Wirtschaft

"Haus-Flipping" - die nächste Blase? Die Immobilienzocker sind zurück

Immobilienspekulanten treiben die Häuserpreise nach oben.

Immobilienspekulanten treiben die Häuserpreise nach oben.

(Foto: REUTERS)

Zehn Jahre nach der Häuserkrise wird am amerikanischen Immobilienmarkt wieder exzessiv spekuliert. Insider warnen: Wenn jeder zockt, ist der Boom meistens schon vorbei.

In den USA grassiert wieder das Häuserfieber. Gemeint ist ein Geschäftsmodell, auch Haus-Flipping genannt, bei dem Immobilien schnell hintereinander ge- und verkauft werden - immer mit Profit. Meistens wechseln die Objekte zweimal innerhalb eines Jahres den Besitzer. Manchmal werden die Objekte vorher flott gemacht - manchmal auch nicht. Bei einem Flip macht der Investor im Schnitt heute 61.000 Dollar Gewinn. Vor acht Jahren waren es laut der Researchfirma ATTOM Data Solutions lediglich 19.000 Dollar. Der Markt wächst dramatisch. Insider warnen bereits vor einer gefährlich prallen Blase.

Schon vor zehn Jahren gab es eine ähnliche Situation. Das Hauspreis-Karussell lief heiß. Auf Pump kauften die Amerikaner immer teurere Immobilien. Die Häuserpreise stiegen, die Blase wuchs. Und auf den Boom folgte der "Bust", die Blase platzte. Die Hauskäufer konnten ihre Kredite nicht zurückzahlen. Auf die Häuser- folgte die Staatsschuldenkrise. Und von einem Tag auf den anderen stand die Weltwirtschaft plötzlich am Abgrund. Es gibt andere Finanzzockereien, die mehr Geld bewegen. Aber das exzessive Haus-Flipping birgt großes Potenzial für eine neue dramatische Schieflage am Häusermarkt.

Wehret den Anfängen

Laut Insidern hatten die Deals in den vergangenen Monaten ein Volumen von mehreren hundert Millionen Dollars. Der Sektor ist damit zwar noch klein. Aber alle Anzeichen sprechen dafür, dass der Markt schnell wachsen wird. Wieder ist der Hauptschauplatz die USA. Das heißt, es gibt auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten: Großbanken wie Wells Fargo, Goldman Sachs und JP Morgan sind schon in der Spur, sich ihren Teil des Kuchens zu sichern. Wie es heißt, sollen sie in den vergangenen Monaten die Kreditlinien für Hypothekenanbieter hochgesetzt haben, damit die Zockerszene mit Barem versorgt ist. 60 Millionen Dollar soll JP Morgan zum Beispiel dem kalifornischen Unternehmen 5 Arch Funding für Geschäfte mit Haus-Flippern zur Verfügung gestellt haben, berichtet das Wall Street Journal (WSJ) unter Berufung auf Insider.

Die Parallelen zur US-Häuserkrise, die 2006 begann, sind nicht zu übersehen. Die Zahl der Investoren, die schnelles Geld mit Immobilien-Pingpong verdienen, ist laut WSJ in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres auf das höchste Niveau seit 2007 gestiegen. Außerdem war ein Drittel der Deals im dritten Quartal kreditfinanziert - so viel wie seit acht Jahren nicht mehr. Zusammengenommen summierten sich die Häuserkredite 2016 auf knapp 50 Milliarden Dollar.

Insidern zufolge können Spekulanten ihre exzessiven Geschäfte immer leichter finanzieren. Die Dokumentationspflichten für einen Kredit seien gelockert worden, heißt es. "Die Schleusen sind offen", formuliert es Eduardo Axtle, ein 35jähriger ehemaliger Telekom-Unternehmer aus dem kalifornischen Oakland gegenüber der Zeitung. Er selbst hat in den vergangenen fünf Jahren 50 Häuserkredite aufgenommen. "Wirklich jeder ist im House-Flipping-Geschäft – das ist der Zeitpunkt, an dem du weißt, dass es vorbei ist", zitiert das Blatt einen Immobilien-Makler und Haus-Flipper aus Südkalifornien.

Häuserpreise wieder auf Rekordniveau

Flipping ist nicht nur ein lukratives, sondern auch ein schnelles Geschäft. Flipper halten Häuser genauso wie die Kredite für sie nur sehr kurze Zeit. Im Schnitt läuft eine Flipping-Finanzierung sieben Monate - bei Zinsraten zwischen sieben und zwölf Prozent. Bisweilen sollen Immobilienzocker bis zu 65 Prozent Eigenkapital beisteuern. Zum Vergleich: Bei einer normalen Hypothek über 30 Jahre zahlen die Kunden vier Prozent Zinsen und legen selten mehr als 25 Prozent Eigenkapital auf den Tisch.

Die Frage ist, wie sich auf dem US-Häusermarkt so schnell wieder eine Blase auf dem Häusermarkt bilden konnte. Schuld ist die Niedrigzinsphase. Ohne sie wäre der Run auf Häuser überhaupt nicht möglich gewesen. Da Zinsen in den vergangenen Jahren praktisch nicht existent waren, waren Kredite günstig. Die Nachfrage nach Häusern stieg, das Angebot wurde knapper. Und heute ist der Markt so gut wie abgegrast - auch durch gierige institutionelle Käufer. Die Folge ist, dass die Hauspreise wieder ein Niveau erreicht haben wie vor der Krise.

Und schon ist die Spirale wieder an einem kritischen Punkt. Die erste Abkühlung für den heiß gelaufenen Immobilienmarkt wartet bereits: Nachdem Donald Trump überraschend die Präsidentschaftswahl gewonnen hat, sind die Hypothekenzinsen wieder gestiegen. Werden Kredite teurer, sinkt die Nachfrage und damit auch die Preise.

Riskant ist auch, dass es keine Regularien für diese Kreditgeschäfte gibt. In dem Markt tummeln sich hauptsächlich kleinere Firmen, bei denen die Gesetze, die nach der Krise für Banken und Hypothekeninstitute eingeführt wurden, nicht greifen. In Neuseeland, wo das Flipping ähnlich grassiert wie in den USA, sind die Behörden inzwischen alarmiert. In Auckland wurden zwei Häuser fünf Mal in vier Tagen verkauft. Laut "Guardian" beschäftigt die Aufsicht für Immobiliengeschäfte jetzt die Frage, ob der ursprüngliche Besitzer über die anschließenden Zockereien mit seinem Objekt Kenntnis habe. Illegal seien die Geschäfte nicht, aber es gäbe ethische Bedenken, wenn skrupellose Geschäftemacher weniger routinierte Hausverkäufer ausnutzen, heißt es.

Quelle: ntv.de

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