des Immobilienbooms steht bevor, sagen Experten. Ist die Party wirklich vorbei?

Das Ende des Immobilienbooms steht bevor, sagen Experten. Ist die Party wirklich vorbei?

(Foto: picture alliance / dpa)

Jahrelang sind die Wohnungs- und Häuserpreise gestiegen. Wie lange kann so etwas gut gehen? Branchenexperten sagen jetzt: Die Party ist vorbei, die Preise werden einbrechen. Doch ganz so klar ist das nicht.

Eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie weckt derzeit Hoffnungen bei all denjenigen, die auf bald sinkende Immobilienpreise spekulieren. Die Party in Berlin und München sei vorbei, heißt es da. Auch in Städten wie Frankfurt oder Hamburg sei eine Preiskorrektur bitter nötig. Mit steigenden Mieten sei nicht mehr zu rechnen. Steht Investoren und Mietern nun eine Bereinigung, vielleicht sogar ein Platzen einer Blase bevor?

Mit Studien von Fachleuten und Verbänden ist es bekanntlich immer so eine Sache. Es lohnt der Blick darauf, wer der Auftraggeber ist und welche Interessen mit der Studie verbunden sind. Das Frühjahrsgutachten "Immobilienwirtschaft 2017" vom ZIA - dem zentralen Immobilienverband - mag zum Schluss kommen, dass der Boom bei deutschen Wohnungen und Häusern bald zu Ende gehen wird. Aber ausgemachte Sache ist es deshalb noch lange nicht. Tatsächlich gibt es doch einige Gründe, die dagegen sprechen.

Richtig ist, der Wohnungsmarkt in Deutschlands Großstädten ist extrem angespannt, entsprechend geht es mitunter auch recht rau bei der Wohnungssuche zu. Gleichzeitig klagen Käufer von Immobilien, dass die Finanzierung trotz niedriger Zinsen immer schwieriger wird. Zum einen haben sich die Anforderungen für Familien verschärft, zum anderen fallen mit Grundsteuer und Maklergebühr zwei Kosten ins Gewicht, die Käufer meist so auf den Tisch legen müssen - die Banken finanzieren diese nämlich nicht.

Maklergebühren als heftige Belastung

Besonders die Maklergebühr, die im Vergleich zu manchem Nachbarland absurd hoch ist, ist vielen ein Dorn im Auge. Ähnlich wie beim Mieten wird mittlerweile laut darüber nachgedacht, das Bestellerprinzip einzuführen. Sowohl Käufer als auch Verkäufer sind sich obendrein einig, dass die Makler in großen Städten in den letzten Jahren keine Knochenarbeit verrichten mussten, um auf ihren Satz von mitunter mehr als sieben Prozent zu kommen.

Doch mal abseits von Maklern und Steuern: Sind die Preise wirklich überzogen? Hierfür muss man genauer hinschauen. Für München kann man fast flächendeckend im Innenstadtbereich und im S-Bahn-Ring sehr hohe Mieten und Quadratmeterpreise feststellen. In Gegenden wie Schwabing ist der Markt bereits abgegrast, so hoch ist die Nachfrage und entsprechend hoch die Preise. Gleichzeitig ist die Kaufkraft in München aber auch immens. Grundsätzlich gilt, dass der Markt sich selbst reguliert. Bei manchen Immobilien liegt der Ertrag ohne Zweifel nach laufenden Kosten bei nahezu null, aber in Zeiten der Niedrigzinsen ist für manche Anleger eine Münchner Immobilie als Geldparkplatz immer noch eine sinnvolle Idee.

Spezialfall Berlin

Berlin dagegen ist weitaus heterogener. Bezirke wie Mitte, Prenzlauer Berg, Kreuzberg oder Friedrichshain warten bei freistehenden Einheiten im schicken Altbaustil durchaus mit Kaufpreisen von 4000 Euro den Quadratmeter und deutlich mehr auf.

Für vermietete Objekte mit Altverträgen muss man mitunter aber "nur" 2000 bis 2500 Euro hinlegen. Oft entspricht das einem mit dem Aktienmarkt vergleichbaren KGV von 25 bis 30. Aber auch hier sind Investoren bereit, diesen Preis zu zahlen. In manchen Bezirken wie dem ewigen "Geheimtipp" Wedding gibt es sogar noch immer Altbaueinheiten für deutlich unter 2000 Euro den Quadratmeter – im europäischen Vergleich für eine Hauptstadt einzigartig.

Deutschland ist keine Insel

Für eine Prognose, wie der Immobilienmarkt sich weiterentwickelt, reicht das jedoch immer noch nicht. Es braucht den Blick über den Tellerrand. Insbesondere Berlin muss sich mit anderen europäischen Metropolen messen lassen. Wer reist, hört von jungen Leuten immer wieder den Wunsch, nach Berlin überzusiedeln. Nicht Paris oder London sind ihre erste Wahl, sondern Berlin. Solche weichen Faktoren erfasst kaum eine Statistik. Hinzu kommt, dass auch immer mehr behördliche Einrichtungen nach Berlin abwandern. Auch viele Dax-Konzerne verlagern ihre Zweigstellen in die deutsche Hauptstadt.

Und noch einen Faktor vernachlässigen die Studien: In den kommenden Jahren wird die flexible Arbeit von zuhause immer mehr zunehmen. Ob der Laptop in London, Mailand, Prag oder Berlin steht, ist für Arbeitnehmer oder Selbständige beliebig. Ob die Warmmiete für ein Apartment 15 Euro je Quadratmeter oder 20 Euro beträgt, mag für jene, die alte Zeiten gewohnt sind, nicht egal sein. Wer jedoch die Wahl hat zwischen 20 Euro in Berlin und 40, 50 oder 60 Euro in Paris, London oder München, wird angesichts des Vergleichs nicht lange zögern, seinen Standort noch einmal zu überdenken.

Crash? Keine g'mahde wiesn ...

Ein Crash am Immobilienmarkt oder eine merkliche Korrektur der Preise ist also keinesfalls ausgemachte Sache. Zumal ein Aspekt noch immer und wohl auch weiterhin für potenzielle - wohlgemerkt institutionelle - Investoren spricht. "Dank" der EZB sucht ein riesiger Haufen Geld immer und immer wieder Anlagemöglichkeiten. Bei festverzinslichen Anleihen sind 0,4 Prozent auf ein Jahr bei der IKB momentan das höchste der Gefühle am Markt.

Trotzdem hat ein Verband wie der ZIA ein natürliches Interesse daran, das Problem steigender Immobilienpreise etwas kleinzuhalten. Denn Exzesse münden nicht selten in ein Mehr an Regulierung oder staatlichen Eingriffen und die will der Branchenverband sicher nur ungern sehen.

Solange sich am Umfeld nichts Wesentliches ändert, können die Preise aller Anlageklassen - Aktien, Immobilien bis hin zu Oldtimern oder Kunstgegenständen - weiter klettern. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein heiß laufender Markt noch jahrelang überhitzt. Eine Studie im Regierungsauftrag drückt das sicher höflicher aus. Aber Fakt ist: Irgendwo muss die Kohle hin.  

Quelle: ntv.de

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