Politik

Euro-Rettung der anderen Art Das zyprische Modell

Zyperns Zentralbank in Nikosia. Bei der Zypern-Rettung sitzen alle in einem Boot: Reiche Russen, Sparer in Zypern ebenso wie die internationalen Geldgeber IWF und Euroländer.

Zyperns Zentralbank in Nikosia. Bei der Zypern-Rettung sitzen alle in einem Boot: Reiche Russen, Sparer in Zypern ebenso wie die internationalen Geldgeber IWF und Euroländer.

(Foto: picture alliance / dpa)

Fast neun Monaten hat es gedauert. Jetzt steht das Hilfspaket für Zypern. Nach Griechenland, Irland und Portugal ist die Mittelmeerinsel das vierte Land, das in der Schuldenkrise das volle Programm aus dem Euro-Rettungsfonds bekommt. Trotzdem ist hier einiges anders. Erstmals werden auch die Ersparnisse von Kontoinhabern in das Rettungspaket einbezogen. So sieht das neue Modell im Detail aus:

Wie viel Geld wird Zypern erhalten?

Bis zu 10 Mrd. Euro, sagt der Chef der Eurogruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem. Ursprünglich waren 17,5 Mrd. Euro genannt worden.  Der Betrag konnte dadurch verringert werden, dass  die Kontoinhaber bei zyprischen Banken aus dem In-  und Ausland zwangsweise eine Abgabe leisten müssen - das trifft  zyprische Rentner ebenso wie reiche ausländische Anleger aus Russland oder Großbritannien. Die Sonderabgabe soll 5,8 Mrd. Euro bringen.

Aus welcher Quelle kommen die Notkredite?

Auch wenn's schwerfällt: Christine Lagarde sagt grundsätzlich Ja zu Zypern-Hilfen.

Auch wenn's schwerfällt: Christine Lagarde sagt grundsätzlich Ja zu Zypern-Hilfen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Aus dem Euro-Krisenfonds ESM. Im Gegenzug muss Zypern Auflagen einhalten. Wie bei früheren Rettungsaktionen beteiligt sich auch der Internationale Währungsfonds IWF. "Der genaue Betrag steht noch nicht fest", sagte IWF-Chefin Christine Lagarde bei dem Sondertreffen in Brüssel. Bislang hat der IWF meist ein Drittel gestemmt.

Welche Rolle spielt Russland?

Russland macht erstmals bei einer internationalen Rettungsaktion für ein Euro-Land mit. Dabei geht es um einen Kredit von 2,5 Mrd. Euro, den Moskau Zypern 2011 gewährt hatte. "Die russische Regierung ist bereit, die Laufzeit des Darlehens zu verlängern und die Zinsen zu senken", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Über genaue Zahlen werde noch gesprochen. "Der Beitrag wird nicht sehr hoch sein, wir müssen realistisch sein, aber es wird ihn geben", sagte Dijsselbloem. Der Grund für das russische Interesse: Die Insel im Mittelmeer ist bei reichen Russen beliebt. Russische Oligarchen haben Milliardensummen auf Konten im aufgeblähten Bankensektor Zyperns gebracht.

Welche Auflagen muss Zypern erfüllen?

Seit langem halten sich Vorwürfe, Zypern locke mit niedrigen Firmensteuern und einer lockeren Finanzaufsicht Schwarzgeld an. Zypern bestreitet dies. Doch die Bundesregierung hatte ihre Beteiligung an der Hilfe von Maßnahmen gegen Geldwäsche abhängig gemacht. Nun hat man sich geeinigt, dass ein privates Unternehmen die Einhaltung der Anti-Geldwäsche-Maßnahmen überprüft - dies ist bereits angelaufen. Außerdem hat sich Zypern zu Reformen verpflichtet: Die niedrige Körperschaftsteuer soll von 10 auf 12,5 Prozent steigen. Die zyprische Regierung muss Staatsfirmen privatisieren. Zudem muss der völlig überdimensionierte Bankensektor schrumpfen.

Werden auch private Kontoinhaber herangezogen?

Ja. "Wir fanden es gerechtfertigt, um die Lasten zu teilen", sagte der Eurogruppen-Chef. EU-Kommissar Rehn betonte: "Diese Gebühr gilt für ansässige wie auch für ausländische Kontoinhaber." Nun sollen Sparer mit Einlagen von mehr als 100.000 Euro eine einmalige Abgabe von 9,9 Prozent zahlen. Unterhalb dieser Schwelle fallen 6,75 Prozent an. Insgesamt soll allein diese Abgabe nach Dijsselbloems Worten 5,8 Mrd. Euro einbringen. Die Forderung nach einer Abgabe auf große Sparguthaben kam vor allem aus Deutschland.

Warum müssen sich die Bankkunden beteiligen?

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem begründete den bisher einmaligen Schritt mit der "sehr besonderen Situation" des  zyprischen Bankensektors, der im Vergleich zur sonstigen Wirtschaft außergewöhnlich groß ist. Die Branche soll nun bis 2018 auf durchschnittliches Maß schrumpfen. Die Anlegerbeteiligung sei aber keine "Bestrafung" Zyperns, sagte Dijsselbloem. Zyperns Banken haben einen verhältnismäßig hohen Anteil von Einlagen aus dem Ausland, darunter insbesondere auch große Summen aus Russland.

Wie wird das in der Praxis funktionieren?

Der zyprische Finanzminister Michalis Sarris unterzeichnet zur Euro-Einführung symbolisch eine große Münze.

Der zyprische Finanzminister Michalis Sarris unterzeichnet zur Euro-Einführung symbolisch eine große Münze.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Betrag der Abgabe werde ab sofort auf den Konten eingefroren, erläuterte Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank. Am Montag sind die Banken auf Zypern wegen eines Feiertages geschlossen. Bis Dienstag steht der Zahlungsverkehr weitgehend still. Noch an diesem Wochenende soll das zyprische Parlament ein Gesetz erlassen. "Ich nehme an, dass die Abgabe aufgelegt werden kann, bevor die Banken am Dienstag normal wieder öffnen", sagte Asmussen. Zyperns Finanzminister Michalis Sarris zufolge hat die Regierung bereits dafür gesorgt, dass der Anteil der Abgabe nicht über das Wochenende per Internet-Banking abgehoben werden kann. Sarris zufolge können die Bankkunden "zu hundert Prozent" mit Anteilen der Banken für die Abgabe entschädigt werden.

Beteiligt sich auch Russland?

Zypern ist finanziell eng mit Russland verbunden, nicht nur durch  die Konten vieler reicher Russen auf der Insel. Moskau hat der hoch  verschuldeten Insel auch einen Kredit über 2,5 Mrd. Euro  gewährt. EU-Währungskommissar Olli Rehn zufolge ist Russland  bereit, die Laufzeit zu strecken und die Zinsen für den Kredit zu senken. Weiteres Engagement der Regierung in Moskau wie ein weiterer Kredit oder eine Beteiligung an dem Hilfspaket sei aber  nicht in Sicht.

Was wird von der Regierung Zyperns erwartet?

Nikosia muss die Kredite zurückzahlen - der Zinssatz ist noch offen. Dieser dürfte ähnlich günstig sein wie für die anderen Hilfsempfänger Griechenland, Irland und Portugal sowie die spanischen Banken. Details werden im April festgelegt. Die Regierung trägt die Verantwortung dafür und muss eine Vereinbarung ("Memorandum of Understanding") unterzeichnen, die die Summe, Konditionen und Auflagen festlegt. Der Bundestag sowie mehrere andere nationale Parlamente müssen das Hilfspaket billigen.

Was bedeutet das für den deutschen Steuerzahler?

Erst einmal gar nichts. Zypern erhält keinen Zuschuss, sondern Kredite aus dem bestehen Krisenfonds ESM, die das Land zurückzahlen muss. Erst wenn Nikosia zahlungsunfähig würde und seine Kredite nicht mehr bedienen könnte, würden die deutschen Steuerzahler zur Kasse gebeten.

Ist die Euro-Krise damit gelöst?

Nein, es bleiben Krisenherde. Dazu zählt etwa das Euro-Sorgenkind Griechenland oder Spanien, das bereits internationale Hilfen für seine Banken erhält. Nach der chaotischen Parlamentswahl in Italien sorgen sich die Märkte zudem um die drittgrößte Euro-Volkswirtschaft. Und Euro-Schwergewicht Frankreich steht wegen stockender Reformen und einem überhöhten Haushaltsdefizit im Fokus.

Ist das Paket endgültig beschlossen?

Nein. Damit das Paket in Kraft treten kann, müssen in mehreren  Euro-Ländern noch die Parlamente zustimmen, darunter auch in  Deutschland.

Quelle: ntv.de, ddi/dpa/AFP

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