Wirtschaft

Kompliziertes Geschäft Das Problem mit den Konjunkturprognosen

Vorhersagen sind immer ein schwieriges Geschäft. Doch oft ist der Blick in die Zukunft unverzichtbar, etwa der in die ökonomische. Konjunkturprognosen helfen Unternehmen und Staaten bei der Planung. Fehler sind im Preis mit drin.

Ob Wetter, Börsenkurse oder Wachstum - beim Blick in die Zukunft geht es nicht nur um Schicksale und Neugier, sondern oft um bares Geld. Volkswirte, Unternehmen, Banken oder die Politik wüssten gerne, wie sich die Wirtschaft entwickelt; möglichst mit einem Vorlauf, der es gestattet, Einkauf oder Produktion zu planen. Doch Vorhersagen sind tückisch. Denn Prognosen, sagt das Sprichwort, sind vor allem dann schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen.

Ökonomen können mit Vorhersagen auch schon mal daneben liegen.

Ökonomen können mit Vorhersagen auch schon mal daneben liegen.

(Foto: dpa)

Doch es hilft nichts. "Unternehmer und Manager müssen tagtäglich Entscheidungen für die Zukunft treffen. Dabei sind sie immer auf Prognosen angewiesen, auch auf Prognosen für die Konjunktur", sagt der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer. Dabei können die Ökonomen auf einen reichen Schatz an Daten und Erfahrungen zurückgreifen - und trotzdem auch daneben liegen. "Es gibt viele Gründe für Prognosefehler. So basieren Konjunkturprognosen auf Annahmen etwa für den Ölpreis oder den Euro-Dollar-Wechselkurs, die sich als falsch herausstellen können. Außerdem können politische Krisen Konjunkturprognosen über den Haufen werfen", so Krämer.

Wie alle Prognosen sei eben auch der Blick in die wirtschaftliche Zukunft fehlerhaft, aber er hilft zumindest, "die Unsicherheit zu reduzieren", sagt Krämer weiter. Dazu gibt es eine reiche Auswahl an Vorhersagen für die Konjunktur.

Recht haben können nicht alle

Die Bundesregierung erwartet 2017 ein Plus der Wirtschaftsleistung von 1,4 Prozent, die Wirtschaftsweisen rechnen mit 1,3 Prozent. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) erwartet dagegen mit 1,1 Prozent ein geringeres Plus. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet mit 1,2 Prozent, das Münchner Ifo Institut mit 1,5 Prozent.

Recht behalten können nicht alle. Die Forscher des Ifo Instituts unterziehen ihre Vorhersagen jedes Jahr einer kritischen Würdigung. Klar ist: Je kürzer der Zeitraum ist, der betrachtet wird, desto besser sind die Vorhersagen. "Wenn wir im Dezember das BIP-Wachstum des laufenden Jahres vorhersagen, müssen wir nur ein Quartal (das bislang nicht veröffentlichte vierte Quartal) abschätzen. Im Schnitt beträgt der Prognosefehler des Ifo Instituts bei dieser Übung weniger als 0,1 Prozentpunkte", sagt Ifo-Konjunkturexperte Prof. Timo Wollmershäuser. "Je weiter wir in die Zukunft blicken, desto häufiger können Ereignisse eintreten, die einfach nicht vorhersehbar waren."

Überraschende Ereignisse

Und das vergangene Jahr war reich an solchen Überraschungen: Vom Votum der Briten für einen EU-Austritt bis zur Niederlage von Hillary Clinton bei der US-Präsidentenwahl. "Als die Konjunkturprognosen im Dezember 2015 für das Jahr 2017 erstellt wurden, waren die Auswirkungen der Brexit-Entscheidung oder der Wahl Trumps zum neuen US-Präsidenten nicht enthalten, weil der Ausgang dieser politischen Ereignisse so nicht erwartet wurde", sagt Wollmershäuser.

Die jüngsten Prognosen wurden dann angepasst und neu bewertet. Die Nutzer von Vorhersagen zur Wirtschaftsentwicklung wissen das natürlich. "Dass die Prognosefehler mit der Anzahl vorherzusagender Quartale zunehmen, ist allen klar und stellt kein Problem dar. Es wird immer Ereignisse in der Zukunft geben, die uns in die eine oder andere Richtung überraschen", sagt Wollmershäuser.

Das sieht auch Commerzbank-Volkswirt Krämer so. "Natürlich streben Prognostiker an, möglichst richtig zu liegen. Aber zumindest die professionellen Nutzer wissen um die unvermeidlichen Prognosefehler." Aber auch die Nachbesserungen der Prognosen hätten einen hohen Wert, zeige es doch, dass es besser oder schlechter gelaufen ist, als angenommen. "In den Konjunkturprognosen, ihren Änderungen und Fehlern liegt eine Menge Information."

Quelle: ntv.de, Sebastian Raabe, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen